„Snow Fall”: Wie alles begann …
© Katherina Lochmann; Screenshot www.nytimes.com
Schmidt: „Aus dem wunderschönen Piece of Content wird eine Daten-Maschinerie.”
PRIMENEWS 23.10.2015

„Snow Fall”: Wie alles begann …

Begriffe wie Semantic-Web und Data-Driven Publishing verunsichern mehr, als sie helfen. Der Versuch, einige wesentliche Ansätze zu klären.

••• Von Jürgen Schmidt, Geschäftsführer STRG.at

WIEN. „Snow Fall” – wie alles begann: Als die New York Times 2012 ihr Storytelling-Beispiel „Snow Fall”* publizierte, gab es die Themen „Long-Format”, „Beauty of Content” und „Dossiers” zwar in den Köpfen, aber tatsächlich umgesetzt wurde wenig. Auf einer Reise im Herbst 2013 lernte ich das Innovation Lab der NYT persönlich kennen – inklusive einer spannenden Diskussion, die sich um die Vorhaben der berühmten Tageszeitung rankten. Wie man auf Snow Fall gekommen war, konnte allerdings nicht beantwortet werden. Jenes Storytelling-Beispiel, das um die Welt gegangen war und x-mal kopiert wurde, wurde nicht als Aufgabe des Innovation Lab betrachtet; es entstammte der Redaktion selbst, wurde dort konzipiert, entwickelt und umgesetzt.

Für mich als Online-Geek und Technologie-Freak war das eine spannende Erkenntnis – man betrachtete Know-how über aktuelle technologische Möglichkeiten als Redaktions-Skills. Projekte wie Snow Fall sind wesentlich mehr als hübsch, interessant und gut geschrieben. Sie nutzen auch wesentlich mehr als die aktuellen Web-Technologien, die uns von jeder zweiten neuen Website anspringen, großformatige Bilder, Parallaxen, native Videoeinbindungen, ein wenig Bewegung. Dem Design und der Konzeption entrissen, erfolgt nun der nächste Schritt.
Long-Formate werden unterteilt in Abschnitte, die unterschiedliche Aspekte eines Themas behandeln. Dies geschieht in erster Linie, um den User zu führen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich in einem umfangreichen „Piece of Content” zurechtzufinden. Diese Abschnitte können jedoch im Hintergrund für völlig andere Zwecke genutzt werden: Semantische Systeme machen Inhalte für Maschinen lesbar. Damit wird automatisiert errechnet, welche Interessen des Users in einem Abschnitt Relevanz erzeugen. Nur durch Relevanz erreichen wir Klicks, Interaktionen, eine messbare Verweildauer und andere relevante Währungen – Page Impressions gehören hier nicht dazu –, und können damit tatsächliche Interessen eines Konsumenten definieren.

Sag mir, was du liest …

… und ich sage dir, wer du bist: Damit sind wir technisch in der Lage, das Interesse von Usern an bestimmten Themenaspekten festzuhalten. Und erst jetzt wird es wirklich interessant. Aus dem wunderschönen Piece of Content Snow Fall wird plötzlich eine Maschinerie, um Daten unserer User zu generieren. Der große Vorteil dieser Daten liegt darin, dass sie stimmen. So sonderbar das klingt, aber genau dies erreichen die meisten Daten, die wir zur Verfügung haben, nicht. Wenn wir feststellen, dass das Google-Eingabefeld der einzige Ort im Netz ist, wo User wirklich ehrlich sind und Google damit in der Lage ist, eine geniale Datenqualität zu erzeugen, dann haben wir hier die Gegenthese. Content, der unseren Interessen nicht entspricht, wird nicht konsumiert. Durch Klicks und Verweildauer erzählen wir ­Wesentliches über uns selbst.

Data-Driven Publishing …

… und der berühmte „Reason-why”: Wenn es den Corporate-­Publishing-Systemen und dem Content-Marketing nun gelingt, diese Informationen bis in die CRM-Systeme der Unternehmen zu verlängern, dann schaffen wir es, reale Conversions zu messen – wirklich Daten zu generieren, die für den Verkauf von Produkten hilfreich und letztlich notwendig sind. Dann erschaffen wir uns auch wirklich ein „Qualified Audience”, über das zwar gern gesprochen wird, aber wo kaum jemand weiß, wie es erzeugt werden soll.

Wie man diese Strategien in die Praxis umsetzt und die richtigen Konzepte schmiedet, erzähle ich in meinem Vortrag beim Smart Content Day am 29.10. (smartcontentday.at).


*Das multimediale Online-Feature „Snow Fall – The Avalanche at Tunnel Creek” läutete die Zukunft des Digital Publishing ein (www.nytimes.com/projects/2012/snow-fall/#/?part=tunnel-creek).

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