Wie die Kontrollbank die Wirtschaft pusht
© Reinhard Lang
PRIMENEWS PAUL CHRISTIAN JEZEK 30.03.2018

Wie die Kontrollbank die Wirtschaft pusht

Der Name täuscht (vielleicht), die Fakten (sicher) nicht: Helmut Bernkopf im medianet-Exklusivinterview.

••• Von Paul Christian Jezek

 

Auch wenn es der Name zunächst vermuten lässt: Die Oester­reichische Kontrollbank hat keine Aufsichts- oder Überwachungsfunktionen. Die OeKB agiert vielmehr als Spezialinstitut mit Services für die Exportwirtschaft und für den Kapitalmarkt. Internationaler abgesicherter Erfolg – so lautet der Wunsch der meisten Kunden, wenn sie sich an diese Bank wenden. Warum sich der Geschäftsalltag der OeKB vor allem um „nicht-marktfähige Risiken” dreht, hinterfragte medianet im Exklusivinterview mit OeKB-Vorstand Helmut Bernkopf.


medianet:
Welche Rolle kann die OeKB übernehmen, wenn eine österreichische Firma an Expansion denkt?
Helmut Bernkopf: Unser Engagement erlaubt es, den Aktionsradius unserer Exportunternehmen zu vergrößern und ihre Chancen in den unterschiedlichsten Märkten zu erhöhen.

Dafür stehen uns zwei große ‚Hebel' zur Verfügung: Als Bevollmächtigte der Republik Österreich stellt die OeKB Haftungen zum Schutz heimischer Exporte und Direktinvestitionen vor Auslandsrisiken, vor allem vor Zahlungsrisiken, aus.
Darüber hinaus finanziert die OeKB Exporte und Beteiligungen im Ausland. Das geschieht in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Hausbank über eine Refinanzierung der Kreditinstitute.
Diese zinsgünstigen Finanzierungen, die auch rege nachgefragt werden, kann die OeKB anbieten, da sie als Exportkreditagentur des Staats agiert und somit von der guten Bonität ­Österreichs profitiert.


medianet:
Welche Motivation steckt hinter dieser Förderung der Exportwirtschaft?
Bernkopf: Bekanntlich ist der Außenhandel ein absoluter Wachstumsmotor der heimischen Wirtschaft. Immerhin ist jeder zweite Job hierzulande direkt oder indirekt vom Export abhängig. Fördern wir den Export, sichern wir auch unseren Wirtschaftsstandort und den damit verbundenen Wohlstand in Österreich ab.

Wachstumschancen bestehen oft aber nur in neuen Absatzgebieten, die zumeist in eher unbekannten oder schwierigen Regionen liegen; mit den von uns ausgestellten Haftungen bieten wir Unternehmen jene Sicherheiten, die häufig den Ausschlag für eine Expansion oder Fortsetzung des Exportgeschäfts geben.
Damit ermöglichen wir Firmen auch in Märkten Geschäfte, die aufgrund eines höheren wirtschaftlichen oder politischen Risikos sonst nicht zustandegekommen wären.


medianet:
Exportgarantien versus Exportfinanzierungen – was bedeutet das genau?
Bernkopf: Mit Exportgarantien sichern wir gegen politische und wirtschaftliche Risiken im Auslandsgeschäft ab. Heimische Firmen sind so vor finanziellen Folgen geschützt, wenn Abnehmer im Ausland aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen nicht zahlen. Bei Auslandsinvestitionen wird die Exportgarantie wirksam, wenn es z.B. zu einer Enteignung durch eine politische Entscheidung kommt.

Exportfinanzierungsverfahren wiederum ermöglichen zinsgünstige Kredite für Exporte und Investitionen im In- und Ausland. Konkret bedeutet das, dass die OeKB den Hausbanken eine Refinanzierung anbietet und diese den Unternehmen dann Betriebsmittel für Exporte oder Kredite für Einzelprojekte oder Auslands­investitionen bereitstellt. Exportfinanzierungen sind auch für Länder innerhalb der EU möglich.


medianet:
Gibt es Ausschlusskriterien bei der Risikobeurteilung?
Bernkopf: Exportkreditagenturen unterliegen aufgrund ihrer besonderen Stellung gewissen Vorgaben.

Um Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der von der OeKB angebotenen besonderen Zinskonditionen zu vermeiden, liegt unser Fokus auf nicht-marktfähigen Risiken.
Daher fallen Auslandsgeschäfte mit anderen EU-Staaten oder Ländern wie der Schweiz, Neuseeland oder den USA und einer Risikodauer von unter zwei Jahren aus unserem Bankportfolio, zumindest bei den Garantien. Wir beraten unsere Kunden aber auch gern in diesem Marktbereich; das gelingt uns mit unserem Tochterunternehmen Acredia Versicherung. Als Kreditversicherer ist ­Acredia auf kurz- und mittelfristige ­Risiken in politisch stabilen Ländern spezialisiert.


medianet:
Bieten Sie Ihre Services auch für Kleinunternehmen an?
Bernkopf: Wir servicieren kleine Nischenanbieter genauso wie mittelstän­dische Unternehmen oder auch internationale Konzerne. Wichtig ist uns, dabei individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse einzugehen und mit einem günstigen Produkt der Firma in ihrer Entwicklung weiterzuhelfen. Interessant ist für unsere Kunden die Möglichkeit von Rahmenkrediten, die über die jeweilige Hausbank in Anspruch genommen werden können. Besondere Konditionen machen dieses Angebot attraktiv, und mit den Geldern aus den Rahmenkrediten können dann laufende Exportaufträge und -forderungen finanziert werden.

medianet:
Wie sinnvoll sind ­Risikoabsicherungen in stabilen Märkten?
Bernkopf: Wir leben in einem überaus dynamischen Umfeld, deshalb ist eine Risikoabsicherung in einem stabilen Markt mindestens genauso sinnvoll wie in sensibleren Regionen.

Gerade Exporte sind von politischen Entwicklungen in Zielmärkten unmittelbar betroffen. Besondere Zölle oder Embargos sind rasch ausgesprochen, und politische Umschwünge führen oft binnen Tagen zu schwindender Rechts­sicherheit.
Einige Entwicklungen sind vorab kaum absehbar. In der jüngsten Vergangenheit waren beispielsweise der Putschversuch in der Türkei, das Brexit-Votum in Großbritannien oder Donald Trumps Ankündigung von Strafzöllen solche Faktoren.


medianet:
Wie ist die Entwicklung der internationalen Märkte aktuell einzuschätzen? Wo sehen Sie die größten Chancen, und wo ist Vorsicht angebracht?
Bernkopf: Der Welthandel zieht wieder an, und Wachstumsimpulse kommen momentan von den Industrieländern ebenso wie aus Emerging Markets wie China oder Indien.

Besonders Südostasien können wir in allen Aspekten recht positiv bewerten. Oftmals sind große Chancen aber auch direkt mit einem Risiko verbunden.


medianet:
Wo lässt sich dies zurzeit besonders feststellen?
Bernkopf: Die Türkei bietet enormes Potenzial, das politische Umfeld ist momentan aber schwierig, und Rechtssicherheit ist einfach wesentlich für unsere Exporteure. Nord­afrika oder der Nahe Osten sind Wachstumsmärkte, das damit verbundene Risiko ist aber nicht zu unterschätzen. Verbindungen in den Iran leiden nach wie vor unter einigen ungeklärten Sanktions- und Compliancefragen – hier müssen alle Beteiligten (wieder) Vertrauen schaffen!

Sanktionen sind immer eine große Hürde. Für den russischen Markt gibt es beispielsweise eine große Nachfrage, die US-Sanktionen sorgen aber – neben jenen für die Halbinsel Krim – für steigende Unsicherheiten.


medianet:
Was hatte es mit der gänzlichen Übernahme des Exportfonds auf sich?
Bernkopf: Wir haben im Dezember des Vorjahres zu unseren 70 Prozent auch die weiteren 30 Prozent, die vorher bei der Wirtschaftskammer lagen, gekauft.

Damit können wir die bereits gelebte enge Zusammenarbeit von OeKB und Exportfonds weiter intensivieren.
Mit rund 2.000 Kunden kommt dem Exportfonds eine wesentliche Rolle bei der Exportfinanzierung unserer KMU zu. Das Finanzierungsvolumen im Vorjahr umfasste bereits 1,14 Milliarden Euro – 2017 war damit das erfolgreichste Jahr in der Geschichte des Exportfonds.


medianet:
Wie kann die Wirtschaft 2018 noch stärker wachsen?
Bernkopf: Generell ist die Lage positiv zu beurteilen. Der weltweite Wirtschaftsaufschwung setzt sich fort, und die Prognosen für das BIP-Wachstum in Österreich für heuer sehen ja alle sehr gut aus.

Neben diesen Rahmenbedingungen braucht es Unternehmergeist und Mut seitens der Firmen, die entsprechenden Förderins­trumente und Handlungsspielraum für Banken.
Gemeinsam kann man dann Großes erreichen – für unsere heimische Volkswirtschaft, allen voran für die Arbeitsplätze, aber auch für die Entwicklung in den Exportländern, die von vor Ort entstehenden Arbeitsplätzen und verbesserter Infrastruktur profitieren!

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