WIEN. Seit Jahren beschäftigt der angekündigte Wegfall der Third Party Cookies im marktdominierenden Chrome-Browser von Google die Digitalwirtschaft. Der nunmehrige Strategiewechsel der Alphabet-Tochter ist laut größter Interessenvertretung der Digitalwirtschaft grundsätzlich begrüßenswert, da die Kontrolle über die Daten bei den Usern verbleibt und nicht vom Browser als Gatekeeper übernommen wird. Die in den letzten Jahren unter enormen Kostenaufwand entwickelten alternativen Targeting-Modelle bewähren sich in der Praxis und werfen die Frage auf, ob Drittanbieter-Cookies noch zeitgemäß und sinnvoll sind. Die Verfolgung der User mit einem personalisierten Profil ist ein tiefgreifender Eingriff in die Privacy und widerspricht dem aktuellen Datenschutzverständnis in Europa. Browser wie Apples Safari und Firefox blockieren Third Party Cookies schon seit geraumer Zeit, wodurch deren Bedeutung im Digitalmarketing abgenommen hat. Sie gelten zwar nach wie vor als etablierter Standard, um Usern relevante Werbung treffsicher auszuspielen, sind aber schon lange kein Zukunftsmodell mehr, auf das der Markt baut.
Googles Chrome-Browser hat weltweit einen Marktanteil von 60 Prozent; hierzulande beträgt er rund 40 Prozent. Grund für die geplante Verhinderung der Cookies von Drittanbietern war ursprünglich die überbordende Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union, die von weiten Teilen der Digitalwirtschaft als Nachteil im globalen Wettbewerb gesehen wird, der von weltweit agierenden Digitalgiganten dominiert wird. Die nunmehrige Absprache mit der britischen Datenschutzbehörde lässt wenig Rückschlüsse auf die rechtlichen Umsetzungsmöglichkeiten in der Europäischen Union zu.
„Die Google-Entscheidung bedeutet alles andere, als sich zurücklehnen zu können, da es künftig vermutlich mehrere Targeting-Strategien für eine Kampagne braucht. Fraglich ist nicht nur die rechtliche Umsetzung von Googles Cookie-Strategie, sondern auch die Akzeptanz einer zusätzlichen Consent-Lösung durch die User, deren Sensibilität für den Schutz ihrer Daten gestiegen ist. Google ist dringend aufgerufen, mit den wesentlichen Stakeholdern in Dialog zu treten und an einheitlichen Standards und Frameworks zu arbeiten“, erklärt iab-austria-Präsidentin Rut Morawetz (A1). „Die weitreichende Auseinandersetzung mit Alternativlösungen in den letzten Jahren hat das Qualitätsbewusstsein im Digitalmarketing deutlich gesteigert und neue Targeting-Lösungen hervorgebracht. Als wesentlicher Player im digitalen Ökosystem trägt Google Verantwortung für den gesamten Markt und sollte Irritationen durch umsichtige Strategie- und Umsetzungsprozesse vermeiden.“
Chance für österreichische und europäische Medienanbieter
Die zeit- und kostenintensive Arbeit an Alternativlösungen, um Usern weiterhin relevante Werbung anzuzeigen, hat laut interactive advertising bureau austria jedoch technologische Innovation in Europa gefördert und neue Ansätze für effektives Digitalmarketing ans Licht gebracht. Werbetreibende werden künftig voraussichtlich auf unterschiedliche zur Verfügung stehende Technologien setzen, um Kampagnen auszuspielen und User zu erreichen, wobei Cookies eine untergeordnete Rolle spielen werden.
Bei der größten Interessenvertretung der Digitalwirtschaft kritisiert man die lange herrschende Unsicherheit im digitalen Ökosystem. Google hat das Verbot der Drittanbieter-Cookies mehrmals verschoben, um es letztlich ganz abzusagen.
„Die nunmehrige Ankündigung von Google, Drittanbieter-Cookies weiterhin zuzulassen und Usern die Entscheidung zu überlassen, wird den Markt nicht auf den Kopf stellen oder grundsätzliche Fragen des Datenschutzes neu beantworten. Die bereits bestens erprobten Targeting-Alternativen behaupten sich gegenüber herkömmlichen Cookie-Lösungen. Werbetreibende, Agenturen, Vermarkter und Publisher, die Innovationen vorangetrieben haben, sind im Wettbewerbsvorteil und erarbeiten sich das Vertrauen der User durch den verantwortungsvollen Umgang mit ihren Daten. Das iab austria wird sich als größte Interessenvertretung der Digitalwirtschaft für einheitliche Standards stark machen, um eine weitere Fragmentierung des Marktes zu verhindern“, so Morawetz abschließend.