Fünf Wünsche für bessere öffentliche Bauprojekte
© VZI/Leo Hagen
FINANCENET REAL:ESTATE Redaktion 16.02.2018

Fünf Wünsche für bessere öffentliche Bauprojekte

Im Dienstleistungsbereich sprechen sich die Experten vor allem für klarere Zahlungsmodalitäten aus, um Kosten zu senken und die Qualität zu erhöhen.

••• Von Paul Christian Jezek

Der Verband der Zivil­techniker- und Ingenieurbetriebe (VZI), der Fachverband Inge­nieurbüros der Wirtschaftskammer Österreich sowie die Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen haben gemeinsam ein Alternativprogramm zu den bestehenden Zahlungsmodalitäten für Baudienstleistungen öffentlicher Auftrag­geber in Österreich vorgelegt.

Sehr viel Handlungsbedarf

Das Programm soll dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für Architektur-, Ziviltechniker- und Ingenieurbüros bei öffentlichen Bauprojekten zu verbessern. Derzeit ist es bei Dienstleistungen für öffentliche Bauprojekte hierzulande üblich, dass Honorare erst nach vollendeter Durchführung des Auftrags bezahlt werden. Teilzahlungen während des Projekts werden zwar erbracht, finden jedoch erst nach vollständiger Teil-Leistungserbringung statt. Dies bedeutet teils langfristige Vorfinanzierungen von Personal und sonstigen Ressourcen.

Zum Projektende komme es zudem oftmals zu weiteren Verzögerungen, die das Zahlungsziel nochmals hinausziehen würden. Und darunter leide nicht nur der betroffene Dienstleister, sondern auch die Qualität der Bauprojekte und letztlich auch das Budget der öffentlichen Hand, kritisiert Andreas Gobiet, Präsident des VZI.

Banken sollen’s garantieren

Schon aufgrund eines verantwortungsvollen Umgangs mit Steuergeldern sei es daher für die öffentliche Hand Pflicht, sich mit Alternativmodellen, wie sie zum Beispiel von Internationalen Finanzierungsinstituten (IFIS) oder auch im skandinavischen Raum angewendet werden, auseinanderzusetzen: „Mithilfe einer Sicherstellung durch die Auftragnehmer in Form einer Bankgarantie wären Vorauszahlungen auch für die öffentliche Hand möglich”, ist Gobiet überzeugt. „Das wäre eine Win-Win-Situation für Auftragnehmer und -geber. Es macht den Umgang mit jährlich zu vergebenden Budgets für die öffentliche Hand leichter, erhöht die Liquidität und Bonität von Firmen und stärkt damit unseren Wirtschaftsstandort.”

Bei der Stadt Wien sei dies bereits jetzt möglich, sagt Werner Schuster von der Magistratsdirektion. So findet sich die Option für Vorauszahlungen mit Sicherstellung in Form einer Bankgarantie in den „Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt Wien für Leistungen”/WD 313. „Wir vergeben pro Jahr zwischen 10 und 15 Mio. € Auftragssumme an Planungsleistungen. Da zahlt es sich aus, die Vertragsbestimmungen zu lesen und dies bei Verträgen mit vergebenden Dienststellen entsprechend einzubringen”, empfiehlt Schuster.
Natürlich müsse man sich das durchrechnen, denn auch Bankgarantien seien nicht umsonst, ergänzt Friedrich Müller-Uri, Präsident des Fachverbands der Ingenieurbüros. Sie könnten aber einen wertvollen Beitrag zu einem ausgeglichenen Auftraggeber- und -nehmerverhältnis leisten. „Kurz vor dem Zahlungsziel Nachforderungen einzubringen, so wie es jetzt teilweise praktiziert wird, ist natürlich nicht die feine Art und entspricht sicher nicht einer fairen Kultur auf Augenhöhe. Bankgarantien könnten dagegen die Akzeptanz von Rechnungen erhöhen”, so Müller-Uri.

Mängel prüfbar darstellen

Eine weitere Herausforderung stellt die Zurückbehaltung des Werklohns während eines laufenden Vertragsverhältnisses dar. Dies ist derzeit seitens des Auftraggebers ohne konkrete Nennung und prüfbare Darstellung von zu diesem Zeitpunkt behaupteten Mängeln möglich.

„Der Auftraggeber sollte verpflichtet werden, den behaupteten Schaden oder Mangel so konkret darzustellen, dass dieser für die Auftragnehmer und deren Haftpflichtversicherungen prüfbar ist. Bloß pro forma behauptete Mängel sollen nicht zur Zurückbehaltung berechtigen”, betont Christian Aulinger, Präsident der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen. Wenn Auftraggeber vereinbarte Zahlungen zurückhalten, ohne einen konkreten Mangel oder Schaden zu behaupten, sollte Auftragnehmern das Leistungseinstellungsrecht eingeräumt werden.
Was konkret und prüfbar ist, müsse aber von Auftraggeber und -nehmer gemeinsam im Vorfeld festgelegt werden, betont Claudius Weingrill von der Bundesimmobiliengesellschaft. „Im Gegensatz zum Mangel, den ein Bauunternehmer auf einer Baustelle erwirkt, der dann durch einen Sachverständigen klar bewertet wird, ist das bei Dienstleistungen nicht so einfach möglich. Hier braucht es eine klare Prozess- und Organisationsstruktur – das ist auch ein Thema für Versicherungen.”

Mehr Bonität soll her

Die Sicherstellung des Honorars auch von öffentlichen Auftraggebern könnte zur Steigerung der Bonität von Auftragnehmern beitragen. Demzufolge wird die Ausweitung des § 1170b ABGB, „Sicherstellung bei Bauverträgen”, auf öffentliche Unternehmen als sinnvolle Maßnahme erachtet, die nicht nur positive Effekte auf das beteiligte Unternehmen hätte, sondern insgesamt zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Österreich beitragen würde.

Antragslegitimation

Um öffentliche Ausschreibungen kalkulierbar zu machen, ist es unumgänglich, dass die Ausschreibungsunterlagen öffentlicher Auftraggeber fair und ausgewogen gestaltet werden, sodass nicht vorhersehbare ­Risiken vermieden werden.

„Teilnehmende Architektur-, Ziviltechniker- und Ingenieurbüros zögern oft, Bedingungen im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen zu bekämpfen, um nicht schon vor einer Auftragserteilung einen Rechtsstreit mit dem potenziellen zukünftigen Auftraggeber austragen zu müssen”, kommentiert Petra Rindler, Partnerin der RA-Kanzlei Pflaum Karlberger Wiener Opetnik. „Für eine effiziente Überprüfung der Ausschreibungsunterlagen wäre es daher geradezu eine notwendige Voraussetzung, dass nicht nur die einzelnen an einem Auftrag Interessierten, sondern darüber hinaus auch deren Interessensvertretungen berechtigt sind, die Ausschreibungsunterlagen anzufechten.”

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