••• Von Paul Hafner
Die Coronakrise hat komplexe Auswirkungen auf den Handel. Vor allem Händler, die im E-Commerce nicht gut oder gar nicht aufgestellt sind, müssen angesichts der Geschäftssperre um ihre Existenz bangen. Die bis zuletzt fröhlich expandierende norwegische Sportkette XXL Sports & Outdoor verkündete etwa die Beurlaubung von 200 Mitarbeitern in Österreich (und 1.000 weiteren international) infolge von „schweren Verkaufseinbußen”, Modehändler H&M will wegen eines „deutlich negativen Effekts auf den Umsatz in März” die Dividendenzahlung für 2019 aussetzen.
Gleichzeitig erweist sich die Krisensituation für einige Branchen, Händler und Produkte als Goldgrube – ein explosionsartigen Plus bei der Nachfrage verzeichnen nicht nur Hygieneprodukte und Konserven.
Elektronikbranche im Aufwind
Die Preisvergleichsplattform Geizhals.at hat Händler-Clickouts – also wenn User im Preisvergleich auf einen auf Geizhals gelisteten Händler klicken – im Zeitraum von 4. bis 10. März mit jenen im Zeitraum von 11. bis 17. März verglichen.
Ein Nachfrageplus von 50% binnen sieben Tagen bei Monitoren, Druckern und Docking Stations hängt nach Interpretation von Geizhals-Sprecher Michael Nikolajuk klar mit der Forcierung des Homeoffices zusammen, ebenso wie ein gigantisches Plus von 1.000%, das es bei der Nachfrage nach Webcams gibt – die Folge sind starke Preisanstiege und Lieferschwierigkeiten.
Während sich die Nachfrage nach Smartphones und Fernseher um ein Fünftel verringert hat, boomen Spielekonsolen wie Sonys PlayStation 4 (+194%), Microsofts Xbox One (+121%) und Nintendos Switch (119%) – ein zentraler Grund dürften die Schulschließungen sein.
Auch Hersteller von Fitness-Geräten werden in Lieferschwierigkeiten gebracht: Da auch Fitnesscenter zubleiben müssen, holt man sich die Fitness nach Hause – Rudergeräte erweisen sich mit einer Nachfragesteigerung von 346% als sehr populär.
Pimp my Home
Nicht nur Büro, Sport und virtuelle Spielewelten ziehen in den heimischen vier Wänden ein, die Menschen rüsten auch ihre Küche auf – so entdecken etwa viele den Bäcker in sich: Die Nachfrage nach Brotbackautomaten ist um 400% gestiegen; krisenfest wappnen sie sich außerdem mit Gefriergeräten (+299%) und erweitern die Erste-Hilfe-Box um Fieberthermometer (+191%).
Die starke Nachfrage bei Desinfektionsmitteln ist übrigens in Folge von Lieferengpässen und enormen Preisanstiegen schon wieder am Zurückgehen (–27%); ein Plus von 219% bei Hundefutter zeigt, dass die Österreicher auch für ihre geliebten Vierbeiner zum Hamster mutieren.
Auch für den krabbelnden Nachwuchs wird gesorgt, ein Plus von 60% bei den Windeln nimmt sich dabei vergleichsweise dezent aus; allerdings sind Drogerien bekanntlich von der Geschäftssperre ausgenommen und die stationäre Versorgung mit Babyartikeln gesichert.
LEH im Leo
Der Lebensmitteleinzelhandel zählt neben den Apotheken – die eine erhöhte Anfrage bei Paracetamol und Vitaminpräparaten spüren – zu den wenigen Ausnahmen der Geschäftssperren. Während in Asien manchernorts der Reis knapp wird, gibt es hierzulande dank hohem Selbstversorgungsgrad bei tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln keine Engpässe zu befürchten.
Billa, Unimarkt und Interspar stellen Einkäufe flächendeckend in ganz Österreich (Billa und Unimarkt) bzw. in Ostösterreich und Salzburg (Spar) zu. So gefragt ist die Heimzustellung, dass die frühesten Lieferfenster bei allen dreien ortsabhängig zwischen einer Woche und einem Monat variieren.
So stellte Billa zuletzt um die 2.500 Bestellungen täglich zu und bemüht sich, die Zahl auf 5.000 zu erhöhen – vor der Krise seien es rund 1.000 gewesen. Abcashen kommt aber nicht infrage; so versichert Rewe Österreich-Chef Marcel Haraszti: „Die Lebensmittelpreise werden nicht steigen. Wir nutzen diese Situation nicht aus.”