Seoul: Einkaufen in der Zukunft
RETAIL 17.02.2015

Seoul: Einkaufen in der Zukunft

MCommerce Kunden der südkoreanischen Tesco-Kette Homeplus kaufen ihre Milch mit dem Smartphone in virtueller Mall in der U-Bahn-Station

Südkoreaner lieben digital retail vor allem wegen Service und Zeitersparnis.

Seoul. Wer wissen will, was sich bei den digitalen Einkaufspraktiken Neues tut, der muss in den Flieger steigen. Denn das Test-labor für digital retail liegt in Seoul – der Hauptstadt jenes Landes, in dem bereits zwölf Prozent des Einzelhandels über das Smartphone abgewickelt werden.

Eines vorweg: Das Land verfügt über die schnellsten Internetanschlüsse überhaupt. In manchen Regionen surfen die Leute mobil mit einen Gigabit pro Sekunde – eine Geschwindigkeit, bei der das Einkaufen noch mehr Spaß macht. Eines der meistzitierten Best Practice-Beispiele ist der virtuelle U-Bahn-Shop von Homeplus, einer zu Tesco gehörenden, süd-koreanischen Supermarktkette. Die Firma hat mitten in der Passage riesige digitale Bildschirm-Säulen aufgebaut, auf denen wechselnde Produkte zu sehen sind.Werbung, so möchte man auf den ersten Blick meinen. Doch die Koreaner stehen an den Displays und richten ihr Smartphone auf einen QR-Code unter das jeweils gewünschte Produkt. Was dann passiert, klingt ein wenig nach Zukunftsmusik: Eine App entschlüsselt die Daten, und die Waren landen im virtuellen Einkaufskorb des Kunden. Dann gibt er an, zu welchem Zeitpunkt er die Ware geliefert haben will – wobei es mitunter möglich ist, dass sie zur selben Zeit zu Hause ankommt wie der U-Bahn-Fahrer.

Kein Suchen am Bildschirm

Ursprünglich war der virtuelle U-Bahn-Laden nur als Werbegag gedacht, um den Onlineshop von Homeplus zu promoten, erinnert sich Lee Kwang Yeol, der eMarketing-Chef bei Homeplus. Doch als die Zahl der Onlinekunden plötzlich in die Höhe schnellte, erkannte man, dass man gut daran täte, noch weitere Geschäfte zu eröffnen. Auch an der App für den derartigen Einkauf wird weitergetüftelt. Das Sortiment der Online-Mall am Handy baut sich immer passgenauer nach den Bedürfnissen des Users auf; sprich: Das, was er meistens kauft, wird angezeigt, damit er das Milchpackl, die Croissants und den Saft nur mehr mit einem Tipser in den Warenkorb zu legen braucht. Gesucht werden muss immer weniger.

„Wir haben doch keine Zeit!”

Warum gerade die Südkoreaner für digitale Lösungen derart aufgeschlossen sind, erklärt der lange Jahre bei einem großen Elektronikkonzern beschäftigte Manager Vito Berger: „Bei den Koreanern geht es immer um die Zeit, nämlich weil sie keine haben. Und sie haben einen ausgeprägten Servicegedanken.” Daher habe sich ein unglaublicher Wettbewerb entwickelt, was das Zuliefern aller möglichen Waren und Dienstleistungen betrifft. Außerdem arbeiten sie immer daran, ihre Services zu verbessern. „Wenn du in Seoul Essen bestellst und es wird nicht innerhalb einer halben Stunde geliefert, dann musst du es nicht zahlen”, gibt Berger ein Beispiel. Den virtuellen Markt von Homeplus hat er auch oft und gern genutzt. (no)

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