WIEN. Der große Entwicklungsschub an Neueröffnungen von Outlet Centern in Europa scheint vorläufig vorbei zu sein, wie eine aktuelle Analyse der Unternehmensberatung ecostra zeigt. Die Ergebnisse seien für Marktbeobachter „durchaus überraschend, denn keine andere Vertriebsform des Einzelhandels zeigt bislang eine vergleichbare Immunität gegenüber dem Online-Handel“. Auch sei keine andere stationäre Vertriebsform bislang besser durch die diversen Krisen der letzten Jahre gekommen. Nach wie vor melden – von nur wenigen Ausnahmen abgesehen - die Betreiber der Outlet Center kontinuierlich steigende Besucherzahlen und wachsende Umsätze. Und trotzdem gibt es nur wenige Neuentwicklungen von Outlet-Standorten in Europa.
Uneinheitliches Bild: Gesättigte Outlet-Märkte und Länder mit Ausbaupotenzialen
„Eine in verschiedenen Ländern durchaus zu beobachtende Marktsättigung bei den Fabrikverkaufszentren reicht als Erklärung hierfür nicht aus“, konstatiert ecostra-Geschäftsführer Joachim Will. Das Wiesbadener Wirtschaftsforschungsinstitut analysiert seit über 20 Jahren die Entwicklung dieser Vertriebsform in den Ländern Europas. Will: „Auch in England, das seit Jahren als gesättigter Markt gilt, werden weiterhin neue Outlet Center entwickelt. Dazu gibt es noch einige Länder, wie beispielsweise Deutschland, Frankreich und Polen, in denen eindeutig noch Ausbaupotenziale vorhanden sind. Von Marktsättigung also keine Spur! Die Ursache liegt vielmehr in dem Umstand, dass die bislang expansivsten Projektentwickler und -betreiber ihre Standortneuplanungen entweder weitgehend eingestellt oder den Fokus auf andere Kontinente verschoben haben.“ Dies treffe auf den europäischen Marktführer McArthurGlen ebenso zu wie auf Value Retail und den spanischen Betreiber Neinver, die noch vor kurzem den europäischen Markt aufgemischt haben.
Wachwechsel: Etablierte Akteure verabschieden sich, neue Player betreten den Markt
Neue Player rücken jedoch in diese Lücke nach, wenngleich nicht mit derselben Schlagzahl an Standortplanungen. So das französische Unternehmen Frey SA, das bislang in der Entwicklung von Fachmarktzentren tätig war und nun mit dem Kauf des viertgrößten Outlet Betreibers ROS Retail Outlet Shopping schlagartig zu einem der Big-Player des europäischen Outletmarktes aufgestiegen ist. Ebenso die Dommermuth Outlet GmbH des gleichnamigen deutschen Internet-Milliardärs, deren Erweiterungsplanung des Outlet Centers in Montabaur kurz vor der Baugenehmigung steht und deren Genehmigungsverfahren zum Neubau eines solchen Centers in Remscheid bereits weit fortgeschritten ist. Auch in Bulgarien betritt mit Trinity Capital ein Unternehmen den Outlet-Markt, das bislang nur als Investor und Betreiber von Shopping- und Fachmarktzentren bekannt war. Trinity Capital hat bereits die Genehmigung in der Tasche, ihren bestehenden und bereits erfolgreichen Retail Park im Osten der Hauptstadt Sofia um einen Outlet-Bereich zu erweitern. Die Eröffnung ist für 2026 vorgesehen. In Frankreich hat der bislang auf Bürozentren spezialisierte Entwickler „La Companie de Phalsbourg“ im Mai 2018 in Villefontaine bei Lyon sein erstes Outlet Center eröffnet, das vom Start weg sehr erfolgreich war. Jetzt plant das Unternehmen an der Côte d'Azur bei Antibes ihr zweites Center.
Fehlende Dynamik: Stagnierende oder sogar rückläufige Bestandszahlen
Trotz einzelner Neueröffnungen und Schließungen zeigt sich im Outlet-Markt insgesamt nur wenig Bewegung. Wie die Ergebnisse aus der ecostra-Grundlagenforschung belegen, befinden sich derzeit 195 Outlet-Center mit einer gesamten Verkaufsfläche von rund 3.215.330 m² in Europa in Betrieb. Sowohl die Anzahl der Center als auch die Gesamtfläche sind im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufig.
Als Gründe nennt Will unter anderem die Schließung des „Neo Plaza Outlet Village“ bei Nikosia auf Zypern, das aufgrund mangelnden Erfolgs den Betrieb eingestellt hat. Auch das „Brandcity Outlet Center“ am Stadtrand von Moskau ist aus dem Markt ausgeschieden. Die Bewertung von Objektdaten in Russland ist derzeit besonders schwierig, da aus diesem Markt kaum verlässliche Informationen vorliegen.
In den vergangenen zwölf Monaten wurden lediglich zwei neue Outlet-Standorte eröffnet: die Outlet-Ebene im huma Shoppingcenter in Sankt Augustin (bei Bonn) Ende November 2024 sowie das Designer Outlet Kraków in Polen Ende Mai 2025.
Aktivität im Bestand: „Trading up“, Flächenerweiterung und neue Nutzungskonzepte
Bei bestehenden Outlets in Westeuropa sind aktuell vor allem qualitative Veränderungen sichtbar. Die Architektur neuer Center entwickelt sich weg von verspielten Kulissenbauten hin zu modernen Formen – ein Beispiel ist das 2023 eröffnete Designer Outlet Giverny bei Paris. Gleichzeitig findet ein gestalterisches „Trading up“ statt, etwa durch hochwertigere Materialien und aufgewertete Platz- und Grünflächen.
Auch im Markenmix zeigt sich eine zunehmende Ausdifferenzierung. Besonders Value Retail positioniert sich erfolgreich im Premium- und Luxussegment. Zudem bauen viele Center ihr gastronomisches Angebot aus oder erweitern gezielt um neue Nutzungselemente: So etwa die Outletcity Metzingen, die durch den Bau von Hotels samt Tagungsangeboten die Aufenthaltsdauer verlängern will. Darüber hinaus setzen zahlreiche Center auf Flächenerweiterungen, um ihr Markenportfolio zu vergrößern.
Transaktionsmarkt: Seltene „Juwelen“ werden in Paketen verkauft
Während die Expansion der Outlet Center nach der Boomphase zwischen den Jahren 2010 und 2020 nun in ein ruhigeres Fahrwasser eingeschwenkt ist, zeigt sich der Transaktionsmarkt als sehr lebhaft. Mit einem Transaktionsvolumen von etwa 1,9 Mrd. € wurde im vergangenen Jahr 2024 der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 2016 übertroffen. Allein im 1. Quartal 2025 wurden Outlet Center im Wert von knapp 0,9 Mrd. € gehandelt. Angetrieben wird dieses Transaktionsgeschehen von augenscheinlichen Liquiditätsengpässen auf Investorenseite, welche sich offensichtlich aus dem (Re-)Finanzierungsbedarf anderer Anlagesegmente ergeben haben. Will: „Wir können nur vermuten, dass dies bei Hammerson so war, welche 2024 ihre Anteile an den Value-Retail-Standorten und damit die Juwelen aus ihrem Portfolio an einen Fonds der LVMH-Eigentümerfamilie Arnault abgaben. Auch der Anfang 2025 erfolgte Verkauf der beiden, mit Luxusmarken belegten ‚The Mall‘-Outlet Center in San Remo und bei Florenz durch den französischen Kering-Konzern an die amerikanische Simon Property Group dürfte wesentlich durch den Finanzierungsbedarf bei der Kering-Marke Gucci ausgelöst worden sein. Solche Top-Center werden ansonsten nur äußerst selten zum Verkauf gestellt. Da muss es schon besondere Gründe geben.“

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