MÜNCHEN / ZÜRICH. Der deutsche Online-LEH soll laut einer Prognose des Beratungsunternehmens Bain bis 2026 auf rd. 14 Mrd. € wachsen, was dem 2,1-fachen Spitzenwert während der Lockdowns der vergangenen Jahre entspricht. In den USA soll das Marktvolumen im selben Zeitraum auf umgerechnet 170 Mrd. € steigen, was einem noch steileren Anstieg entspricht. Die Wachstumskurven anderer Länder variieren je nach Potenzial und Marktreife, doch zeigen sie überall steil nach oben.
„Der Online-Lebensmittelhandel hat sich rund um den Globus zu einem milliardenschweren Wachstumsmarkt entwickelt, denn immer mehr Menschen nutzen die Lieferservices auch nach den coronabedingten Lockdowns”, erklärt Miltiadis Athanassiou, Bain-Partner und Co-Autor der den Prognosen zugrundeliegenden Studie. „Die jüngsten Investitionen in die Sofortlieferdienste bedeuten aber keineswegs, dass die neuen Anbieter zwangsläufig die Oberhand gewinnen.” Vielmehr stünden alle Marktteilnehmer vor der gleichen Herausforderung: sich im Wettbewerb zu behaupten und langfristig profitabel zu sein. Drei Faktoren gelte es dabei zu berücksichtigen.
Omnichanneller im Vorteil
Trotz der Bequemlichkeiten des Internets kaufen die allermeisten Onlineshopper weiterhin parallel im klassischen LEH – in Frankreich gelte dies etwa für 93% der Kunden, im in puncto Online-LEH weit entwickelten China sind es noch immer 89%. Die etablierten Handelskonzerne, die über ein Omnichannel-Profil verfügen, profitieren entsprechend von ihren Größenvorteilen und einer engen Kundenbindung, argumentieren die Studienautoren. Darüber hinaus würden die Hersteller „den Handelsketten oft günstigere Konditionen als den Start-ups” bieten, konstatiert Marie-Therese Marek, Associate Partner bei Bain. Trotzdem müssen die etablierten Anbieter „angesichts der Agilität und des immensen Daten-Know-hows der Herausforderer” wachsam bleiben.
Es muss sich ausgehen
Alles steht und fällt mit der Profitabilität: Diese zu verbessern, sei die große Herausforderung aller Marktteilnehmer. Sogenannte Darkstore-Modelle – gemeint ist der Direktverkauf aus dem Warenlager – würden sich flächendeckend nach wie vor noch nicht rechnen; Sofortlieferdienste müssen demnach anstreben, den Umsatz pro Bestellung zu steigern, ihre Lieferfrequenz zu erhöhen und zu erwägen, ihren Angebotsmix auf Non-Food auszubauen. Die Empfehlungen für die Omnichanneller – sich von den neuen Marktteilnehmern Gebühren und Mindesteinkaufsvolumen abzuschauen – beherzigten die heimischen E-Vollsortimenter (Interspar, Billa, Unimarkt) bereits seit Anfangstagen.
Effiziente Abwicklung
Um sich langfristig im Wettbewerb zu behaupten, „benötigen die Lebensmittelhändler für ihre Wachstumspläne unterschiedliche regionale Modelle, die sich nach der Bevölkerungsdichte des Einzugsgebiets richten”, meint Marek. Zusätzlich zu den Click-and-Collect-Lösungen im stationären Geschäft sollten sie sich „stärker auf eine automatisierte Auftragsabwicklung bei Zusammenstellung und Verpackung der Produkte konzentrieren”. (red)