Warum „AI Angst“ durchaus real ist

GESPENSTER. „Identitätsbedrohung (Identity Threat) ist die Angst, die Menschen empfinden, wenn ihnen bewusst wird, dass KI Dinge tun kann, von denen wir dachten, dass nur Menschen sie beherrschen“, schreibt der US-Technologieexperte Shelly Palmer in seinem aktuellen Blogbeitrag. „Sie fragen sich leise: ‚Wenn KI meine Arbeit auf diesem Niveau erledigen kann – welchen echten Wert habe ich dann noch?‘“

Noch sei jedoch nicht alles verloren, resümiert Palmer – und verweist auf den intrinsischen Wert „unverwechselbar menschlicher Fähigkeiten“: Urteilsvermögen, das aus Erfahrung entsteht, Weisheit, die durch Scheitern geformt wird, und Kreativität, die aus Freude oder Frustration erwächst. All das seien „unersetzliche Stärken in einer von KI unterstützten Welt“. Nun – and they lived happily ever after, oder?
Kaum eine Technologie verspricht so deutliche Produktivitätsgewinne und zugleich so klare Kostentransparenz wie KI, so der Tenor der Managermagazine.

„Produktivitätsgewinne“ und „Kostentransparenz“, „Optimierung“ und „Effizienz“, das sind dann auch genau die Begriffe, die vielen Arbeitnehmenden den Schweiß auf die Stirn treiben. Nicht nur hierzulande.

Das absonderliche Lehnwort-Hybrid „AI Angst“ erstreckt sich im englischen Sprachraum über unzählige Blogs, Fachartikel, Podcasts, Zeitungsartikel und Magazinbeiträge. Es gilt als passende Beschreibung für die existenzielle Verunsicherung im Umgang mit Künstlicher Intelligenz.

Historisch betrachtet, haben neue Technologien zwar immer auch neue Jobs geschaffen, doch diesmal ist die Geschwindigkeit der Veränderung dermaßen hoch, dass Umschulungen und Anpassung an neue Bedingungen nicht im gleichen rasanten Tempo erfolgen können. „AI Angst“ ist demnach berechtigt, weil es nicht nur um technische Substitution geht, sondern um Geschwindigkeit, Verteilungseffekte und den grundlegenden Wert von menschlicher Arbeit. Die Diskussion wird also geführt werden müssen.