„Wo viele verlieren, die einzigen, die gewinnen”
© Johannes Kernmayer
MARKETING & MEDIA Chris radda 12.04.2019

„Wo viele verlieren, die einzigen, die gewinnen”

Wolfgang und Niki Fellner über die Media-Analyse, neue Geschäftsfelder und die Aufwertung der Kaufzeitung.

••• Von Chris Radda

Die Beziehung zwischen der Media-Analyse und der Mediengruppe Österreich verlief nicht immer friktionsfrei. Lange kritisierte Wolfgang Fellner, Geschäftsführer der Mediengruppe Österreich, dass die für seine Zeitung ausgewiesenen Reichweitenwerte zu gering seien.

Nicht Reichweite würde hier abgefragt, so Wolfgang Fellner, sondern eine nebulöse Mischung aus Image und Internetnutzung: „Wir hatten im Gegensatz zu den meisten anderen das Problem, dass es kein Online-Portal österreich.at gibt. Bei anderen haben auch reine Online-Nutzer automatisch angegeben, dass sie auch das Print-Produkt lesen.”
Diesem Umstand hat die Mediengruppe Österreich im letzten Jahr Rechnung getragen und die Gratiszeitung von „Österreich” in „oe24” umbenannt. „Das Ergebnis macht Österreich mit seiner oe24-Kombi zum großen Gewinner der Media-Analyse 2018. Um 75.000 Leser – somit gut 15 Prozent – legt die Österreich/oe24-Kombi in der neuen Media-Analyse zu und ist damit die einzige Boulevard-Tageszeitung ohne Leser-Verluste. In Zeiten, wo alle verlieren, 15 Prozent plus zu erreichen, ist eine besondere Leistung und verbessert unsere Attraktivität gegenüber den Werbern, weil damit auch unser Tausender-Preis um 15 Prozent günstiger wird”, so der Zeitungsgründer.

Fellner will MA-Reform

Damit hat sich vorerst auch das Verhältnis zur Media-Analyse gebessert.

Fellner dazu: „Wir sind hier von der Media-Analyse sehr fair behandelt worden, die Umbenennung ist schnell über die Bühne gegangen. Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass wir inhaltlich recht haben und es eine Reform der Media-Analyse bräuchte.”
Anzudenken sei etwa eine elektronische Erfassung statt der bisherigen Jahresumfrage – auch, um schneller aktuelle Daten zur Hand zu haben.
In der aktuellen Media-Analyse weist die Österreich/oe24-Kombi nun eine Reichweite von acht Prozent auf. „Nachdem die Media-Analyse eine Jahresumfrage ist und wir erst Mitte letzten Jahres umbenannt haben, werden erst die Zahlen im kommenden Jahr spannend”, ist Fellner überzeugt.
„Im Media-Monitor haben wir bereits mehr als eine Million Leser. Diesen Wert wollen wir langfristig auch in der Media-Analyse erreichen, weil eine Million Leser unserer Auflage entsprechen würde.”
Im Online-Bereich weist die Mediengruppe im letzten Jahr ein starkes Wachstum auf. Niki Fellner, Gesamt-Chefredakteur, führt aus: „Wir haben online im letzten Jahr erstmals ein positives Ergebnis im siebenstelligen Bereich erzielt, im ersten Quartal 2019 liegen wir online bei etwa 15 Prozent Wachstum.” Als besonderes Zugpferd hat sich dabei oe24 TV erwiesen: „Gerade die digitalen Buchungen im TV laufen extrem gut. Wir haben bei einem Inventar von 15 bis 20 Millionen Euro vermarktbarer Pre-Rolls eine Auslastungsquote von 97 Prozent”, zeigt sich Niki Fellner zufrieden über die bisherige Entwicklung. Die Verschränkung von Online und TV sei dabei von besonderem Vorteil gewesen; auch das Splitting bei Buchungen in lineares und digitales TV habe sich bewährt. „Wir haben bei den Buchungen den klassischen Display-Bereich um die zweite Säule des Bewegtbilds erweitert und wollen in Zukunft noch stärker auf klassische Content-Produktion und Native Advertisment als dritte Säule setzen”, führt Niki Fellner aus.

Konkurrenz ist positiv

Dass andere Konkurrenten wie die Krone nun ebenfalls in das digitale Bewegtbildgeschäft einsteigen, sehen die Fellners gelassen: „Wir spielen mit unserem 24 Stunden Live-Programm und zahlreichen Talkshows in einer anderen Liga als die Krone”, so Wolfgang Fellner; Chefredakteur Niki Fellner ergänzt: „Je mehr einen Markt bearbeiten, desto besser – wir haben jedenfalls das Geschäft im digitalen Bewegtbild früh erkannt.”

Während im letzten Jahr das digitale TV der große Erfolg war, explodiere mittlerweile der lineare Bereich. „Auf Basis der Teletest-Daten erreichen wir im Schnitt 120.000 Menschen pro Tag”, erläutert Niki Fellner. Auch finanziell dürfte sich das Geschäft rechnen, mit einer raschen Konsolidierung wird gerechnet, bereits heuer ein Plus erwartet. „Wir gehen davon aus, dass wir mit dem Sender bereits heuer die schwarzen Zahlen erreichen”, so Wolfgang Fellner.

Umsatzsteigerung

Die Expansion der Mediengruppe schlägt sich auch im Umsatz nieder: „Für das gesamte Medienhaus gehen wir von einem Gewinn im zweistelligen Millionenbetrag aus. Wir sind in einer Umgebung, wo viele verlieren, die einzigen, die gewinnen”, konstatiert Wolfgang Fellner.

Für den Printbereich rechnet die Mediengruppe Österreich damit, dass sich im laufenden Jahr auch die höheren Zahlen der Media-Analyse niederschlagen werden. „Wir wollen ein ordentliches Wachstum im Print machen und rechnen mit einem Plus von 15 Prozent. Online wollen wir im Display-Geschäft ebenfalls ein Plus von 15 Prozent und dazu im Fernsehgeschäft ein Plus von 30 bis 40 Prozent machen”, gibt Wolfgang Fellner die Marschroute für das laufende Jahr vor. „Wir sind auf einem enormen Wachstumskurs und wollen, über die ganze Gruppe gerechnet, heuer etwa 30 Prozent zulegen – und das gegen den allgemeinen Markttrend”, so der Geschäftsführer.

Growth Teams

Erreicht werden soll das unter anderem auch durch die Einrichtung sogenannter Growth Teams, die gezielt nach Möglichkeiten für weiteres Wachstum suchen sollen. Dabei geht es nicht nur um den Content-Bereich, sondern auch um zusätzliche Geschäftsfelder, etwa Shoppingangebote; N. Fellner merkt dazu an: „Wo man die Zugewinne macht, ist fast zweitrangig, wesentlich ist eine starke Marke, die im Mittelpunkt steht. Beim Kunden merkt man, dass wir durch unser großes Portfolio viele Alternativen anbieten können.”

Neue Projekte

Dieses Portfolio soll noch heuer im Radio-Bereich Neuzugang erhalten, wo gleichzeitig zum terrestrischen auch ein digitaler Sender gestartet werden soll. „Audio- und Radiowerbung wird wieder spannend, mit digitalem Radio eröffnen sich außerdem neue Targeting-Möglichkeiten”, so Wolfgang Fellner.

Finalisiert müssen die Pläne noch werden, eine Zusammenarbeit mit dem Audiovermarkter RMS sei aber sehr wahrscheinlich, der Start des Senders für Ende August geplant. „Mit dem Start von Radio und digitalem Radio werden wir zum 360 Grad-Medienhaus. Ähnlich wie beim TV wollen wir auch das Radio von Anfang an digital mitdenken. Jeder Hörer kann dann jederzeit aus einer Vielzahl von Sendungen auswählen”, erklärt Wolfgang Fellner das Konzept. Möglich sei dazu die Einführung einer dritten Medienmarke zusätzlich zu „Österreich” und „oe24”. Die digitale Verfügbarkeit von Audio – z.b. Spotify – habe auch die Attraktivität des Radios erhöht. Weiterhin unter der Marke „Österreich” wird die Kaufzeitung geführt. Dort sind in Zukunft zahlreiche Neuerungen geplant, über den Sommer soll die Zeitung deutlich aufgewertet werden, um dadurch mehr Unterscheidbarkeit zur Gratiszeitung zu schaffen. Was das Inseratvolumen angeht, zeigt sich Wolfgang Fellner jedenfalls überaus zufrieden: „Wir haben in der Focus-Jahresbilanz bei den Brutto-Werbe­werten erstmals die Krone als Werbemedium Nummer eins überholt.”

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