Gute Nachrichten für den Fahrzeughandel
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MOBILITY BUSINESS Jürgen Zacharias 02.09.2016

Gute Nachrichten für den Fahrzeughandel

Erstmals nach drei Jahren schreibt die Branche 2015 ein Umsatzplus, die Rendite bleibt aber weiter im Keller.

••• Von Jürgen Zacharias

Die Jahre 2012 bis 2014 waren für den heimischen Fahrzeughandel keine guten: Die Umsätze gingen zurück, die Renditen waren überschaubar, die Prognosen düster. Den schlechten Vorzeichen zum Trotz scheint 2015 nun aber eine Art Trendwende geglückt, der aktuelle Branchenbericht der Bank Austria weist für das Vorjahr jedenfalls wieder steigende Umsätze aus. Der Spartenumsatz ohne die Werkstätten und den Zubehörhandel legte demnach sogar um starke 3,2 Prozent auf 26,1 Mrd. € zu.

„Die Werkstattumsätze, mit denen in der Vergangenheit die schwache Entwicklung im Handelsbereich sehr oft kompensiert werden konnte, konnten 2015 allerdings nur um 0,3 Prozent zulegen”, relativiert Bank Austria-Ökonom Günter Wolf.
Anfang 2016 haben sich der Untersuchung zufolge die Zuwächse beider Sparten beschleunigt, wobei der Autohandel bis April sogar ein Umsatzplus von acht Prozent nominell erzielte.

Für 2017 droht Abkühlung

Aufgrund des gestiegenen Geschäftsvertrauens der Autohändler im ersten Halbjahr, der anhaltend hohen Pkw-Nachfrage (die Zahl der Neuzulassungen stieg von Jänner bis Juli um 5,4 Prozent) und den steuerreformbedingt höheren Realeinkommen werde der Aufschwung aus Sicht der Bank Austria-Ökonomen zumindest bis in den Herbst 2016 anhalten. Spätestens 2017 rechnen sie dann aber wieder mit einer leichten Abkühlung des Fahrzeugabsatzes; wachstumsdämpfend würden vor allem die schwächeren Zuwächse der Haushaltseinkommen und die hohen Verkaufszahlen im laufenden Jahr wirken.

Langfristig rechnen die Bank Austria-Ökonomen überhaupt mit weniger Zulassungsrekorden, der Motorisierungsgrad sei mit 550 Pkw pro 1.000 Einwohner in Österreich schon jetzt einer der höchsten im europäischen Vergleich (durchschnittlich 500 Pkw pro 1.000 Einwohner). Zudem sei die Flotte eine der jüngsten Europas – mit einem Fahrzeugflotten-Durchschnittsalter von 7,9 Jahren pro Pkw. Beispielsweise sind in Deutschland auch 550 Pkw pro 1.000 Einwohner registriert, aber mit einem Durchschnitts­alter von neun Jahren.

Rendite weiter rückläufig

Wenig Gutes haben die Branchenkenner zur Ertragslage im Kfz-Handel zu berichten: Im Sample der KMU Forschung Austria ging die Umsatzrendite in den vergangenen Jahren kontinuierlich von durchschnittlich 1,7 Prozent 2011 auf 1 Prozent 2015 zurück.

Verantwortlich seien dafür in erster Linie die rückläufigen Absatz- und Umsatzzahlen gewesen, die den Konkurrenz- und Preisdruck verschärften und in weiterer Folge die Händlermargen vor allem im Neuwagensegment unter Druck brachten.
Die stark gestiegenen Tages- und Kurzzulassungen sind ein Indikator dafür, dass sich die Kluft zwischen neu zugelassenen und tatsächlich zu Neuwagenkonditionen verkauften Autos erheblich verbreitert hat. 2015 wurden 41% aller neu registrierten Pkw in Österreich innerhalb von 60 Tagen wieder abgemeldet, mehr als doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren.
Erst die Erholung des Automarkts 2016 – im ersten Halbjahr ist auch die Zahl der Tageszulassungen um ein Fünftel gesunken – lässt zumindest einen Stopp der Ertragserosion bei den Kfz-Händlern erwarten.

Günstige Anschaffungskosten

Die hohe Zahl an Demofahrzeugen und Jungwagen, die unter dem Listenpreis an Private verkauft werden, bremst die Erträge des Autohandels, dämpft aber auch die Pkw-Anschaffungskosten der Konsumenten. In den letzten zehn Jahren sind die Kosten für den Kauf von neuen und gebrauchten Pkw von privaten Haushalten, trotz des Trends zu stärker motorisierten, vielfach teureren Fahrzeugen, sogar um 0,4 Prozent gesunken.

Bei den Werkstätten ist eine gegenteilige Entwicklung feststellbar: Mit der jüngsten Reform der Gruppenfreistellungsverordnung, dem zentralen Regelwerk im Fahrzeughandel und Servicebereich, ist die Zahl der Wettbewerber im Servicemarkt gestiegen, günstigere Preise gibt es dadurch aber nicht – im Gegenteil: Die Kfz-Reparaturen und Serviceleistungen wurden in den letzten Jahren überdurchschnittlich rasch teurer.
Bank Austria-Ökonom Wolf: „Von 2013 bis 2015 legten die Preise für Kfz-Werkstattleistungen in Österreich um durchschnittlich 3,1 Prozent zu, im ersten Halbjahr 2016 um weitere 3,2 Prozent.” Die relativ hohen Zuwächse lassen sich aus seiner Sicht „nur zum Teil mit der zunehmenden Komplexität der Leistungen und Kfz- Einzelteile erklären; zum Teil alimentieren die Unternehmen damit auch die Ertragsschwäche im Fahrzeughandel.”

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