Störgeräusche im Vorfeld der großen Feier der Kreativszene
PRIMENEWS Dinko Fejzuli 17.03.2015

Störgeräusche im Vorfeld der großen Feier der Kreativszene

CCA-Gala im Wiener Konzerthaus Am Dienstagabend werden wieder die Veneri in Gold, Silber oder Bronze übergeben

Der Disput um eine eingereichte Arbeit von D,M&B überschattet zum Teil die kreative Leistungsschau.

Wien. Etwas anders als ursprünglich geplant geht die heurige CCA-Gala über die Bühne. Ein Streit um eine aberkannte Arbeit überschattet zum Teil die kreativen Leistungen aller anderen Beteiligten. medianet bat CCA-Präsidentin und TBWA-CD Gerda Reichl-Schebesta zum Gespräch.medianet: Wie war 2014 aus Sicht der Kreativen – besser als 2013, das Sie damals als ‚kein besonders gutes Jahr' bezeichnet hatten?Gerda Reichl-Schebesta: 2013 musste die wirtschaftlich angespannte Lage oft als Erklärung für fehlende Spitzenleistungen herhalten. 2014 ist sie zum Normalzustand geworden: Die wirtschaftliche Situation trifft Auftraggeber wie Agenturen, Produzenten genauso wie unser Publikum, die Konsumenten. Langsam lernen wir, damit besser umzugehen. Im schnellen Rückblick vor der Jury schien 2014 kein spektakuläres Jahr gewesen zu sein, nach der Jury war man aber in einigen Kategorien erstaunt über so manche Entdeckung und die hohe Qualität der Einreichungen: etwa in den Design-Kategorien mit einer Shop-Gestaltung, die das Markenerlebnis einer Kaffeerösterei inszeniert. Oder im Bereich Charity – mit einer besonders berührenden Kampagne für ein Kinder-Hospiz. Auffällig war auch in der Kategorie Art-Direction das ausgezeichnete Handwerk für Print, aber auch Film. Insgesamt war es ein überraschend gutes Jahr mit sehr guten Arbeiten von vielen verschiedenen Einreichern – und das ist eine erfreuliche Entwicklung.medianet: International gab es 2014 in Cannes Grund zur Freude: Bedeuten Cannes-Löwen einen Aufschwung für die heimische Branche?Reichl-Schebesta: Cannes-Löwen bringen mit Sicherheit mehr Selbstbewusstsein und machen Lust auf mehr: bei den Kreativen wie auch bei den Auftraggebern. In Cannes ausgezeichnete österreichische Kreative sind auch international sehr begehrt.medianet: Inwiefern drücken Wirtschaftslage und sinkende Werbebudgets auf die Kreativszene?Reichl-Schebesta: Die Reaktion darauf kann nur ein ganz klarer Fokus sein, wo und wie man das Budget einsetzt. Man muss mit dem, was man hat, einfach noch gezielter und noch kreativer umgehen – und sich mit allen Beteiligten an einem Tisch zusammensetzen, egal ob Mediaagentur, Filmproduktion, Fotograf, Digitalagentur: Was braucht man unbedingt und worauf kann man verzichten? Das kann von Projekt zu Projekt variieren.medianet: Bleiben wir noch kurz bei der ‚großen Politik'. Die Steuerreform ist quasi beschlossen, und wie es scheint, bleibt die ungeliebte Werbeabgabe bestehen. Warum geht bei Themen wie der Werbeabgabe, aber auch anderen Branchenangelegenheiten wie den Gratispräsentationen, nicht wirklich etwas weiter?Reichl-Schebesta: Die Kreativ-Branche ist als Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor noch immer zuwenig im Bewusstsein der Politik. Dabei gehört Kreativität zu den wertvollsten Rohstoffen eines kleinen Landes wie Österreich.

Das Thema Gratis-Präsentationen ist ein nicht enden wollendes – langsam gibt es aber immer mehr Agenturen, die schon beim Screening aufstehen und sagen: Bei diesen Bedingungen machen wir nicht mit. Ob es hier je zu einem Schulterschluss aller Agenturen kommt, ist fraglich.

medianet: Frau Präsidentin: Kommen wir nun zur vermeintlichen ‚Causa Prima' des CCA 2015, dem Fall ‚Rote Nasen'. Diese Arbeit wurde ja vom Vorstand aus dem Bewerb genommen. Als Reaktion hat die betroffene Agentur Demner, Merlicek & Bergmann sämtliche Arbeiten zurückgezogen. Was ist hier passiert?Reichl-Schebesta: Der CCA-Vorstand hat eine Arbeit beanstandet, die nicht den Wettbewerbs-Bedingungen entsprochen hat. Das passierte regelkonform. Dass der Einreicher alle seine ausgezeichneten Arbeiten zurückgezogen hat, geschah auf seinen Wunsch. Wir bedauern das sehr.medianet: Fakt ist: Nach dem Rückzug von D,M&B fehlen gemeinsam mit Jung von Matt/Donau zwei der gewichtigsten Krea-tivplayer. Welche Auswirkungen hat das auf den Award, und wie will man die Agenturverantwortlichen bei D,M&B wieder für den Award gewinnen?Reichl-Schebesta: Arbeiten der Agentur Jung von Matt haben heuer am Wettbewerb teilgenommen – und sind auch unter den Auszeichnungen. Zum Glück gibt es viele unterschiedliche Einreicher beim Wettbewerb – das spiegelt auch die Entwicklung der Branche wider, in der gerade viele kleinere Agenturen oder Kreativ-EPU entstehen. Natürlich ist der Wettbewerb dann am aussagekräftigsten, wenn sich alle Agenturen mit am Markt besonders präsenten Kampagnen daran beteiligen. Sich mit den ‚Großen' messen zu können, ist ein wichtiger Faktor.medianet: Abschließend eine Frage zum heutigen Abend: Welche Bedeutung hat der CCA für die heimische Kreativ-Branche, vor allem auch für den Nachwuchs?Reichl-Schebesta: Der CCA ist die Talente-Bühne des Landes: Gewinnerinnen und Gewinner bekommen oft schon beim Abgang von der Bühne Angebote von anderen Agenturen; man informiert sich, welche Produktionen hinter den Siegerarbeiten stecken, und knüpft Kontakte. Für die Rookies ist die Auszeichnung mit einer Venus eine große Chance: Die Branche lechzt nach neuen, jungen, unverbrauchten Talenten, und an diesem Abend sind alle potenziellen künftigen Arbeitgeber in lockerer Atmosphäre vor Ort. Auch heuer werden wieder zwei unglaubliche Talente mit einer schrägen Idee, die sehr fein umgesetzt ist, als Rookie of the Year ausgezeichnet.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL