Interview Die Rainer Gruppe ist heute ein breit aufgestelltes Unternehmen mit Ablegern in der Immobilienbranche, im Hotelgewerbe und im Autohandel. Ein Gespräch mit den beiden Geschäftsführern Gabriela Lemberger und Burkhard Ernst.
Wien. medianet: Herr Ernst, Ihr Unternehmen gilt als einer der letzten großen Autohändler Wiens, sieht sich aber einem zunehmend härter werdenden Markt gegenüber.
Burkhard Ernst: Das stimmt, der Autobranche geht es derzeit nicht gut. Die schwierige Situation 2008 und 2009 konnten wir mit der Verschrottungsprämie abfangen, aber damit sollte auch eine Initialzündung für ein gutes Geschäft in den Folgejahren gesetzt werden, was nicht funktionierte. Das liegt nicht an der Aktion, die grundsätzlich gut war, sondern daran, dass Autofahrer zunehmend mit neuen Steuern und höheren Abgaben konfrontiert sind …
medianet: … was die Kauflust nachhaltig bremst?
Ernst: Natürlich, die ständig steigenden Kosten hält die Branche nicht mehr aus. Bei einem teuren Auto beträgt der Steueranteil mittlerweile 52 Prozent des Anschaffungspreises, und wer es privat kauft, zahlt nochmals 50 Prozent Steuern. Kein Wunder, dass die Leute auf diese Entwicklung mit Kaufzurückhaltung reagieren. Das ist aus meiner Sicht nur nachvollziehbar, für uns als Geschäftsleute aber eine schwierige Situation.
medianet: Wie massiv schlägt diese Kaufzurückhaltung auch auf Ihr Unternehmen durch? Der Gesamtmarkt liegt mit Ende März 7,5 Prozent hinter dem Vorjahr.
Garbriela Lemberger: Wir hätten uns für das erste Quartal zwar auch etwas mehr erwartet, im Grunde genommen sind wir aber zufrieden. Wir sind jedenfalls lange nicht mit diesem Einbruch konfrontiert wie andere Unternehmen, was sicher an den neuen Modellen, aber auch an der Qualität unserer Mitarbeiter liegt. Sehr viele unserer Mitarbeiter sind schon lange bei uns und sind über Jahre hinweg für Kunden als Ansprechpartner greifbar. Dadurch ergibt sich eine sehr intensive Kundenbeziehung, die gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein Vorteil ist. Das zeigt sich auch im Service-geschäft, wo wir uns im Vergleich zur Konkurrenz sehr gut behaupten.
medianet: Da gibt es also kaum Einbrüche oder Rückgänge?
Ernst: Wir konnten unser Geschäft halten, während der Rückgang quer durch die Branche bei rund viereinhalb Prozent liegt. Die Serviceloyalität ist bei uns nach wie vor sehr hoch, wobei spannend sein wird, wo die Reise in den kommenden Jahren hingeht.
medianet: Mit welcher Entwicklung rechnen Sie?
Ernst: Schwer zu sagen, allein schon weil kaum abzuschätzen ist, wie sich der Motorisierungsgrad entwickelt. In den Ballungsräumen und Landeshauptstädten ist er zuletzt deutlich zurückgegangen und wird wohl weiter zurückgehen. Wenn ich pro 1.000 Einwohner anstelle von 560 Autos nur mehr 350 habe, werden 40 Prozent der Handelseinheiten überflüssig. Die gehen dann im Verkauf, aber auch im Servicebereich ab.
medianet: Machen Sie der Politik diesbezüglich Vorwürfe?
Ernst: Was heißt Vorwürfe? Aber die Frage stellt sich schon, wie man individuelle Mobilität politisch handhabt. Wir sind der Meinung, dass der Konsument selbst entscheiden darf, wie er persönliche Wege zurücklegt – andere sehen das vielleicht ein wenig anders.
medianet: Sie meinen damit ganz konkret die rot-schwarze Stadt-regierung in Wien?
Ernst: Wenn die Regierungskonstellation so bleibt, wie sie derzeit ist, wird sich die aktuelle Tendenz fortsetzen. Wobei wir nicht außer Acht lassen dürfen, dass mittlerweile in allen Großstädten in Europa versucht wird, den Verkehr raus aus den Städten zu bringen, allerdings passiert das nicht überall so nachdrücklich wie hier. Dabei sollte man sich aber die Tatsache vor Augen führen, dass die Fahrzeugbranche die größte Branche Österreichs ist; jeder neunte Arbeitsplatz ist davon abhängig – weniger Autos auf den Straßen bedeuten also irgendwann auch mehr Arbeitslose.
medianet: Inwiefern ist auch das langsam startende Neuwagengeschäft im Internet eine Gefahr für das Geschäft der Autohändler?
Ernst: Aktuell nimmt das Internetgeschäft zwar noch wenig Raum ein, aber das wird sich in den kommenden Jahren definitiv durchsetzen. Viele Branchenkollegen meinen, indem sie diese Entwicklung negieren, löst sich das Problem von allein, aber das wird nicht passieren. Schon allein weil die Hersteller großes Interesse daran haben, diesen vertikalen Vertriebskanal von der Fabrik bis zum Kunden auszubauen. Mit dieser Entwicklung werden wir uns intensiv auseinandersetzen müssen. Was mache ich, wenn man eigentlich nur mehr Werkstatt ist und eventuell Logistiker?
medianet: Wie beantworten Sie diese Frage für Ihr Unternehmen?
Ernst: Wir versuchen in einem ers-ten Schritt, das Geschäft so lange wie möglich beim Handel zu lassen. Danach wird es aber schon darum gehen, die Kunden zu binden. Dahingehend haben wir schon große Bemühungen unternommen, so setzen wir in der Werkstatt etwa auf Dialogannahmen. Der Kunde schmeißt uns also nicht nur den Schlüssel über die Theke und geht, sondern wir gehen gemeinsam zum Auto und ermöglichen so eine persönliche Beratung, die nicht austauschbar ist. Bei uns steht immer ein Kundenberater an der Seite und steht der Kunde im Vordergrund.
medianet: Inwieweit ist es dabei von Vorteil, dass es sich bei Ihrem Unternehmen um einen gewachsenen Familienbetrieb handelt, der im Übrigen in diesem Jahr seinen bereits 55. Geburtstag feiert?
Lemberger: Wir können dadurch schneller auf aktuelle Entwicklungen reagieren, die Zusammenarbeit fällt leichter und wir können effektiver arbeiten. Natürlich haben auch wir Diskussionen und unterschiedliche Auffassungen, aber zumindest in 90 Prozent der Fälle sind wir einer Meinung und treffen gemeinsam eine Entscheidung. Und die ist dann auch immer so gewählt, dass sie dem Unternehmen langfristig zugute- kommt, während Geschäftsführer in anderen Betrieben Maßnahmen vor allem in Hinblick auf schnelle Ergebnisse setzen.
Ernst: Dahingehend sind wir schon sehr stolz, dass wir in 55 Jahren Firmengeschichte noch nie rote Zahlen geschrieben haben.
medianet: Parallel zum Autogeschäft ist Ihr Unternehmen auch in der Hotellerie und im Immobiliengeschäft tätig. Wie passt das zusammen?
Lemberger: Eigentlich gar nicht, aber das hat sich vor 30 Jahren so ergeben und ist für uns nun ein großer Vorteil. Wir sind damit in drei großen Branchen aktiv und können Wellenbewegungen in einer in den anderen Bereichen ausgleichen. So schlecht es der Autobranche etwa im Moment geht, so gut geht es der Hotelbranche, wo wir insbesondere im Seminarbereich sehr erfolgreich sind.
medianet: Auf welcher Branche liegt intern das Schwergewicht?
Ernst: Immer mehr auf dem Wohnbau, wo wir sehr gute Chancen sehen, weil es derzeit zu wenige Wohnungen in Wien gibt, und parallel dazu die Preise wirklich an einem sehr hohen Punkt angelangt sind. Wohnungen verkaufen sich extrem leicht.
medianet: Und welche Chancen sehen Sie für den Autohandel?
Lemberger: Daran hängen unsere Herzen und das Geschäft werden wir niemals aufgeben; es auszubauen, ist aber aktuell wohl kein Thema.
Ernst: Der Autohandel ist weiterhin unser Kerngeschäft, aber wir werden wohl damit leben müssen, dass wir in der Stadt in Zukunft weniger Autos haben werden.