„Jede Marke spricht eine andere Sprache”
© Katharina Schiffl
PRIMENEWS Dinko Fejzuli und Laura Schott 11.01.2019

„Jede Marke spricht eine andere Sprache”

Als Dolmetscher fungieren Franz und Rosa Merlicek, Peter Mayer (l.) und Johannes Newrkla, kurz: Merlicek & Partner.

••• Von Dinko Fejzuli und Laura Schott

Dreieinhalb Jahre ist es her, dass Franz und Rosa Merlicek gemeinsam mit Johannes „Jani” Newrkla, Peter Mayer und Lukas Grossebner ihre neue Agentur gegründet haben. Letzterer hat die Agentur nach drei gemeinsamen Jahren nun verlassen – ein Anlass für die verbliebenen vier, die Agentur in „Merlicek & Partner” umzubenennen, und ein Anlass für uns, uns erneut in die Kirchengasse 3 aufzumachen, um mit ihnen über die „Übersetzungskünste” der Agentur zwischen Auftraggebern und Konsumenten, Rosa Merliceks Kenntnisse über Bodengesundheit und natürlich zeitgemäße Agenturmodelle zu sprechen.

Offen für Neue(s)

„Mit Lukas Grossebner haben wir uns einfach nicht so richtig gefunden. Wir haben dreieinhalb Jahre wirklich erfolgreich zusammengearbeitet, aber um gemeinsam in die Zukunft zu gehen, dafür gingen die Vorstellungen zu weit auseinander”, antwortet Rosa Merlicek auf die Frage nach dem Ausscheiden von Mitgründer Lukas Grossebner aus der Agentur.

Wenn von fünf Partnern einer geht, sei das außerdem eine ziemlich gute Bilanz: „Alle haben uns damals gefragt, ob wir wahnsinnig sind, eine Agentur mit fünf Partnern aufzustellen. Ist ja eigentlich auch ein Wunder, dass wir vier uns so gut verstehen!” Der neue Name soll keine neue Ära im Hause Merlicek einläuten, sondern vor allem signalisieren, dass die Agentur auch offen ist und Platz für neue Mitglieder bietet – ohne dabei jedes Mal den Namen ändern zu müssen.
Im Scherz meint Rosa Merlicek im Gespräch auch: „Ich hab’ dem Harry Bergmann eh schon eine SMS geschrieben, ob er nicht zu uns kommen mag!” Und Nachsatz: „Er hat aber eh nicht geantwortet”, so Merlicek.
„Der damalige Neubeginn war eine sehr spannende und emotionsgeladene Zeit”, erinnert sich Franz Merlicek an die Anfänge der damals neuen Agentur. Spannend nicht zuletzt deshalb, weil er zuvor noch nie in einer anderen Agentur als der eigenen gewesen war – mit ein Grund dafür, Merlicek & Grossebner damals auf eine dermaßen breite partnerschaftliche Ebene zu stellen: In ihren Anfängen hatte die Agentur sieben Mitarbeiter, fünf davon waren Partner. „Aufgrund unserer Kleinheit waren und sind wir extrem beweglich. Und wir sind auch sehr offen für Zusammenarbeit mit anderen aus der Branche, hervorragende Spezialisten, mit denen wir immer gern arbeiten. Das hat sich sehr positiv ausgewirkt, da wir unseren Kunden dadurch ein breites Spektrum bieten konnten, obwohl wir eigentlich ein Start-up waren!”

Persönlichkeit an erster Stelle

Diese noble Untertreibung bringt nicht nur Franz Merlicek selbst, sondern auch seine Partner Johannes Newrkla, Peter Mayer und Rosa Merlicek zum Schmunzeln. Dass sich das „Start-up” mit jahrzehntelanger Erfahrung und höchst dekoriert in den letzten dreieinhalb Jahren zu einer Agentur mit mittlerweile mehr als 20 Mitarbeitern weiterentwickelt hat, liegt aber nicht nur an den prestigeträchtigen Namen der Beteiligten, sondern vor allem an deren Persönlichkeit. Denn bei Merlicek & Partner wird jeder Kunde von zumindest einem der Chefs selbst betreut. „Das Agenturgeschäft ist ein sehr persönliches. Man weiß so viel über den Kunden, dessen Visionen und Probleme. Daraus ergibt sich ein sehr enges Vertrauensverhältnis”, erklärt Franz Merlicek die Wichtigkeit der persönlichen Betreuung. Rosa Merlicek stimmt ihm zu: „Das ist ein enorm wichtiges Asset, ohne das es gar nicht funktionieren würde. Das beginnt schon beim Pitch, bei dem bereits die Mit­arbeiter anwesend sein sollten, die den ­Kunden dann später auch betreuen.”

Auf das Branding achten

Und sie meint weiter: „Am Grundhandwerkszeug hat sich ja nicht viel geändert. Was sich aber geändert hat, ist die Anzahl der Berührungspunkte mit einer Marke.” Die Vielzahl an Vertriebs- und Kommunikationsmöglichkeiten berge die Gefahr, dass sich eine Marke aufsplittet und ihre Konsistenz verliert.

„Erfolgreiche Marken haben eine Markenpersönlichkeit. Dieses Persönlichkeit muss für den Konsumenten durch eine stimmige Consumer Experience erlebbar werden”, ergänzt Jani Newrkla.
„Um erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen stärker auf das Branding achten, als einzelne Produkte zu bewerben. Schließlich geht um Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Sympathie und darum, dass eine Marke auch zum Kunden und seinem Umfeld passen muss.”

Haltung statt Produkt

Produkte sind austauschbar, ist Rosa Merlicek überzeugt: „Objektiv mag alles richtig sein, aber was oft fehlt, ist das Markenerlebnis, das begeistert, eine Haltung vermittelt, die stimmig und glaubwürdig ist und zu uns passt.” So etwa bei Ja! Natürlich, Kunde von Merlicek & Partner; hier wurden besonders viele Inhalte in die Kommunikation eingebaut, die nicht unmittelbar ein Produkt bewarben, sondern auch gesellschaftliche Anliegen, wie zum Beispiel mit einer Anti-Palmöl-Kampagne oder einer Kampagne für Bodengesundheit – also Themen, die uns alle angehen.

Solche Erfolgsstories, wo man mit Sympathie punktet, können nur langfristig und mit dem Kunden gemeinsam erarbeitet werden, einmal mehr unter der Voraussetzung, dass ein grundlegendes Verständnis darüber besteht, was man gemeinsam erreichen will. Bei Merlicek & Partner sitzt man so lange zusammen an einem Tisch, bis dies der Fall ist – auch wenn dafür einmal bereits laufende Prozesse unterbrochen werden müssen, sagt Peter Mayer: „Oft stellt sich erst im Laufe eines Prozesses heraus, dass da und dort das Markenverständnis fehlt oder an der Marke vorbeigearbeitet wird. Dann muss man an dieser Stelle unterbrechen und das Verständnis neu einarbeiten, sonst bringt das nichts.” Dass die Kunden das auch mitmachen, sei Vertrauenssache, sagt Rosa Merlicek. Und besucht manchmal als Biobäuerin Kurse für Bodengesundheit, um in der Marterie ihrer Kunden auch selbst Expertin sein zu können.

Ein hoher Anspruch an Design

Die Wege, die zum Markenverständnis führen, seien sehr vielseitig. So komme man etwa oft auch über das Produkt- bzw. Verpackungsdesign zur Gesamtkommunikation. Das kommt nicht von ungefähr, hegt die Agentur doch einen sehr hohen Anspruch an Design: „Wir arbeiten sehr intensiv an Design und Packaging. In Zeiten von Amazon, wo mein Verpackungsdesign unter Umständen der einzige Berührungspunkt mit dem Konsumenten ist, ist das wahnsinnig wichtig”, sagt Rosa Merlicek und erzählt, dass sie auch schon des Öfteren über einen Verpackungs-Designauftrag zum Gesamtetat gekommen seien. Zum Design gehören aber nicht nur Layout und Gestaltung, sondern auch die Sprache, die eine Marke spricht: „Ich habe auch schon Waschanleitungen umgeschrieben! Jede Marke spricht eine andere Sprache und da gehören solche Dinge einfach auch dazu.”

Auch Franz Merlicek ist davon überzeugt: „Marken wie Apple haben nicht nur einen hohen Designanspruch, sie sind damit groß geworden. Ich habe schon von meiner Ausbildung her Design im Blut und immer versucht, diesen Anspruch ins Zentrum zu stellen – und damit immer Erfolg gehabt.”

Masterplan gab es keinen

Der hohe Designanspruch, das Prinzip der persönlichen Betreuung und das Talent der Agentur, Kundenwünsche in Branding zu übersetzen, haben sich bewährt. Wenig überraschend, möchte man in Anbetracht der handelnden Personen meinen. Ein Experiment waren die vergangenen dreieinhalb Jahre aber trotzdem, erzählt Franz Merlicek: „Wir haben keine genauen Vorstellungen gehabt. Interessant war eigentlich die Entwicklung, wie wir nach und nach draufgekommen sind, was wir noch alles brauchen. Den Masterplan hatten wir damals aber nicht!” Ein Grundgedanke bei der Gründung der jungen Agentur war die Zusammenführung von drei Generationen unter einem Dach. Und dieses Modell habe sich nicht nur bewährt, sondern stelle auch ein vielversprechendes Zukunftsmodell für Agenturen dar, davon ist Jani Newrkla überzeugt.

Das Konzept macht sich bezahlt

Bei den Kunden der Agentur zeigt man sich auf medianet-Anfrage auch äußerst zufrieden mit der Arbeit der Kreativen aus der Kirchengasse. So meint etwa Oliver Attensam, CEO der Attensam-Gruppe: „Jani Newrkla von Merlicek & Partners hat uns vor Jahren mit einer interessanten Strategie und einem genialen Slogan überzeugt. Zusammen mit pfiffigen TV-Spots hat das zu mehr Bekanntheit, Vertrauen und einer positiven Image-Korrektur nach außen und innen geführt. Seit damals arbeiten wir Hand in Hand an unserer Erfolgsgeschichte.” Und Martina Hörmer, Chefin der Eigenmarken bei der Rewe-Gruppe, streut der Truppe ebenfalls Rosen: „Was ich an dieser Agentur schätze, ist, dass sie sich so gut in die Marke hineindenken kann. In allem, wo sie auftritt – vom Milchflaschendesign über die Website, TV-Spot bis zum Content-Film.”

Junge Idee trifft Kontinuität

Ein Buddysystem sorgt bei Merlicek & Partner für die richtige Mischung zwischen jungen Ideen und erfahrener Kontinuität. Ein Wechselspiel, das Peter Mayer immer schon begrüßt hat: „Wir haben in der Agentur so viel Erfahrung, dass man als junger Mitarbeiter extrem viel mitnimmt, sind aber trotzdem noch so klein, dass man sich selbst sehr gut einbringen kann.”

Dass dieses System nur bis zu einer bestimmten Größe realisierbar ist, ist ein Grund dafür, warum die vier Partner die Agentur nicht mehr viel weiter vergrößern wollen. Mit 20 Mitarbeitern habe man die notwendige Größe, um auch große Kunden betreuen zu können, und könne trotzdem die enge und persönliche Zusammenarbeit beibehalten. Noch ein „ganz großer Fisch” fehle im bunt gemischten Portfolio von Merlicek & Partner, das von der kleinen Kaffeerösterei bis hin zu Österreichs größter Biomarke reicht, aber bisher noch, erzählt Rosa Merlicek: „Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem uns noch dieser Durchbruch fehlt. Ich möchte nicht undankbar sein: Wir waren bis jetzt immer im Plan, sind stetig gewachsen und haben alle unsere Ziele erreicht. Aber so ein richtig großer Kunde, eine Bank etwa oder eine Versicherung, das wäre schon noch unser Next Level.”

Gute Ideen für Groß und Klein

Und auch wenn es gut läuft, so wundert sich Rosa Merlicek über einen Umstand sehr wohl: Obwohl man etwa 18 Jahre höchst erfolgreich die Marke XXXLutz an die Spitze geführt habe, würden einem noch keine Möbelhäuser als potenzielle Kunden „die Tür eintreten”. „Ein bisschen wundert mich das schon”, so Rosa Merlicek. Franz Merlicek sieht dies gelassen und meint schmunzelnd: „Bei den Marken, die wir damals betreut haben, gibt es einfach keine Konkurrenz mehr, die nun zu uns kommen könnte – dafür haben wir gesorgt!”

Außerdem wolle Merlicek und Partner ganz bewusst auch kleinere Marken betreuen, die mit der Agentur gemeinsam wachsen können, wie zum Beispiel die junge Kaffeerösterei Alt Wien. Und wenn ein so großer Name wie Merlicek eine kleine Rösterei betreut, stellt sich in der Branche schon manchmal die Frage, ob sich die denn das überhaupt leisten kann. Die Antwort lautet: Ja.

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