••• Von Paul Christian Jezek
Das Vorjahr war kein Ruhmesblatt: Im Jahresdurchschnitt 2015 ist die Bauproduktion in Österreich um rund ein Prozent nominell und um zwei Prozent preisbereinigt gesunken, der Produktionswert blieb unter 41 Mrd. €.
Bis Oktober 2015 hatte es sogar noch düsterer ausgehen, als die Branche noch ein nominelles Produktionsminus von durchschnittlich zwei Prozent verkraften musste. Halbwegs „gerettet” wurde die Baubilanz offenbar von den letzten zwei Monaten des Vorjahres, als die Bautätigkeit – nicht zuletzt auch aufgrund des baufreundlichen Wetters – noch zugelegt hatte. Jedenfalls hat sich der Vertrauensindikator der Branche im November und Dezember im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessert, und der Beschäftigungsabbau ist zum Stillstand gekommen.
Anhaltend rückläufiger Hochbau
Die Bauproduktion ist bereits 2014 infolge der Einbußen im Hochbau und hier sowohl im Wohnbau als auch im Wirtschaftsbau um insgesamt 1% nominell gesunken. Nur das Ergebnis der Sparte Hochbausanierung und -renovierung bremste den Rückgang in diesem Bereich, nicht zuletzt mithilfe weiterer Förderungen der thermischen Gebäudesanierung.
In Summe verringerte sich die Hochbauproduktion um 2,4% auf 32 Mrd. €, während die Tiefbauproduktion vor allem aufgrund der kräftigen Aufstockung der Investitionen der Asfinag um 5% nominell auf 9,1 Mrd. € anstieg. 2015 hat zusätzlich zu den anhaltend rückläufigen Hochbauumsätzen auch der Tiefbau wieder seinen Schwung verloren. „Erst 2016 werden die Wohnungsnachfrage, steigende Hochbauinvestitionen öffentlicher Auftraggeber und der weitere Bahnausbau für ein Bauproduktionsplus sorgen”, sagt Bank Austria-Ökonom Günter Wolf. „Schließlich stellen die anhaltend günstigen Finanzierungsbedingungen einen Push-Faktor dar, der die Baukonjunktur begünstigt. In Summe rechnen wir mit einem Produktionsplus, nominell wie preisbereinigt im Bereich von 1 bis 2 Prozent. Damit wird die Bauwirtschaft erstmals seit 2012 wieder einen positiven Beitrag zum österreichischen Wirtschaftswachstum leisten.”
Rekord-Bauarbeitslosigkeit
Im Vorjahr ist die Baubeschäftigung das dritte Jahr in Folge gesunken, wobei im Jahresdurchschnitt knapp ein Prozent der Arbeitsplätze – vor allem in Baunebengewerben – abgebaut wurden. Zugleich ist die Zahl der Arbeitslosen in der Branche so hoch wie seit sieben Jahren nicht mehr. Ende Dezember 2015 waren etwa 61.200 Personen mit Bauberufen arbeitslos gemeldet, im Jahresdurchschnitt noch 34.400 Personen beziehungsweise um fast 8% mehr als 2014.
Die Entwicklung am Bauarbeitsmarkt spiegelt die schwache Auftragslage und die geringe Kapazitätsauslastung der Branche wider. „Langfristig hat sich die Bauwirtschaft als relativ stabiler Arbeitgeber erwiesen, da sich die Beschäftigung auch in konjunkturturbulenten Jahren vor allem im Vergleich zur Industrie relativ ausgeglichen entwickelte”, meint Wolf.
„In der Branche arbeiten weiterhin mehr als 7% aller unselbstständig Beschäftigten Österreichs und somit 246.000 Menschen. Allerdings ist die Branche längst keine Wachstumsbranche mehr, die neue Arbeitsplätze schaffen kann.”
Trendwende im Wohnbau?
Der Wohnbau entwickelte sich trotz steigender Immobilienpreise, günstiger Finanzierungsbedingungen, hohem Wohnraumbedarf und Baubewilligungsrekorden schwach. Die Spartenproduktion ist 2015 nach 2014 weiter leicht gesunken – in den ersten drei Quartalen um durchschnittlich 3,5%.
Die im selben Zeitraum kräftigen Umsatzzuwächse der Bauträgersparte – das sind vor allem Wohnbau- und Siedlungsgenossenschaften – und der hohe Bestand an Baubewilligungen sowie die guten Wetterbedingungen lassen aber darauf schließen, dass die Wohnbautätigkeit in den letzten Monaten 2015 noch an Schwung gewonnen hat. Daher dürfte das Produktionsminus im Jahresdurchschnitt auch geringer ausgefallen sein, in etwa im Bereich von 1%. Der Produktionswert der Sparte erreicht damit rund 4,7 Mrd. €.
Hier steht heuer jedoch eine Trendwende bevor, analysiert Wolf: „Die Wohnbauproduktion wird 2016 deutlich zulegen, auch wenn nur ein Teil der zusätzlichen Baubewilligungen in konkrete Bauprojekte umgesetzt wird.” Trotz der Fertigstellung von jährlich 52.000 Wohnungen ist in den letzten Jahren der Nachfrageüberhang am Wohnungsmarkt gestiegen. Die Entwicklung wurde noch verstärkt von einem überdurchschnittlich hohen Zuwachs neuer Haushalte – im Durchschnitt 38.000 pro Jahr – und einer hohen Nachfrage nach Anlagewohnungen, wie sie der starke Preisanstieg am Immobilienmarkt signalisiert. „Ob die Förderung von zusätzlich 6.000 Wohnungen jährlich bis 2020 ausreicht, diese Lücke zu schließen, bleibt abzuwarten”, sagt Wolf. „Auf jeden Fall wird der Wohnbau an Schwung gewinnen.”
Die BIG ist ein BIGGER-Faktor
Die heimischen Industrie- und Gewerbebetriebe hatten ihre Investitionspläne für 2015 nur moderat aufgestockt. Darüber hinaus ist das Angebot an kommerziellen Immobilien im Dienstleistungsbereich wenig gestiegen. Die Produktion neuer Büroflächen blieb trotz hohem Nachfrageüberhang schwach, und der Bau neuer Einkaufszentren ist aufgrund der hohen Marktsättigung weiter gesunken.
Im Wirtschaftsbau sorgten im Vorjahr vor allem Mehrinvestitionen der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) erst ab Jahresmitte für ein leichtes Produktionsplus.
In Summe tragen die Projekte öffentlicher Auftraggeber knapp ein Drittel zum Produktionswert der Sparte von 3,8 Mrd. € bei. Voraussichtlich bleiben stärkere Impulse im Wirtschaftsbau heuer wie schon 2015 auf öffentliche Auftraggeber beschränkt – im aktuellen Budgetvoranschlag des Bundes ist immerhin eine Ausweitung der Investitionsausgaben der BIG wie schon im Vorjahr um weitere 20% vorgesehen.
Öffentliche Investitionen
Die Tiefbaukonjunktur hat sich 2015 erheblich abgekühlt, nachdem die Sparte 2014 mit einem Produktionsplus von nominell knapp 5% auf 9,1 Mrd. Euro einmal mehr Wachstumsstütze der Bauwirtschaft war.
In den ersten drei Quartalen 2015 ist die Tiefbauproduktion um durchschnittlich 2,5% nominell gesunken. Zudem berichteten die Unternehmen im vierten Quartal 2015 eine deutlich geringere Kapazitätsauslastung im Jahresabstand. Das heißt, dass der Tiefbau im Jahr 2015, wenn überhaupt, nur geringfügig im Bereich von 1 bis 2% nominell zulegen konnte.
„Heuer werden vom Bahnausbau und höheren Straßenbauinvestitionen wieder Wachstumsimpulse kommen”, hofft Wolf – „unter der Voraussetzung, dass die aktuellen Investitionspläne der ÖBB und der Asfinag nicht aufgeschoben werden.” In den nächsten fünf Jahren sind bei der ÖBB Investitionsausgaben von jährlich durchschnittlich 2,9 Mrd. € vorgesehen, das ist um eine runde Mrd. € pro Jahr mehr als in der letzten Fünfjahresperiode.
Für den Ausbau und die Erhaltung des hochrangigen Straßennetzes ist bis 2020 ein Investitionsvolumen von rund 1,2 Mrd. € jährlich ausgewiesen – um etwa 400 Mio. mehr als in der Vorperiode. Darüber hinaus könnten die öffentlichen Mittel aus der sogenannten Breitbandmilliarde schon 2016 zusätzliche Investitionen und eine Beschleunigung der Spartenkonjunktur im Rohrleitungs- und Kabelnetzbau auslösen.
Was die Branche bewegt
Ab dem 1.3. gilt das Bestbieterprinzip für die öffentlichen Aufträge, womit dem Preiswettbewerb nach unten ein Riegel vorgeschoben werden soll. In anderen Ländern gebe es noch schärfere Maßnahmen wie Zugangskontrollen zu Baustellen”, sagte der Bundesvorsitzende der Bau-Holz-Gewerkschaft, Josef Muchitsch, zuletzt beim Neujahrstreffen der GBH. Auch eine „Baustellendatenbank” für öffentliche Aufträge würde zu mehr Transparenz führen.
Mit Beispielen aus der Praxis ließ der Leiter der Finanzpolizei Wien, Franz Kurz, aufhorchen. Infolge intensiver Kontrollen der Finanzpolizei hätten die Entsendungen aus dem Ausland stark zugenommen, weil es leichter sei, eine Firma im grenznahen Ausland zu gründen, als in Österreich „von der Wega (Anm. Polizeisondereinheit) in der Nacht aus dem Bett geworfen zu werden”. Allein die Strafanträge der Finanzpolizei wegen fehlender Lohnunterlagen hätten über mehr als 10 Mio. € betragen.
Pauschale Vorwürfe gegen die Bauwirtschaft wies Porr-Chef Karl-Heinz Strauss entschieden zurück: „Wir reden immer nur über die schwarzen Schafe am Bau.”
Die vom Finanzpolizisten Kurz genannte Zahl von 11.000 illegal Beschäftigten müsse in Relation mit den insgesamt 300.000 in der Bauwirtschaft Tätigen gesehen werden – dann seien es nur mehr 5%. Die Problematik sieht Strauss bei den Subunternehmern: Wenn diese etwa in Österreich alles korrekt machen, aber dann den in Bratislava beschäftigten Arbeitern 50% des Lohns „für die Unterkunft” gleich wieder abziehen ...
Den Kostendruck auf die Bauwirtschaft sieht der Obmann des Verbands der Gemeinnützigen Bauvereinigungen, Karl Wurm, durch zu hohe Vorgaben begründet. Stattdessen brauche es auch eine „Billigpreisschiene” im Wohnbau.
Zu viele ökologische und Architektur-Kriterien würden den Wohnbau überfrachten, die Bewohner würden die hohen Qualität oft gar nicht registrieren. Zwischen dem „Qualitätshype” bei den Vorgaben und dem Deckel auf die Mieten entstehe somit ein „ungeheurer Preisdruck” am Bau, der dann zu „Auswüchsen” führe.