Aktionspostenmärkte: Die Bastion des Diskonts
© Woolworth
RETAIL Redaktion 21.03.2025

Aktionspostenmärkte: Die Bastion des Diskonts

Nach Tedi und Action amtiert nun Woolworth als „Expansionskaiser”; insgesamt nimmt die Dynamik ab.

••• Von Paul Hafner

Die aktualisierte Ausgabe des zweijährlich erscheinenden „Expansionshandbuch Österreich” von Standort + Markt zeugt von einer mäßig dynamischen Situation in Einzelhandel und Gastronomie: Die Zahl der eruierten Vertriebsschienen liegt bei 785 (22/23: 748), knapp 100 neue filialisierte Unternehmen wurden in den letzten 24 Monaten dokumentiert, gleichzeitig verschwanden rund 60 von der Bildfläche bzw. gaben ihre Geschäftstätigkeit in Österreich völlig auf.

Zu den prominentesten Abgängen zählen langjährig etablierte Händler wie kika/Leiner, Delka, Reno, Salamander, Yves Rocher, Hallhuber und Weltbild, aber auch Pandemie-Newcomer wie pepco und Mister Spex (beide Markteintritt 2021); bei den Neuzugängen sticht ins Auge, dass ein Viertel auf die Sparte „Gastronomie/Entertainment inkl. Wettbüros” entfällt: dahinter reiht sich der Bekleidungssektor ein, dem 16 neuaufgenommene Shopkonzepte zugerechnet werden.

Neue Player im Modehandel

„Bemerkenswert”, wie Studienautor Roman Schwarzenecker anmerkt, sei, „dass es wieder einige Modegruppen sind, die auf den österreichischen Markt setzen”: Arket aus der H&M-Gruppe zieht im Laufe des Jahres in der Mariahilfer Straße ein, Calliope aus der Teddy Group (Terranova, Rinascimento) hat sich in der Shopping City Süd niedergelassen und Only aus der Bestseller-Gruppe (Jack&Jones, Vero Moda) „hat Nachwuchs bekommen: Only & Sons bemüht sich nun um den modeaffinen Herrn” – und zwar in aktuell bereits sechs Einkaufszentren.

Trotz der schwierigen Gesamtsituation des Modehandels, der die meiste Zeit vor allem mit Standortoptimierungen, Marktaustritten und Komplettinsolvenzen Schlagzeilen macht, kann die hiesige Bekleidungsbranche mit 148 filialisierten Betrieben eine große Vielfalt behaupten und legt nach 2023 gegenüber 2021 zum zweiten Mal zu. Vom Filialhöchststand 2015 – rund 3.200 Shops – ist man indes mit rund 2.700 deutlich entfernt, die Tendenz weist seit 2019 nach unten.

An die Grenzen gestoßen

Die Lebensmittelbranche (deren Bereich in der Erhebung sowohl die kleinen Lebensmittelboxen bis zum großen Verbrauchermarkt sowie diverse Spezialisten wie Asiamärkte, Confiserien oder Sportnahrung abdeckt) zeigte sich im Laufe der Jahre sehr stabil. Seit 2009 hat sich die Zahl der Konzepte auf 65 verdoppelt, die Anzahl der Filialen ist um die Hälfte gestiegen. Bis auf die Insolvenz des ehemaligen Diskonters Zielpunkt im Jahr 2015 gab es keine nennenswerten Verschiebungen bei den größeren Marktteilnehmern.

Ein markantes Plus von über 50% in der gesamten Filialanzahl gegenüber dem Ersterhebungszeitpunkt 2009 (von 4.160 auf 6.433) lässt sich „einerseits mit dem historisch starken Expansionskurs der meisten Supermarktketten erklären, welcher sich in der letzten Beobachtungsperiode erstmals leicht reduziert hat, sowie mit der starken Expansion der Tank­stellenshops”, schlüsselt Schwarzenecker auf. Gegenüber dem Höchststand im LEH 2023 verzeichnet das S+M Expansionshandbuch einen leichten Rückgang sowohl bei der Anzahl der Storekonzepte als auch der Standortzahl.

Aktionspostenmärkte boomen

„Die Zeiten der zügellosen Expansion sind im Allgemeinen vorbei”, resümiert Schwarzenecker; auch expansionswillige Unternehmen würden sich eher abwartend zeigen und sich in puncto „Ankündigungspolitik” nicht mehr zu weit aus dem Fenster lehnen. Große Ausnahme: Das im November 2023 nach 15-jähriger Marktabsenz nach Österreich zurückgekehrte Diskont-Warenhaus Woolworth, welches nach eineinhalb Jahren bei bereits 27 Niederlassungen hält und weiter große Pläne hegt.

„Insgesamt betrachtet kann im stagnierenden stationären Einzelhandel bei Teilen des Diskontmarkts eine relativ hohe Dynamik ausgemacht werden”, analysiert Co-Autorin Brigitte Moser anhand einer ebenfalls kürzlich publizierten S+M-Studie zum heimischen Diskontmarkt. Speziell die Aktionspostenmärkte (neben bzw. in den Jahren vor Woolworth insbesondere Action und Tedi) konnten demnach „deutlich an Volumen zunehmen” und spielen in Zeiten verringerter Kaufkraft ihre Stärke aus.
Aus Vermietersicht seien Diskonter heute vielfach „nicht mehr letzter Ausweg für schwer vermietbare Flächen, sondern willkommene Frequenzbringer”. Dass der Boom noch lange anhält, glaubt Schwarzenecker indes nicht: „Meine subjektive Einschätzung ist, dass auch das starke Wachstum bei Aktionspostenmärkten bald ein Ende nehmen wird – nicht zuletzt aufgrund der großen Online-konkurrenz.”

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL