Was man nicht misst, existiert nicht
MARKETING & MEDIA Redaktion 16.05.2025

Was man nicht misst, existiert nicht

Produziert KI im Marketing Fahrstuhlmusik – oder sind Effizienzsprünge jedes Opfer wert?

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

GETESTET. Das World Advertising Research Center (WARC) hat kürzlich den Bericht „The Future of Measurement 2025” veröffentlicht, der Trends in der Messung von Media- und Kreativleistung analysiert. Messung und Feedback seien entscheidend für effektives Management, das postulierte Business-Guru Peter Drucker schon in den 1950er-Jahren – lange bevor die heilige Kuh der Werbewirkungsmessung am digitalen Nasenring durchs Dorf getrieben wurde (um eine bewegungsdynamisch und zoologisch schiefe Metapher zu bemühen). Der WARC-Report jedenfalls thematisiert, u.a., Lücken in der Preiswirkungsmessung sowie, natürlich, KI-gestützte Kreativtests. Fazit: „Künstliche Intelligenz verändert die Werbewirkungsforschung – doch viele Marketer tappen beim ROI noch im Dunkeln.” Die Lösung, verkürzt dargestellt: KI-Tests zunehmend KI-gestützter Kreativleistungen.

Zugegebenermaßen ein Effizienzsprung. Was man in Kauf nehmen sollte: Unkonventionelle Ideen, die erst später zünden oder starke kulturelle Relevanz entfalten, fallen dabei gern durchs Raster. Der kreative Gleichklang ähnliche Bildwelten, Tonalitäten und Claims erzeugt in Kampagnen überführtes Hintergrundgedudel – und die nach wie vor mangelhafte Kontext­intelligenz der KI-Tools kann zu unangenehmen Fehlinterpretationen führen. Kreativteams mutieren zu Controllingabteilungen.

Ogilvy wurde von WARC zum fünften Mal in Folge als „World’s Most Creative Agency Network” ausgezeichnet. Ein logischer Schritt: „Never stop testing, and your advertising will never stop improving” ist als eines der bekanntesten Zitate von Werbelegende David Ogilvy überliefert. Allerdings meinte er auch „Great marketing only makes a bad product fail faster.” Schlampig übersetzt: Marketing ist ein Verstärker, kein Reparaturwerkzeug. Schlechte Produkteigenschaften lassen sich nicht „wegwerben”; je besser das Marketing, desto größer die Fallhöhe. Das weckt Hoffnung – bei jenen, die gute Produkte erzeugen, und jenen, die sich in Werbung und Marketing trauen, die Komfortzone zu sprengen.

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