••• Von Laura Schott
"Die Menschen sollten wissen, wer versucht, ihre Wahl zu beeinflussen”: Während Facebook kürzlich verkündete, seine Transparenz in Sachen Wahlwerbung vor der US-Präsidentschaftswahl 2020 verstärken und strengere Regeln im Autorisierungsprozess für US-Werbekunden durchsetzen zu wollen, wird in Österreich vor der Nationalratswahl bereits kräftig die Werbetrommel in den Sozialen Netzwerken gerührt. Neben bezahlten Anzeigen sind es vor allem die Profile der Parteien und Kandidaten, die die Wähler erreichen und Werbewirkung erzielen. Wer hier wirbt, ist ganz klar: die Spitzenkandidaten selbst, für – selbstredend – sich selbst.
Welcher der sechs Spitzenkandidaten dabei aktuell besonders erfolgreich ist, hat das Markt- und Medienforschungsunternehmen BuzzValue kürzlich analysiert. Das Ergebnis: Im August dominierte Pamela Rendi-Wagner das Geschehen auf den Plattformen Facebook, Twitter, Instagram und YouTube mit großem Abstand – und zwar nicht nur in puncto Interaktionen, sondern auch, wenn es um die Werbeausgaben auf den genannten Plattformen geht.
Rendi-Wagner an der Spitze
Über 479.500 Interaktionen mit Usern und damit potenziellen Wählern konnte Pamela Rendi-Wagner im August auf Facebook, Twitter, Instagram und YouTube verzeichnen. Und das bei „nur” 138.500 Followern. Eine verschwindend geringe Zahl, verglichen mit Sebastian Kurz’ 1,3 Mio. Followern, die diesem jedoch lediglich 278.600 Interaktionen bescherten. Es folgen die Social Media-Profile von Norbert Hofer (200.900 Interaktionen), Beate Meinl-Reisinger (49.900), Werner Kogler (48.200) und schließlich Peter Pilz (14.900).
Fan ungleich Interaktion
Der Erfolg Rendi-Wagners auf Social Media zeigt: Hohe Followerzahlen allein sind noch kein Garant für einen erfolgreichen Social Media-Wahlkampf. Ein hohes Investment mitunter schon. Knapp 80.000 € hat die Spitzenkandidatin der SPÖ im August für Social Media-Werbung allein auf Facebook ausgegeben – das ist mehr, als die Spitzenkandidaten von FPÖ und ÖVP zusammen in Werbung auf dieser Plattform im selben Zeitraum investiert haben. Deren Ausgaben belaufen sich auf 36.441 € für Norbert Hofer und 32.792 € für Sebastian Kurz.
Einfluss auf Wahl unklar
Ob und wie die erhobenen Zahlen in Relation zu dem Wahlergebnis stehen werden, gilt es wohl bis zum 29. September abzuwarten. Es sei schwer zu erfassen, wie ein Wahlkampf im Allgemeinen und ein Social Media-Wahlkampf im Speziellen das Wahlverhalten tatsächlich beeinflussen, sagt Jakob-Moritz Eberl, Wahlforscher am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Wien gegenüber dem Nachrichtenmagazin profil. Vor den letzten Nationalratswahlen im Oktober 2017 etwa bewegte die FPÖ mit Abstand die meisten Menschen auf Social Media: Über 700.000 Interaktionen gab es damals mit den Social Media-Seiten von Spitzenkandidat Heinz Christian Strache im Monat vor dem Wahlmonat Oktober – weit mehr also noch, als Rendi-Wagner im Vergleichszeitraum August 2019 erreicht hat.
Die Führung im Social Media-Wahlkampf kann folglich nicht eins zu eins auf das Wahlergebnis umgemünzt werden – zumal die Interaktionsrate natürlich nicht nur der Partei zusprüchliche User-Reaktionen abbildet –, dennoch waren die letzten Nationalratswahlen mit knapp 26% der Wählerstimmen für die FPÖ ein großer Erfolg, dem ein intensiver Social Media-Wahlkampf vorangegangen ist.
Niveau von 2017 unerreicht
Während man meinen könnte, dass Social Media im aktuellen Wahlkampf eine noch größere Bedeutung hätten als vor zwei Jahren, sprechen die Zahlen im Moment noch eine andere Sprache, erklärt Markus Zimmer, Inhaber und Geschäftsführer von BuzzValue: „Aktuell ist die Interaktion auf den Seiten der Spitzenkandidatinnen und -kandidaten noch deutlich geringer als bei der Nationalratswahl 2017. Die Wahl 2017 war speziell auch in den Sozialen Medien vom Dreikampf zwischen Kurz, Kern und Strache geprägt – alle drei mit einer starken Performance auf Facebook und Co.”
Welche finanziellen Mittel die Parteien 2017 aufbringen mussten, um derartige Interaktionsraten zu erreichen, ist nicht bekannt, da Google und Facebook politische Werbeausgaben erst seit Mai diesen Jahres veröffentlichen. In den letzten Wochen vor der Wahl werden die Spitzenkandidaten jedenfalls einen noch größeren Fokus auf Social Media legen, ist Zimmer überzeugt.