••• Von Paul Christian Jezek und Chris Radda
WIEN. Nach Existenzjahren gerechnet, gilt 6B47 beinahe noch als Start-up, nach monetären Immobilienmaßstäben handelt es sich jedoch in Sachen Bauleistung bereits um den größten Real-Estate-Developer Österreichs. Im Exklusivinterview mit medianet erklärt Vorstandsvorsitzender Peter Ulm (Bild), wie 6B47 dies erreichen konnte und welche Pläne man für die nächste Zukunft hat.
medianet: Beginnen wir mit dem Fundament: Was bedeutet 6B47 eigentlich?
Peter Ulm: In der Numerologie steht der 6er für die Entscheidung, der 7er für die Tat; somit bedeutet ‚6B47': Die Entscheidung kommt vor der Tat. Damit wollen wir für uns versinnbildlichen, dass wenn wir etwas entscheiden, wir es auch konsequent umsetzen.
Auch die Mitarbeiter können sich mit der Marke ‚6B47' identifizieren. Vor allem, wenn man sich den Namen einmal gemerkt hat, ist er nicht mehr leicht zu verwechseln.
medianet: Wie ist der Markteintritt verlaufen?
Ulm: Im April 2011 kam ich als dritter Mitarbeiter zu 6B47: Es gab einen Mitarbeiter für den Bereich Finanzen und eine Assistentin. Heute sind wir 83 Mitarbeiter. Dies war ein bedeutender Entwicklungsschritt. Ende 2011 haben wir uns mit 50% an einem deutschen Bauträger beteiligt. (Dieser wurde Ende 2015 zur Gänze übernommen, Anm.) Somit waren wir mit einem Schlag ein Unternehmen, das am Markt gut vertreten war, mit 500 Mio. Euro Developmentvolumen in der Bilanz und 20 Mitarbeitern.
Der nächste große Meilenstein war im Juni 2012 die erste Kapitalerhöhung, an der sich fünf Privatpersonen beteiligt haben. Im Juli 2015 folgte die zweite Kapitalerhöhung. Derzeit haben wir 16 Gesellschafter aus Österreich, Deutschland und der Schweiz.
Zusätzlich haben wir den 6B47 Real Estate Club aufgebaut – eine lose Gemeinschaft von zirka 200 Personen, die bei neuen Developmenten eingeladen werden, sich zu beteiligen (ab 250.000 Euro).
medianet: Wie sieht die Philosophie ‚dahinter' aus?
Ulm: Es gibt keine „wilden” Konstruktionen – das ist uns wichtig! Wir sind keine Finanzjongleure, wir haben keine Gesellschaften in Panama, in der Schweiz oder in Luxemburg. Grundsätzlich handelt es sich um ganz „normale” österreichische oder deutsche Gesellschaften, je nachdem, wo sich das Projekt befindet.
Jedes Quartal versenden wir einen Finanzreport und agieren so transparent wie nur möglich. So haben wir rund 150 Mio. Euro Eigenkapital aus dem Real Estate Club akquiriert, mit dem wir die Projekte finanzieren.
Nur durch den Aufbau des Real Estate Clubs war es möglich, Projekte wie den Franz-Josefs-Bahnhof kaufen zu können. Hier gelang es uns innerhalb von vier Wochen, mit unserem Club das notwendige Eigenkapital zusammenzustellen.
Diese Stärke haben wir aufgebaut, weil wir es geschafft haben, Projekte auch erfolgreich zu verkaufen. Und das ist auch das Wesentliche in unserer Branche. Wir messen uns nicht an unserem Immobilienvolumen under development oder bezeichnen uns als der größte Bauträger – nein, für unseren Erfolg müssen wir Projekte drehen, indem wir diese rasch fertigstellen und verkaufen.
medianet: Können Sie einen Einblick in Ihren Track Record geben?
Ulm: 2015 haben wir Immobilien im Wert von 350 Mio. Euro verkauft. Davon waren vier Objekte in Frankfurt, ein Objekt in Wien und eines in Düsseldorf. Es waren ein Hotel, ein Büro und vier Wohnbauten, also sechs Projekte mit einer Beteiligung des Real Estate Clubs, die wir erfolgreich abgeschlossen und unseren Clubmitgliedern ihr Investment ausbezahlt haben. 2014 erreichten wir bereits rund 200 Mio. Euro an Verkäufen.
2010 und 2011 hatten wir noch nichts zu verkaufen. In dieser Zeit haben wir aufgebaut und eingekauft. Erst 2012 haben wir mit dem Verkauf begonnen. In diesem dritten Jahr haben wir den Break Even geschafft. Seither steigern wir jährlich und kontinuierlich unsere Ergebnisse und konnten dadurch 2015 eine weitere Kapitalerhöhung überhaupt erst möglich machen. Wir sind durch Eigenkapital und andererseits durch eine Anleihe finanziert. Zum Glück sind wir nicht von Analysten getrieben, die „höher, weiter, schneller und größer” fordern. Wenn wir aktuell keine guten Gelegenheiten sehen, haben wir die Möglichkeit, auszuschütten und auf das nächste interessante Projekt zu warten.
medianet: Wie sieht der Markt aktuell aus?
Ulm: Der große Immobilienhype „Die Preise steigen ständig” verlangsamt sich eindeutig, und zwar auf beiden Seiten. Der private Konsument hat nicht unendlich viel Geld, um jede Preissteigerung am Wohnungsmarkt mitzumachen.
Von Anlegern kommt immer noch sehr viel Geld herein, denn auch auf einem Renditeniveau zwischen 3 und 5% ist das Investment immer noch attraktiver als viele Alternativ-Veranlagungen.
Die Nachfrage ist nach wie vor ungebrochen. Tatsächlich konnten wir jedes Projekt schon am Tag der Fertigstellung verkaufen. Das sehe ich auch weiterhin in 2016 und 2017, selbst wenn die Investoren nicht mehr jede Preisentwicklung mitmachen werden.
medianet: Das heißt, die Preise wachsen doch nicht in den Himmel?
Ulm: Definitiv nicht. Ein Großteil der Käufer kann sich nun einmal keine Wohnung im Goldenen Quartier leisten. Die größte Nachfrage ist im Niedrig- und Mittelpreissegment.
Wir versuchen, dem auch Rechnung zu tragen und haben eine eigene Bauträgerschiene aufgesetzt, wo wir Wohnungen zwischen 2.800 und 3.500 Euro pro m2 entwickeln, um diesen Markt zu bedienen. Das heißt für 6B47, dass wir uns beim Einkaufen konzentrieren, unsere Grundrisse optimieren, die Finanzierungszinsen niedrig halten und Projekte rasch weiter drehen müssen.
Es gibt auch weiter Nachfrage im Luxusbereich. Bei unserem Projekt „Living Kolin” in 1090 Wien waren wir noch nicht einmal bei der Dachgleiche und haben schon den größten Teil der Wohnungen verkauft.
Hingegen im Mittelpreissegment mit Wohnungen zwischen 400.000 und 800.000 Euro geht die Nachfrage merkbar zurück – nicht weil die Leute keinen Wohnbedarf haben, sondern weil es für sie nicht mehr finanzierbar ist. Auch das müssen wir als Entwickler berücksichtigen.