WIEN. Das Institut für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) hat sich daher die Frage gestellt „inwieweit eine Sonntagsöffnung im stationären Einzelhandel von der Wiener Bevölkerung überhaupt genutzt werden würde?“ 63 % der Wiener Bevölkerung würden am Sonntag zumindest hin und wieder einkaufen gehen 23 % der Wienerinnen und Wiener (16-74 Jahre) würden bei entsprechenden Möglichkeiten sicher (auch) Sonntage für ihre Einkäufe im stationären Einzelhandel nutzen. Weitere 40 % würden wahrscheinlich ab und zu an Sonntagen einkaufen gehen. Damit würden in Wien deutlich mehr Konsument (63 %) eine Sonntagsöffnung nutzen als in den weiteren Bundesländern (48 %)
Das Interesse am Sonntagseinkauf nimmt mit zunehmendem Alter der Konsument in Wien deutlich ab
Während 74 % in der Generation Z (Geburtsjahre 1997 bis 2012) gerne auch am Sonntag im stationären Einzelhandel in Wien einkaufen würden, sinkt das Interesse am Sonntags-Shopping mit steigendem Alter deutlich. In der nächstälteren Generation Y (Geburtsjahre 1981 bis 1996) trifft dies auf 67 % zu. 56 % der Wiener in der Generation Y (Geburtsjahre 1956 bis 1980) würden zumindest ab und zu an Sonntagen einkaufen gehen. Bei den Babyboomers (Geburtsjahre 1946 bis 1964) können sich nur mehr 53 % einen Sonntagseinkauf vorstellen
Generation Z würde generell gerne am Sonntag in Wien einkaufen gehen. Für Generation Y verspricht die Sonntagsöffnung vor allem mehr Ruhe beim Einkaufen, weil
es unter der Woche zeitlich schwierig ist, einkaufen zu gehen. Generation X argumentiert, dass in vielen europäischen Ländern/Städten die Geschäfte auch am Sonntag
geöffnet sind. Und die Wiener Babyboomer sprechen sich vor allem für eine Sonntagsöffnung aus, weil so der Wiener Einzelhandel unterstützt werden könnte (im Wettbewerb
mit Online-Anbietern).
37 % der Wiener würden den Sonntag nicht zum Einkaufen nutzen, die Argumente gegen eine Sonntagsöffnung differieren wieder nach Generationen. Der Hauptgrund gegen einen Sonntagseinkauf ist für die Babyboomer, dass geschlossene Geschäfte am Sonntag in Österreich bzw. Wien zur Kultur gehören. Generation X ist der Meinung, dass auch die Mitarbeiter im Einzelhandel am Sonntag frei haben sollten. Für Generation Y ist der Sonntag eher ein Familien- und kein Einkaufstag. Wenn für Konsument der Generation Z Sonntags-Shopping keine Option ist, dann liegt es vor allem daran, dass sie Sonntage für andere Aktivitäten (Sport, Kultur, etc.) nutzen
möchten.
Sonntagseinkauf ist v.a. im Supermarkt gewünscht
Der Sonntagseinkauf spielt überraschenderweise beim Kurzfristbedarf eine zentrale Rolle. 54 % der Wiener würden am Sonntag gerne Lebensmittel einkaufen gehen. Auf Platz 2 findet sich der Wunsch nach einem Sonntagseinkauf in Drogerien/Parfümerien, die ebenfalls zum Kurzfristbedarf zählen (für 27 % relevant). Danach folgen bereits die modischen Branchen (Bekleidung 27 % und Schuhe 23 %). Der Langfristbedarf mit Elektroartikel, Möbel sowie Bau- und Heimwerkerbedarf ist aus Sicht der Konsument in Wien beim Sonntags-Shopping hingegen weniger relevant.
Interessant ist, dass Generation Y im Vergleich der Alterskohorten häufiger Mode (Bekleidung/Schuhe) am Sonntag einkaufen würde, die Babyboomer verstärkt Langfrist-
bedarf (Bau- und Heimwerkerbedarf sowie Möbel) und die jüngeren Generationen Y und Z vor allem Kurzfristbedarf (Lebensmittel und Drogerieprodukte).
Resümee: Shopping am siebten Tag der Woche: Segen, Fluch oder Standortvorteil?
„Wien tickt anders – und will am Sonntag shoppen. Nirgendwo sonst ist das Interesse der Konsument an einer Sonntagsöffnung so groß. Doch macht eine Ladenöffnung am 7. Tag der Woche überhaupt Sinn? Ohne Plan entsteht ein harter Wettbewerb, bei dem vor allem große Player gewinnen. Wien könnte dabei kleinere Städte leerfegen – der Wien-Sonntagsausflug zur neuen Einkaufsroutine werden. Für Wien wäre die Sonntagsöffnung auch touristisch ein Signal – aber die Spirale aus Expansion und Verdrängung würde sich schneller drehen“, interpretiert Dr. Ernst Gittenberger die Analyseergebnisse.
„Unsere Studienergebnisse spiegeln die Perspektive einer Anspruchsgruppe wider: der Konsument. Doch zu den „Betroffenen“ zählen auch Arbeitnehmer, Familienmitglieder, Gemeindemitglieder, etc.. Eine Ausdehnung der bestehenden
Ladenöffnungszeiten betrifft das ganze soziale Gefüge: Freizeit, Wochenstruktur, Arbeitswelt. Wer gewinnt? Wer verliert? Das entscheidet nicht der Handel oder die Konsument – sondern die Gesellschaft, u.a. Angestellte, (kleine) Unternehmer, Kirche, Familien, als Ganzes. Und vielleicht ist das, was wir aktuell
haben, näher am Optimum als gedacht. Denn jede Veränderung hat einen Grenznutzen – und auch einen Preis. Wer nur auf Wünsche hört, läuft Gefahr, das Gleichgewicht aus den Augen zu verlieren“, ergänzt Institutsvorstand Christoph Teller.
