••• Von Anna Muhr
Neue Technologien machen die Welt komplexer. Auch der Einzelhandel ist von dieser Entwicklung nicht ausgenommen. So treten mittlerweile zahlreiche Fragestellungen bei vergleichsweise einfachen Vorgängen, wie dem Kauf neuer Kühlregale, auf. Obwohl Wissensdefizite in der Branche vorliegen, bleibt die Forschung allgemeinverständliche Antworten schuldig. „Diese Lücke möchte ich mit der aktuellen Studie zur Effizienz von Kühlregalen füllen”, erklärt Jürgen Steinmaßl die Motivation.
Untersucht wurde für die Studie etwa, wann es Sinn macht, Kühlregale auszutauschen und welches Sparpotenzial dadurch möglich ist. Es zeigte sich, dass sich ab einem Strombedarf von 4.650 kWh/lfm pro Jahr (LEH) bzw. 5.150 kWh/lfm pro Jahr (Discounter) ein Austausch besonders lohnt.
Neu ist nicht gleich effizienter
Bei einem Zeithorizont von 15 Jahren und 20 laufenden Metern Kühlregal liegt der Kapitalwert der Investition bei etwa 83.000 € und darüber. „Das Sparpotenzial ist also nicht zu unterschätzen, allerdings raten wir davon ab, Kühlregale per se in der Annahme auszutauschen, dass neue Modelle automatisch die Energiekosten senken würden. Unsere Untersuchungen haben mitunter das Gegenteil gezeigt. Wir schätzen, dass ein Austausch bestehender Kühlregale ohne vorherige Messung des tatsächlichen Strombedarfs in rund 15 Prozent der Fälle zu einer Fehlentscheidung führen und in weiteren 40 Prozent unter einer Kapitalverzinsung von 15 Prozent liegen würde”, so Steinmaßl. Neuere Kühlregale weisen zwar tendenziell einen geringeren Strombedarf auf als die älteren Generationen, die Spreizung beim Strombedarf von neuen Kühlregalen ist dennoch sehr hoch. Es gilt also, vor dem Kauf alle Angaben kritisch zu hinterfragen und die unterschiedlichen Strombedarfe miteinander zu vergleichen. „Insgesamt rund 45 Prozent der Regal-Altbestände sollten aus wirtschaftlicher Sicht allerdings umgehend ausgetauscht werden”, schätzt Steinmaßl auf Grundlage der Studienergebnisse.
Türen schaden nicht
Im Hinblick auf die Energieeffizienz von Kühlregalen ist die Frage der Verglasung mithilfe von Türen nach wie vor aktuell. „Es wird mitunter vermutet, dass Türen vor Kühlregalen zu Umsatzeinbußen führen. Diese Befürchtung ist unbegründet. Tendenziell ist sogar das Gegenteil zu erwarten”, stellt Steinmaßl klar und erklärt weiter: „Durch Türen vor den Kühlregalen herrscht ein besseres Raumklima im Markt, offene Kühlregale entfeuchten die Raumluft. Der Aufenthalt im Kühlbereich wird für die Kunden also angenehmer.”
Zur Frage, ob eine nachträgliche Installation von Türen an bestehende Kühlregale sinnvoll ist, stellt Steinmaßl fest: „Das Nachrüsten von Türen ohne gesonderte Überprüfung der Gegebenheiten vor Ort kommt einem betriebswirtschaftlichen Blindflug gleich. Wir gehen davon aus, dass rund 30 Prozent der bisher in den Märkten nachgerüsteten Türen wirtschaftlich nicht vertretbar sind.”
Falls das Nachrüsten mit Türen nicht infrage kommt, gibt es die Möglichkeit, den Energiebedarf signifikant zu senken. Eine über den Besucherstrom angepasste Lüftungsanlage kann den Strombedarf offener Kühlregale stark beeinflussen, da der Energiebedarf der Regale primär von der Feuchte der eindringenden Umgebungsluft bestimmt wird. Je wärmer sowie feuchter die Luft im Verkaufsraum, desto höher ist der Energieaufwand zur Kälteerzeugung.
Licht als wichtiges Element
Neben dem Marktklima sind auch Beleuchtung und Design entscheidend für die Wirtschaftlichkeit. Hier gilt das Motto: Licht verkauft! Dementsprechend müssen eine hohe Farbbrillanz und gleichmäßige Warenausleuchtung gewährleistet sein; moderne LED-Lampen sind dafür besonders geeignet. Sie benötigen für dieselbe Helligkeit weniger Strom als konventionelle T5- oder T8-Leuchtstoffröhren, haben bei niedrigen Temperaturen aber einen höheren Wirkungsgrad und vermeiden ein Vergrauen der Ware, da Infrarot und UV-Lichtanteile weitgehend fehlen.
Auch hier sollte auf die Wirtschaftlichkeit geachtet werden, da laut Steinmaßl gern überhöhte Preise angesetzt werden. „Sind diese jedoch angemessen, sollten neue Kühlregale ohne Ausnahme mit LED-Beleuchtung ausgestattet werden”, so der Unternehmensberater.
Kältemittel immer teurer
Bei der Frage nach den energieeffizientesten Kühlmöbeln muss auch die F-Gase-Verordnung bedacht werden, insbesondere sofern noch Kälteanlagen mit dem Kältemittel R404A/R507/R134a betrieben werden. Die drastischen Preissteigerungen bei den Kältemitteln haben bereits 2017 begonnen. Die Umstellung auf Ersatzkältemittel (z.B. R407F) wird dringend empfohlen. Für Neuanlagen sollten vorrangig natürliche Kältemittel berücksichtigt werden.
„Die neue Studie zeigt, dass oft noch sehr unwirtschaftliche Systeme genutzt werden. Zudem stellten wir fest, dass die Investition in neue Geräte ohne intensive Überprüfung im Vorfeld nicht immer lohnend ist”, so Steinmaßl abschließend.