Wiesbauer setzt auf jüngere Zielgruppe
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RETAIL daniela prugger 07.12.2018

Wiesbauer setzt auf jüngere Zielgruppe

Ist Fleisch noch zeitgemäß? „Ja”, sagt Wiesbauer-Chef Thomas Schmiedbauer, und erklärt im medianet-Interview, warum.

••• Von Daniela Prugger

Er sei noch immer begeistert vom Fleisch, sagt Wiesbauer-Geschäftsführer Thomas Schmiedbauer, und versuche diese Leidenschaft direkt an den Nachwuchs weiterzugeben. Die Sorge, diesen in Zukunft nicht mehr zu finden, bringt die gesamte Branche ins Schwitzen.

 

medianet: Herr Schmiedbauer, woher kommt diese Faszination für Fleisch und Wurst?
Thomas Schmiedbauer: Als Sohn von KommR Karl Schmiedbauer bin ich mit Fleisch und Wurst aufgewachsen. Von ihm habe ich nicht nur die Begeisterung für Fleisch und Wurst, sondern auch für unsere Produkt-Spezialitäten ‚geerbt' und tue nun alles, um diese Begeisterung auf unsere Mitarbeiter und Kunden sowie den familiären Nachwuchs zu übertragen.

medianet: Haben Sie eigentlich ein Lieblingsprodukt aus Ihrem Sortiment?
Schmiedbauer: Das ist eine schwierige Frage. Die Top-Marke ‚Bergsteiger', weiters das ‚Salzburger Scherzl' und unser ‚Birkenrauchschinken' sowie eine weitere, ganz besondere Köstlichkeit unseres Hauses, der ‚Wurzelspeck'.

medianet: Wie steht es um den Beruf des Fleischers? Wie hat er sich in den vergangenen Jahren verändert und welche Anforderungen werden an den Nachwuchs gestellt?
Schmiedbauer: Das Thema ‚Fachkräfte und Lehrlinge' entwickelt sich derzeit zum größten Problem in der Branche. Man findet am Markt kaum mehr gut ausgebildete Fachkräfte, die den ständig wachsenden Anforderungen unserer Branche gewachsen sind. Damit verbunden, beobachten wir auch, dass aus anderen Branchen (z.B. Pharmaindustrie) unsere Fachkräfte abgeworben werden.

medianet: Inwiefern haben Sie Schwierigkeiten, Lehrlinge zu finden?
Schmiedbauer: Wiesbauer gehört traditionell zu jenen Unternehmen am Markt, die viel in eine optimale Lehrlingsausbildung investieren. Viele der heute für das Unternehmen arbeitenden Fachkräfte haben bereits die Lehrlingszeit bei Wiesbauer absolviert. Jedoch nimmt die Zahl der jungen Menschen ständig ab, die die Minimalvoraussetzungen für eine Lehre mitbringen. Da aber davon die Zukunft unserer Branche abhängig ist, geht Wiesbauer in der Lehrlingsausbildung neue, innovative Wege und bietet interessierten, die Minimalvoraussetzungen erfüllenden Jugendlichen maßgeschneiderte Lehrlingsausbildungen.

medianet: Wenn man sich die aktuellen Food- und Lebensmitteltrends ansieht, scheint der Trend hin zu Slow-Food wieder zuzunehmen. Inwiefern wirkt sich das auf die Produktgruppe Wurst- und Fleischwaren aus? Und ist ein Fokussieren auf Slicer-Produkte nicht eigentlich ein Schritt in die andere Richtung?
Schmiedbauer: Ich bin überzeugt davon, dass unsere Produktphilosophie, innovative Spezialitäten, die bestens schmecken und von hoher Qualität sind, am Markt anzubieten, in das Schema von Slow-Food gut hineinpasst.

 

medianet: Trotzdem geht der Ernährungstrend in Richtung ‚weniger Fleisch'. Inwiefern ­spüren Sie diese Entwicklung? Und wie treten Sie dem ent­gegen?
Schmiedbauer: Im Gegensatz zu dem von Ihnen genannten Ernährungstrend können wir feststellen, dass es immer mehr Konsumenten gibt, die im LEH gern Produktspezialitäten kaufen, die die vorher genannten Eigenschaften aufweisen.

medianet:
Welches Image hat Fleisch und Wurst als Lebensmittel der Zukunft? Welche Innovationen treiben die Branche voran und wo setzten Sie Akzente?
Schmiedbauer: Wenn es der Branche – so wie uns – gelingt, nicht ausschließlich auf Preis und Masse, sondern auf Kreativität, Qualität und Geschmack zu setzen, mache ich mir über die Zukunft keine großen Sorgen. Wiesbauer hat mit der vor zwei Jahren überaus erfolgreich eingeführten Produktlinie ‚Haubenküche für zu Hause' bewiesen, dass es möglich ist, auch neue, zum Teil jüngere Zielgruppen für Fleisch zu begeistern.

medianet:
Woher kommen denn heute die Rohstoffe, also das Fleisch, das Wiesbauer verarbeitet?
Schmiedbauer: Um die hohe Qualität und den besten Geschmack seiner Produkte zu gewährleisten, kauft Wiesbauer sein Fleisch ausschließlich bei speziell ausgesuchten Anbietern – nach Möglichkeit von österreichischen Betrieben (AMA-Betriebe).

medianet: Wie hoch ist der Exportanteil, und in welchen Ländern ist die Nachfrage besonders hoch?
Schmiedbauer: Der Exportanteil von Wiesbauer Wien liegt bei etwas über 50 Prozent, wobei der überwiegende Teil davon am deutschen Markt umgesetzt wird.

medianet: Sie haben einen Onlineshop für hochwertige Fleischspezialitäten. Wie viele Bestellungen erhalten Sie im Schnitt pro Woche, und welche Produkte werden bevorzugt online eingekauft?
Schmiedbauer: Die Anzahl der Bestellungen ist je nach Saison sehr unterschiedlich. Zum Beispiel wächst während der Grillsaison die Anzahl der wöchentlichen Bestellungen auf rund 400; Fleisch aus Österreich ist dabei sehr beliebt, aber auch US-Rindfleisch hat bereits viele Online-Käufer.

medianet: Wie hoch ist der aktuelle Umsatz von Wiesbauer im Vergleich zum Vorjahr?
Schmiedbauer: Der Wiener Betrieb innerhalb der Wiesbauer Holding AG erzielte im Jahr 2017 mit 105 Mio. Euro (2016: 97 Mio. Euro) erstmals einen Umsatz von mehr als 100 Mio. Euro. Die gesamte Wiesbauer Gruppe (Wiesbauer Wien, Wiesbauer Gourmet, Metzgerei Senninger, Wiesbauer Dunahus) konnte im Jahr 2017 den Gesamtumsatz auf 190 Mio. Euro (2016: 178 Mio. €) steigern.

medianet:
Und welche Erwartungen haben Sie diesbezüglich für das kommende Jahr?
Schmiedbauer: Im Jahr 2018 wird die Wiesbauer-Gruppe beim Umsatz die 200 Mio.-Euro-Grenze erstmals übertreffen.

medianet: Wie stark ist denn die Bedeutung des E-Commerce in Ihrem Geschäft? Wie groß ist der Online-Anteil am Gesamtumsatz?
Schmiedbauer: Da Wiesbauer Gourmet als führender Fleischlieferant seinen Fokus eindeutig auf die Belieferung der Gastronomie legt, ist der Online-Umsatz, gemessen am Gesamtumsatz, klarerweise nicht so hoch. Aber wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden.

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