Rechenbeispiele Vor gut einer Woche hat die Europäische Zentralbank die Notenpresse angeworfen, um ihr angekündigtes Anleihekaufprogramm zu starten. Bis September 2016 wird die EZB pro Monat rund 60 Milliarden Euro – insgesamt also die schier unvorstellbare Summe von insgesamt 1,14 Billionen Euro – über den Kauf von Anleihen und anderen Wertpapieren in die Wirtschaft führen, um die Deflation im Euroraum zu bekämpfen.
Bereits im Vorfeld äußerten namhafte Ökonomen immer wieder Skepsis gegenüber diesem in Fachkreisen „Quantitative Easing” genannten Programm. Sie bezweifeln, dass die Geldschwemme tatsächlich in der Realwirtschaft ankommt. Ein ernsthafter Gegenvorschlag lautete, keinen Umweg über die Banken zu gehen, sondern das Geld direkt an die Bürger der Eurozone auszuzahlen, diese somit zu mehr Konsum anzuregen, wodurch wiederum die Investitionen der Unternehmen angekurbelt würden.
Die Verteilung im Detail
Ich habe solche direkten Geldtransfers in meiner neuen Analyse „EZB-Geldtransfer an die Bürger” untersucht und rechnerisch verfeinert:Da die Eurozone rund 337,5 Millionen Einwohner hat, würde bei einer rechnerisch gleichmäßigen Verteilung der Gelder jeder ihrer Bürger– vom Baby bis zur Großmutter – bis September nächsten Jahres 178 Euro pro Monat erhalten. Also insgesamt knapp 3.200 Euro. Im ersten Schritt muss man berücksichtigen, dass 178 Euro im Monat für Österreichs Bürger einen anderen Wert als etwa für die Bewohner Lettlands oder Luxemburg haben. Daher bedeutet eine Verteilung nach Wirtschaftsleistung der einzelnen Mitgliedsstaaten (BIP), dass Österreicher 230 Euro pro Monat erhalten, während zum Bespiel Letten 71 Euro und Luxemburger 506 Euro bekämen. Schließt man weiters Kinder unter 18 Jahren sowie das höchste Einkommenssegment aus, würde jeder Österreicher monatlich sogar 294 Euro –- also über 19 Monate lang insgesamt 5.586 Euro – bekommen. Eine Deckelung des geschenkten Betrages auf 300 Euro über alle Länder der Eurozone würde sogar dazu führen, dass zusätzliches Geld von 328 Millionen Euro übrig bliebe und an wirtschaftlich schwächere Staaten ausgezahlt werden könnte. Die Verteilung der direkten Geldtransfers an die Bürger könnte in Form von Konsumgutscheinen oder Bargeld erfolgen. Ein ähnliches Vorgehen sah man bereits in Frankreich, Australien und Japan. Die Aktionen waren nicht sonderlich erfolgreich, allerdings wurden die Mittel nur für einen sehr kurzen Zeitraum verteilt bzw. nur einmal ausgezahlt. Im aktuellen Fall handelt es sich um die riesige Summe von 60 Milliarden Euro pro Monat, mit der man die Bürger über den langen Zeitraum von 19 Monaten unterstützen und zum Konsum anregen könnte.