Läuft bei dir! Rückwärts und bergab...
© APA/AFP/Brendan Smialowski
PRIMENEWS Gianna schöneich 05.10.2018

Läuft bei dir! Rückwärts und bergab...

...aber es läuft. Facebook musste in diesem Jahr schon einiges einstecken - bisher bleiben die Konsequenzen jedoch gering.

••• Von Gianna Schöneich

Es gibt solche Jahre, da läuft es einfach nicht. Da rauscht man von einem Problem ins nächste, muss sogar vor dem US-Kongress und dem EU-Parlament vorsprechen und dann wird das eigene Soziale Netzwerk auch noch gehackt.

Die gute Nachricht: Silvester steht praktisch vor der Tür, das furchtbare Jahr geht zu Ende, und man kann sich mit einem Glas Sekt auf das bessere neue Jahr freuen.
So könnte zumindest Mark Zuckerberg die aktuelle Lage seines Unternehmens Facebook sehen. Erst im April musste sich Zuckerberg vor dem EU-Parlament für den Cambridge Analytica-Skandal verantworten. Das britische Unternehmen Cambridge Analytica hatte sich unerlaubt Zugang zu den Daten von Millionen Facebook-Profilen verschafft.

Nichts weiter …

Während Cambridge Analytica nach dem Skandal Insolvenz anmeldete musste, durfte sich Facebook mit Imageschäden und einer Aktientalfahrt herumschlagen – kurz gesagt: nichts weiter. Man hat den April gut weggesteckt, außer den Medien hat eh niemand über den Skandal gesprochen, und vor dem EU-Parlament blamierte sich ohnehin nur die EU.

„Bisher hat die große Reichweite und Marktstellung Facebook noch über jeden Skandal hinweggerettet. Das wird auch so bleiben, solange der Kunde vermeintlich gratis konsumieren will und Unternehmen und Organisationen diese instrumentalisieren können. Im Zweifel wird vermutlich wieder ein Konkurrent aufgekauft, um das Geschäftsmodell am Leben zu erhalten”, so Sabrina Maier, Geschäftsführerin Identum Communications, auf Nachfrage von medianet. Maier dürfte wohl Recht behalten, auch wenn die vergangene Woche wohl ein harter Schlag ins Gesicht des Sozialen Netzwerks gewesen sein dürfte.
Da waren zunächst Kevin Systrom und Mike Krieger, die beiden Gründer von Instagram, die in einem Blogeintrag bekannt gaben, dass sie sich von Facebook zurückziehen – Grund war wohl ein Zerwürfnis mit Zuckerberg. Kurz darauf folgte ein Zeitungsinterview, in dem WhatsApp-Gründer Brian Acton erklärte, er würde den Verkauf seines Messenger-Dienstes an Facebook mittlerweile bereuen. Er hatte vor einem Jahr Facebook den Rücken gekehrt. Zuckerberg solle immer mehr Druck gemacht haben, mit WhatsApp Geld zu verdienen – aufgrund einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist die Konversation zwischen Nutzer für Dritte, aber auch den Betreiber, gesperrt. Acton befürchtet nun, diese Verschlüsselung könnte aufgeweicht werden.

Der Hackerangriff

Als ob man nicht schon genug schlechte PR hätte, wurde Facebook dann auch noch gehackt, und die Daten von über 50 Mio. Nutzern konnten abgegriffen werden. Daten wie Wohnort oder Namen sollen hierbei ergattert worden sein; ob auch private Nachrichten gelesen werden konnten, ist unklar.

„Im aktuellen Fall wurde Face­book gehackt. Das passiert vielen Firmen. Hier geht es um die Sicherheit von FB-Accounts von außen. In diesem Fall hat Facebook nicht ‚betrogen', sondern wurde einfach gehackt”, so Anna Wessely, Head of Digital Concept and Content Marketing bei kraftwerk.
Beim genannten Fall handelt es sich also um kein aktives Zutun Facebooks. Dennoch hielt man es anscheinend für besser, Artikel von The Guardian und Associated Press, in denen über den Hackerangriff geschrieben wurde, als Spam zu deklarieren und auf Facebook zu blockieren.
Nun muss das Netzwerk beweisen, nicht fahrlässig gehandelt und die Nutzer ausreichend informiert zu haben – ansonsten könnte laut der DSGVO eine Strafe von bis zu 1,4 Mrd. € drohen.

Einfach nur Pech?

Man könnte also sagen, da hatte Facebook einfach nur Pech. Doch da wäre noch der Techblog „Gizmodo”, der vergangene Woche nachwies, dass Werber Zielpersonen auch mittels Telefonnummern finden konnten, die diese bei Facebook gar nicht angegeben hatten.

Der Standard schreibt hierzu: Damit wird – einmal mehr – die Existenz jener „Schattenprofile” bestätigt, von denen der Facebook-Chef in seiner Anhörung vor dem Kongress noch nichts wissen wollte. Alle Daten, die man über die von den Nutzern selbst angegebenen Informationen hinaus sammle, würden lediglich aus Sicherheitsgründen erfasst und nicht für andere Zwecke genutzt, betonte Zuckerberg einst.
„Was wirklich verwunderlich war letzte Woche, ist, dass die Telefondaten nicht nur zur Absicherung der Accounts dienen, sondern zu Werbezwecken genutzt werden können. Das bedeutet, dass Facebook alle verwertbaren Daten aktiv verkauft”, sagt Wessely und spielt damit auf den Umstand an, dass Facebook auch jene Telefonnummern für Werbezwecke nutzt, die die User zur Zwei-Faktor-Authentifizierung hinterlegt haben (Identitätsnachweis eines Nutzers mittels der Kombination zweier Komponenten).
Wessely weiter: „Ob Facebook durch die Vertrauenskrise nicht mehr zu retten ist, entscheiden die aktiven Accounts. Nach dem Portal de.statistica.com gab es im Q2/2018 2,23 Milliarden MAUs (Monthly Active Users), wobei im Jahr 2018 sogar eine leicht steigende Tendenz zu erkennen ist. Maybe too big to fail?”

Ein Herz für die Liebe

Zum Abschluss dieses Artikels noch eine schöne Nachricht aus dem Hause Facebook: Tinder und Co. will man jetzt den Kampf ansagen und mit „Facebook Dating” auftrumpfen. Für das Dating-Profil müssen lediglich Fotos hochgeladen und ein paar Fragen beantwortet werden, und schon kann Amors Pfeil treffen.

Bedenken? Keine Angst – Facebook-Freunde sehen nicht, dass man ein Dating-Profil angelegt hat und sie erscheinen auch nicht in den Date-Vorschlägen. Wer allerdings von den Dating-Plänen weiß und alle diese Daten über die Suche nach der Liebe erhält – und was mit all den neu gesammelten Daten geschieht, das bleibt natürlich ein Geheimnis.

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