••• Von Georg Sohler
Die Gründe, warum Konsumenten Alternativen zu tierischen Produkten bevorzugen, sind individuell: Wer keine Laktose verträgt, trinkt gerne Haferdrinks; wer auf geschlachtete Tiere, aber nicht den Geschmack des Schnitzels verzichten will, kauft Alternativprodukte, die oft ein „v” im Namen enthalten, um darauf hinzuweisen, dass keine tierischen Produkte enthalten sind. Der Anteil an Menschen, die sich ausschließlich ohne Tierprodukte ernähren, variiert je nach Umfrage, liegt aber im einstelligen Bereich. Hinzu kommt, dass öffentliche Stellen empfehlen, weniger tierische Produkte zu konsumieren. So manche Alternative kommt dem Original auch schon sehr nahe; auch das kann eine Rolle spielen, warum sich der Lebensmitteleinzelhandel freut.
Verena Wiederkehr, Head of Plant-Based Business Development, untermauert mit NielsenIQ-Zahlen die Relevanz der veganen Produkte: „Im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel stieg der Absatz pflanzlicher Fleischprodukte 2024 um rund 22 Prozent, jener pflanzlicher Milchprodukte um rund elf Prozent. Diese Kategorien wachsen umsatzmäßig deutlich stärker als tierische Produkte.”
Das ist nicht nur bei Billa der Fall. „Wenn wir vom veganen Sortiment im Sinne der Fleisch- und Milchalternativen sprechen, handelt es sich um einen wachsenden Markt. Wir haben bei MPreis im Vorjahr einen positiven Trend bei der Mengenentwicklung festgestellt, der sich auch in diesem Jahr fortsetzt”, sagt Ingo Panknin, Mitglied der MPreis-Geschäftsführung und dort für Einkauf & Category Management zuständig.
Spar hat seine „Veggie”-Linie bereits 2012 eingeführt. Wichtig allerdings: Die Produkte sind teils nur vegetarisch und somit kommen nicht alle Produkte ohne tierische Erzeugnisse aus. Sie kommt dennoch bestens an, wie Unternehmenssprecherin Nicole Berkmann wissen lässt: „Die Linie erreichte 2024 ein Umsatzplus von fast 13 Prozent und ist damit auch die Eigenmarke, die am stärksten gewachsen ist. Das ist also ein starkes Zeichen dafür, dass sich die veganen Produkte sehr gut entwickeln.” Demnächst werden zudem weitere Neuheiten aus der Eigenproduktion unter Spar Veggie und unter S-Budget auf den Markt kommen.
Rund 1.000 Produkte
Dass vegane Ernährung auch, aber nicht nur ein Phänomen für urbane, vornehmlich jüngere Menschen ist, beweisen die Diskonter Hofer und Lidl. Erstere erklären auf Anfrage, dass man über 800 vegane Artikelsorten über das Jahr verteilt anbietet, zweitere geben an, über das Jahr mehr als 1.000 vegane Produkte zu haben.
Bei Hofer verkaufen sich vegane Produkte, Obst und Gemüse, aber auch Protein- und Bio-Artikel im Jänner besonders gut, der Anteil des veganen Sortiments ist da laut Unternehmensstatement „um ca. 15 Prozent höher als in den restlichen Monaten. Mit dem Start der Fastenzeit erlebt der Trend aktuell einen erneuten Aufwind.” Dabei achtet man sowohl auf den gewohnten günstigen Preis, als auch auf neue Produkte. Lidl wiederum hat bereits seit zwei Jahren eine Strategie für „Bewusste Ernährung” erarbeitet und sich darin, wie auf Anfrage mitgeteilt wird, „ganzheitliche, verbindliche Ziele gesetzt. Dabei orientieren wir uns an der ‚Planetary Health Diet', einem wissenschaftsbasierten Ernährungsmodell, das die ökologischen Grenzen unseres Planeten mit dem Anspruch einer möglichst gesunden Ernährung für alle in Einklang bringt.”
Ziel ist es, dass der Anteil an pflanzlichen Proteinquellen (Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen sowie vegane Alternativprodukte) im Vergleich zu tierischen Proteinquellen (Fleisch, Wurst, Fisch, Eier) auf 20% bis 2030 steigt (derzeit: 12,9%) und damit zu einem sogenannten „Protein-Shift” beiträgt.
Ein Zukunftsmarkt
„Da die Themenbereiche vegane Ernährung, Nachhaltigkeit und Tierwohl unter Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen und verstärkt im urbanen Bereich an Bedeutung gewinnen, dürfte dieser Trend anhalten”, meint Panknin. Das ist auch durch diverse Zahlen belegbar; eine Marketagent-Umfrage ergab etwa, dass sich rund ein Fünftel grundsätzlich vorstellen kann, vegan zu leben. In der Generation Z liegt der Anteil potenzieller Veganer sogar bei 35%, bei den Babyboomern hingegen nur bei 17%.
Gerade jenem, die es sich vorstellen können, helfen die Ersatzprodukte: Lidl hat beispielsweise im vergangenen Jahr die Preise von ausgewählten pflanzlichen Produkten langfristig an tierische Vergleichsprodukte angepasst, um „für Gleichberechtigung auf den Tellern zu sorgen.”
Mehr in der Pipeline
„Die Verdopplung der Pflanzilla-Welten und die Einführung neuer pflanzlicher Produkte wie der Vegavita-Schnitzelsemmel zeigen, dass wir weiter am Ausbau des pflanzlichen Sortiments arbeiten”, unterstreicht Wiederkehr die Unternehmensstrategie. Man bietet auch im Bereich Frische Convenience neue Sorten pflanzlicher Sandwiches mit Co-Brandings beliebter Hersteller, nämlich Planted und Bettafish. Spar wiederum hat u.a. mit dem veganen Leberkäse einen Coup gelandet.
Auch MPreis, Lidl und Hofer verweisen darauf, dass man laufend neue Produkte einführen werde. Denn, so Wiederkehr abschließend: „Bis zu 50 Prozent zählen sich zur Gruppe der Flexitarier. Damit sind die Flexitarier bereits die größte Zielgruppe für rein pflanzliche Produkte.”
Entsprechend gilt: Wer Visch sagt, darf durchaus auch Fleisch essen.