Finanzierungsmisere
© Panthermedia.net/Coboflupi
FINANCENET REAL:ESTATE Redaktion 15.09.2023

Finanzierungsmisere

Re/Max-ImmoSpiegel Gesamtmarkt erstes Halbjahr 2023: Immobilienverkäufe um fast ein Viertel unter dem Vorjahr.

••• Von Helga Krémer

AMSTETTEN. Mit 58.195 Verbücherungen im ersten Halbjahr 2023 ist der Immobilienmarkt nach den Re/Max-ImmoSpiegel-Analysen um –16.063 Objekte zum Vorjahr eingebrochen. 21,6% fehlen auf das Vorjahr, das – zugegebenermaßen – das zweitstärkste in der Historie war. Allerdings: Seit dem Jahr 2015 wurden jedes Jahr in den ersten sechs Monaten mehr Immobilienkäufe im Grundbuch registriert als 2023.

Auch beim Transaktionswert ist der Rückgang sichtbar, sogar noch stärker als bei den Stückzahlen: Von 21,73 Mrd. € ist der Verkaufswert auf 16,58 Mrd. € im ersten Halbjahr von 2022 auf 2023 gesunken, also um –23,7 % oder –5,15 Mrd. €.

Massive Auswirkungen

„Unter den verschärften Kreditvergaberichtlinien leiden in erster Linie junge Paare und Jungfamilien”, konstatiert Bernhard Reikersdorfer, Managing Director, Re/Max Austria. Die massiven Auswirkungen auf den Immobilienmarkt würden sich auch in den aktuellen Verbücherungszahlen zeigen. Besonders die bei Familien beliebten Doppel- und Reihenhäuser seien massiv betroffen.

„Damit nicht genug, bedeutet diese Entwicklung auch negative Milliardenfolgen im Baugewerbe und in der Fertighausindustrie, von den Baunebengewerben ganz zu schweigen, so Reikersdorfer. Der Re/Max Austria-Managing Director findet klare Worte: „Das Ziel muss doch sein, dass sich Jungfamilien während ihrer Erwerbstätigkeit Eigentum schaffen können, das gehört seitens der Politik gefördert und unterstützt. Aktuell ist genau das Gegenteil der Fall. Es ist auch höchst an der Zeit, die Kreditvergaberichtlinien entsprechend anzupassen.”

KIM tritt ins Kreuz

Die starken Zinserhöhungen ab der 2. Jahreshälfte 2022 sowie die Verschärfungen im Bereich der Hypothekarkreditfinanzierungen „KIM-V” (Kreditimmobilienmaßnahmen-Verordnung) ab September 2022 haben den Markt schwer getroffen.

Die „KIM-V” hat dabei – auch im Vergleich zu Deutschland – die Bedingungen zusätzlich und teilweise unverständlich erschwert. Denn, „die um mittlerweile rund vier Prozent gestiegenen Kreditzinsen und die immer bereits geltenden strengen Vergaberichtlinien – speziell bei variablen Krediten – haben die Immobilien-Preisentwicklung schon ausreichend gedämpft. Durch die KIM-V wurden grundvernünftige Zwischenfinanzierungslösungen unnötig erschwert und alle Kreditnehmer – vom ‚Normalverdiener' bis zu ‚Einkommens-Millionären' über einen Kamm geschoren”, berichtet Bernd Ebner vom bankenunabhängigen Hypothekarvermittler realfinanz. „Alle Branchenexperten gehen aktuell davon aus, dass die KIM-V im jetzigen Markt­umfeld obsolet ist. Der politische Fokus sollte – speziell für Jungfamilien – auf angepasste Wohnbauförderungsmodelle gelegt werden. Es braucht hier Eigenmittel-Unterstützungslösungen für förderungswürdige Gruppen und wieder flexiblere Rückzahlungs- und Ratenmodelle, die sich an die Lebens-Einkommensentwicklung anpassen”, fordert Ebner.

Betroffenes Preissegment

Konkret seien laut Anton Nenning, Head of Research & Communication von Re/Max Aus­tria, Immobilien im Bereich von 400.000 bis 1 Mio. € von einem massiven Nachfrageeinbruch betroffen. Darunter ließe es sich leichter finanzieren, darüber brauchten die Interessenten oft dank „gefüllter Portokassa” eher kaum oder wenig Kreditunterstützung.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL