••• Von Oliver Jonke und Paul Hafner
Im österreichischen Sportartikelhandel ist in den letzten Jahren kaum ein Stein auf dem anderen geblieben – während viele Marken von der Bildfläche verschwanden, schärfte Intersport sein Profil und forcierte seine Omnichannel-Strategie. medianet-Herausgeber Oliver Jonke sprach mit Geschäftsführer Franz Koll über das vergangene Jahr, die Marktdynamik, Produkttrends und vieles mehr.
medianet: Seit 1. September 2024 sind Sie bei Intersport für die Märkte Österreich, Slowakei, Tschechien und Ungarn verantwortlich. Davor waren Sie bereits von 2009 bis 2016 im Unternehmen – als Geschäftsleiter Vertrieb, Marketing und Einkauf. Was hat Sie zur Rückkehr bewogen?
Franz Koll: Im Grunde genommen waren es zwei Aspekte. Zum einen sicher die Emotionen, die ich mit Sport, mit Intersport verbinde; ich habe ja viele Jahre sowohl in der Sportartikelindustrie als auch im Handel verbracht und da auch eine gewisse ‚Intersport-DNA' mitbekommen. Und zum anderen das Interesse und die hochgesteckten Ziele, Intersport auf ein neues Level zu bringen. Wir haben viel vor, es gibt viel zu tun.
medianet: Wie hat sich denn der Markt, wie hat sich Intersport gegenüber 2016 verändert?
Koll: Der Markt war damals eindeutig weniger dynamisch als jetzt. Es sind neue Teilnehmer in den österreichischen Markt eingetreten, die inzwischen auch schon wieder Geschichte sind. Viele haben es probiert und sind gescheitert, und der Markt ist nach wie vor am Konsolidieren. Intersport wiederum hat sich weiterentwickelt, man hat ja damals zu Intersport Deutschland gehört, wurde 2021 zurückgekauft und gehört jetzt wieder österreichischen Händlern. Die Marktdynamik hilft uns bei der Positionierung über unser Top-Sortiment, unseren Service und unsere Beratung – das sind die drei zentralen Säulen, auf die wir setzen.
medianet: Wie hat das im abgelaufenen Geschäftsjahr funktioniert, angesichts der bekannt schwierigen Marktbedingungen?
Koll: Unser Geschäftsjahr 2023/24 ging bis Ende September und wir sind umsatzseitig bei knapp 653 Mio. Euro in Österreich gelandet, also minimal unter Vorjahresniveau (654 Mio. Euro, Anm.); mit den Ostmärkten zusammen reden wir von knapp 800 Mio. Euro – damit können wir angesichts der Marktlage durchaus zufrieden sein. Auch die jetzige Wintersaison läuft hervorragend, wir sind sehr, sehr happy. Sowohl mit dem Verleih – der ein sehr stark wachsendes Segment ist, also da wachsen wir deutlich zweistellig – als auch mit dem Verkauf. Und zwar sowohl in den urbanen Standorten als auch in den Tourismusstandorten.
medianet: Der Skiverleih nimmt ja grundsätzlich immer mehr an Bedeutung zu. Welche Trends und Entwicklungen machen Sie da im Besonderen aus?
Koll: Die Verleihthematik hat ja ursprünglich begonnen mit Ski – wenn man so zurückdenkt, war das das erste Segment. Und das hat sich dann immer mehr verbreitert, mit Stock, mit Helm, mit allem Drum und Dran, das geht jetzt auch in die Skibekleidung rein. Ski sind nach wie vor der Hauptumsatzbringer im Verleih, aber auch der Bereich Bike wird stärker. Grundsätzlich kommt es eben immer auf die Frequenz an – wenn man jetzt kein ‚Heavy User' ist, wenn man das etwa nur einmal im Jahr macht, dann ist es durchaus sinnvoll, sich die Ausrüstung auszuleihen.
medianet: Ein großes Thema in allen Handelssparten ist die hohe Mitarbeiterfluktuation. Wie ist das bei Intersport?
Koll: Die ist bei uns sehr überschaubar und darüber bin ich auch sehr froh und dankbar. Das hat wieder mit unserer Positionierung zu tun. Was der Mitarbeiter bei uns tun kann und tun darf, das entspricht ja bei vielen genau ihrer Leidenschaft. Das sind ja selber Sportler, die gehen selbst auf den Berg, fahren Ski, spielen Fußball, biken oder laufen. Insofern ist diese ‚Passion' für den Sport auch für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grund, warum sie gerade zu uns kommen wollen. Und davon profitiert letztendlich auch der Kunde, der dann direkt von einem Fachmann mit höchster Expertise, die sich auch aus viel eigener Erfahrung speist, beraten wird.
medianet: Apropos Kunde, dieser fluktuiert bekanntlich auch ganz gern – und er hat dafür auch eine immer breitere Auswahl an Einkaufsmöglichkeiten. Wie verbindet Intersport online und stationär?
Koll: Wir leben den Omnichannel-Gedanken. Wir haben einen eigenen Onlineshop und wir haben unsere stationären Flächen – und beides ist eng miteinander verwoben. Der Kunde kann entscheiden, bestellt er das online, holt er sich die Ware im Geschäft ab, lässt er sich die Ware zusenden, geht er rein in das Geschäft und kauft dort ein. Wir spielen also quasi die ganze Klaviatur der Möglichkeiten – und der Kunde wählt aus.
medianet: Und wie steht es um das Verhältnis von Online- und Offlineumsatz?
Koll: Also der stationäre Einkauf ist im Sportartikelhandel immer noch dominant, das merkt man schon. Ein Onlineshop ist heute keine Kür mehr, er ist Pflicht – gar keine Frage. Bei Intersport setzen wir auf das stationäre Erlebnis und das spiegelt sich auch in den Umsätzen wider: Wenn man in unsere Geschäfte geht, dann sieht man die ganze Range und hat eben die Möglichkeit, dort wirklich mit Profis zu sprechen, das richtige Material zu sichten, und dort wird der Kauf dann in der Regel auch getätigt. Man hat ja auch den Service vor Ort, ob jetzt bei den Ski oder beim Rad. Auch wenn es ein Problem gibt mit irgendeinem Teil – ich habe als Kunde dort einfach eine Anlaufstation. Insofern ist der stationäre Handel noch ausgeprägter.
medianet: Welcher Stellenwert kommt der Intersport-Kundenkarte heute zu?
Koll: Da haben wir eine gute Entwicklung und stehen bei aktuell 1,8 Mio. Mitgliedern in Österreich. Damit die Kundenkarte für ein junges, sportaffines Publikum attraktiv bleibt, gibt es sie seit drei Jahren als Intersport-App – mit der man auf der einen Seite beim Einkaufen Punkte sammeln kann, aber gleichzeitig auch Rabatte für den sofortigen Einkauf bekommt. Das ist eine Win-win-Geschichte, die wir auch kontinuierlich weiterentwickeln, da bleiben wir dran – und da steht bei uns auch immer im Vordergrund, dass der Kunde auch wirklich profitiert.
medianet: Ein Alltagstrend, auf den Intersport reagiert hat, ist das Radfahren – Stichwort ‚Firmenradl'. Was steckt da dahinter?
Koll: Firmenradl ist eine eigene Business-Unit bei uns, die Arbeitnehmern ermöglicht, über ihre Arbeitgeber ein Dienstrad auf Leasingbasis zu beziehen, das bequem in monatlichen Raten vom Bruttogehalt abgezogen wird. Der Anmeldeprozess ist einfach: Unternehmen registrieren sich über das Online-Portal, die Mitarbeiter können ihr Dienstrad direkt bei einem von über 900 Fahrradhändlern ihrer Wahl aussuchen – schnell und effizient. Abhängig vom Kaufpreis, Gehalt und Laufzeit können dabei Einsparungen von bis zu 35 Prozent erzielt werden. Und das funktioniert gut, wir haben aktuell in Summe schon deutlich über 25.000 Räder im Umlauf.
medianet: Mit welcher Entwicklung rechnen Sie 2025 – im Sportfachhandel generell und bei Intersport im Speziellen?
Koll: Wenn man den Markt gesamt betrachtet, gehe ich von einer weiteren Konsolidierung aus. Wenn man wiederum auf Produktebene geht, gibt es natürlich Themen, die weiter an Relevanz gewinnen werden – bei den Skischuhen ist das zum Beispiel das BOA-System, ein neues Verschlusssystem, das bei uns sehr stark wächst. Im Fitnessbereich wiederum gibt es den ‚Hyrox'-Trend, ein innovativer und ganzheitlicher Fitnessansatz, wo etwa Puma als Partner sehr stark dahinter ist. Im digitalen Bereich wiederum sind die Wearables weiterhin ein wachsender Trend, der auch querbeet in allen Sportarten Einzug hält und im Training wie in der Performance ein hilfreiches Tool ist. Kurz gesagt, uns wird nie langweilig und wir versuchen auch stets, dem Kunden etwas Neues zu bieten. Was das Geschäftsjahr von Intersport betrifft, kann ich nur sagen, wir sind sehr gut gestartet, die Wetterbedingungen waren bisher optimal, das merkt man auch an den Buchungszahlen; wir werden sehen, was das Frühjahr bringt, aber ich bin optimistisch, dass 2025 ein gutes Jahr für uns wird.