Brau Union signalisiert Vergleichsgespräche im Kartellverfahren, BWB abwartend
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RETAIL Redaktion 04.12.2025

Brau Union signalisiert Vergleichsgespräche im Kartellverfahren, BWB abwartend

WIEN/LINZ. Der heimische Biermarktführer Brau Union hat sich im anhängigen Kartellverfahren erstmals offen für Vergleichsgespräche gezeigt. Ein Rechtsvertreter des Unternehmens erklärte am Montag vor Gericht: Man wolle auf die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) „zugehen und einmal ein Zwischenresümee ziehen“, um zu prüfen, ob ein Weg zu einer „einvernehmlichen Einigung“ möglich sei. Ein BWB-Vertreter erwiderte, der Gesprächswunsch werde „intern besprochen“.

Einvernehmliche Verfahrensbeendigungen – sogenannte Settlements – können in Kartellverfahren das Bußgeld reduzieren und das Verfahren verkürzen. Der Brau-Union-Vertreter erklärte vor Gericht, dass man „konstruktiv vorankommen“ wolle und den kommenden Jänner und Februar für Gespräche nutzen könne. Das Verfahren wird seit Februar 2025 am Kartellgericht im Wiener Justizpalast verhandelt.

Getränkehändler als Logistikpartner
Die Brau Union will bis Jahresende aktualisierte Verträge mit 35 Logistikpartnern abschließen, um Kritikpunkte der BWB auszuräumen. Unabhängige Getränkehändler liefern Bier und andere alkoholfreie Getränke auf Rechnung der Brau Union aus und erhalten dafür eine Logistikvergütung. Gleichzeitig können sie bei diesen „Streckenlieferungen“ auch Getränke aus dem eigenen Sortiment an die belieferten Kunden verkaufen. Die Höhe der Vergütung sei Geschäftsgeheimnis, erklärte ein Brau-Union-Anwalt vor Gericht.

Marktposition und Untersuchungsfokus
Die Brau Union, Teil der Heineken-Gruppe, ist mit großem Abstand Marktführer in Österreich. Rund die Hälfte des hierzulande produzierten Bieres entfällt auf den Konzern. Zu den Marken gehören Gösser, Zipfer, Kaiser, Puntigamer, Schwechater, Wieselburger, Schladminger und Edelweiss. Das Kartellverfahren prüft insbesondere die Zusammenarbeit mit Getränke-Logistikpartnern und mögliche wirtschaftliche Einflussnahmen auf unabhängige Händler.

Die BWB untersucht, ob die Brau Union Druck auf die Händler ausübte, um neben Bier auch alkoholfreie Getränke auf Rechnung des Konzerns zu verkaufen. Bereits im Februar 2025 verhängte die BWB eine Rekordstrafe gegen die Billa-Mutter Rewe (70 Mio. Euro), weshalb der Brau-Union-Fall in Handels- und Lebensmittelkreisen aufmerksam verfolgt wird. Die Geldbußenobergrenze beträgt bis zu 10 Prozent des Konzernumsatzes; im Falle von Heineken würde die Muttergesellschaft mithaften, ist aber selbst nicht Gegenstand der Ermittlungen.

Zeugeneinvernahmen
Bisher wurden vier Logistikpartner als Zeugen befragt. Ein steirischer Lieferant berichtete, dass es „kein Problem“ gewesen sei, neben Bier keine weiteren Getränke auf Rechnung der Brau Union zu verkaufen. Zwei Problembereiche seien inzwischen gelöst: attraktive Bierkisten-Rabatte für Händler und die Möglichkeit, wieder Streckenlieferungen für die Brau Union in Kärnten durchzuführen.

Ein Salzburger Getränkehändler schilderte Konflikte um Streckenlieferungen im Pinzgau. Ende 2020 habe die Brau Union versucht, alle Streckenkunden direkt zu beliefern, wogegen er sich erfolgreich gewehrt habe. Auch hier habe der Konzern versucht, mehr alkoholfreie Getränke über ihn abzuwickeln, was er ablehnte, ohne dass es zu Problemen kam.

Am kommenden Mittwoch sollen zwei weitere Logistikpartner befragt werden. Kartellrichterin Eva Maria Vetter kann sich zudem weitere Zeugeneinvernahmen im März vorstellen und bot an, mit den Verfahrensparteien ein Sondergericht zu erörtern, welche Aussagen bisher als relevant gelten. (APA/red)

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