Brüssel lockert Zeitplan für Klimavorgaben
© APA/dpa/Thomas Warnack
MOBILITY BUSINESS Redaktion 16.05.2025

Brüssel lockert Zeitplan für Klimavorgaben

EU weicht Zeitplan für CO2-Vorgaben auf: Die Autoindustrie atmet auf, Umweltverbände schlagen Alarm.

Angesichts drohender CO2-Strafen bekommen Europas Autobauer mehr Zeit, um EU-Klimavorgaben einzuhalten. Das Europaparlament stimmte in Straßburg für eine entsprechende Lockerung. Formell müssen die EU-Staaten die Entscheidung noch billigen, sie hatten sich vorab aber bereits für eine Verschiebung ausgesprochen. Am Verbrenner-Aus für Neuwagen ab 2035 hielten die Abgeordneten anschließend allerdings fest.

Damit folgen die beiden Institutionen einem Vorschlag der EU-Kommission, wonach Grenzwerte nicht mehr jährlich eingehalten werden müssen, sondern die Unternehmen drei Jahre Zeit bekommen.

Unterschiedliche Reaktionen

Wenn Volkswagen, Mercedes-Benz, BMW oder andere Unternehmen die Vorgaben in diesem Jahr überschreiten, werden sie nicht automatisch zur Kasse gebeten. Sie können Strafen ganz vermeiden, wenn sie in den beiden Folgejahren die EU-Regeln übererfüllen.

Die Einigung auf eine Lockerung der Emissionsregelung sorgt im europäischen Parlament für unterschiedliche Reaktionen: Die ÖVP-Europaabgeordneten Sophia Kircher und Alexander Bernhuber sehen in der Gesetzeslockerung „eine wichtige Atempause” für die Autobauer und einen gelungenen Spagat zwischen Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit. Dem freiheitlichen Europaparlamentarier und Verkehrssprecher der Patriots-Fraktion im Europaparlament, Roman Haider, ging die Änderung allerdings nicht weit genug. Er sieht zwar „einen kleinen Schritt in Richtung Vernunft”, hätte aber lieber ein komplettes Aufheben des Verbrennerverbots durchgebracht.

„Schritt Richtung Vernunft”

Eine komplett konträre Meinung nehmen die Grünen ein: Sie sehen durch die Aufweichung der Emissionsregelung den Klimaschutz ausgebremst und erkennen in der Änderung einen „Kniefall” der Parteien vor den Autokonzernen. Grünen-Europaabgeordneter Lukas Hammer erklärt zudem, die Konzerne würden Gefahr laufen, „am Weg in die E-Auto-Zukunft noch mehr ins Hintertreffen zu geraten”. Seine Kollegin Lena Schilling kritisiert insbesondere die ÖVP und bezeichnet sie als „Lobby­istin der fossilen Industrie”.

Ziele flexibler gestalten

Der deutsche Verband der Automobilindustrie (VDA) sieht in dem Aufschub einen ersten wichtigen Schritt. „Politisches Handeln bedeutet, nicht nur Ziele zu setzen, sondern auch deren Erreichung zu ermöglichen”, sagte Verbandspräsidentin Hildegard Müller der Deutschen Presse-Agentur. Die Rahmenbedingungen in vielen Bereichen seien unzureichend, Ziele sollten grundsätzlich flexibler gestaltet werden. Angesichts globaler Herausforderungen und der momentan schleppenden Nachfrage nach E-Autos gebe es weiteren Handlungs- und Gesprächsbedarf. Als Beispiele nannte Müller unter anderem den Ausbau der Ladeinfrastruktur, die Strompreise, die Halbleiterversorgung und die Batterieproduktion. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standortes dürfe nicht weiter vernachlässigt werden.

Warum Strafen drohen

Hintergrund der drohenden Strafen für die ohnehin angeschlagene Industrie sind Flottengrenzwerte, die einen Durchschnittswert an CO2-Ausstoß pro Auto erlauben. Mit Beginn des Jahres haben sich diese gesetzlichen Vorgaben verschärft. Im Schnitt aller in der EU in einem Jahr zugelassenen Fahrzeuge darf dieser Grenzwert nicht überschritten werden. Für zu viel ausgestoßenes CO2 müssen die Hersteller Strafe zahlen. Weil sich unter anderem der Absatz für E-Autos nicht so gut entwickelt hat, wie früher prognostiziert wurde, könnten Autobauer die Grenzwerte deutlich überschreiten. (red)

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