Zehn Jahre Pizza Pronto mit Flair
© Vapiano (6)
Die Idee Basis des Konzepts von Vapiano: die Frische in den Zutaten und in der Zubereitung. In jedem einzelnen Vapiano weltweit werden Pasta, Pizzateig sowie Soßen selbst hergestellt, zum Teil mitten im Gastraum, in der gläsernen Mani­fattura.
RETAIL Thomas Hoisl 04.03.2016

Zehn Jahre Pizza Pronto mit Flair

2006 eröffnete Österreichs erster Vapiano – heute hat Wien ­weltweit die meisten Filialen. CEO Philipp Zinggl zieht Bilanz.

••• Von Thomas Hoisl

„Va-piano”– zu deutsch „langsam gehen” – soll für italienische Gelassenheit stehen. Bei der Restaurant-Kette, die ursprünglich in Deutschland beheimatet ist, ging es dabei in den letzten Jahren aber selbst alles andere als langsam zu. Innerhalb kurzer Zeit expandierte die Restaurant-Kette offensiv in über 30 Länder und ist heute zwischen Shanghai und Chicago 161 Mal vertreten. Vor allem in Wien vollzog Vapiano eine rasante Entwicklung und der Standort ist mittlerweile vielleicht sogar der wichtigste überhaupt – hier eröffnete am Westbahnhof die 100ste Filiale, hier stellt man in der Wien Mitte-Mall den weltweit größten Betrieb, hier gibt es mit sieben Restautants auch zahlenmäßig die meisten Vapianos.

Am Anfang war der Bagel

Philipp Zinggl ist Country-Manager für Österreich und die Schweiz und als solcher oberster Verantwortlicher des Unternehmens im Land. Er selbst führte und eröffnete auch die erste Filiale außerhalb Deutschlands, nämlich in der Theobaldgasse im sechsten Wiener Bezirk. Praxis sammelte der Unternehmer in den 1990ern noch in der amerikanischen Hotelbranche und versuchte sich – zurück in ­Österreich – am Aufbau einer eigenen Bagel-Kette. „Mit all den Schwierigkeiten und Fehlern”, schmunzelt er heute, „vor allem aber mit einer Vielzahl an lehrreichen Erfahrungen.” Über das ­Bagel-Business ergab sich dann auch der Kontakt zu den Gründern des damals jungen Vapiano-Konzepts. Nach einem Besuch in der Hamburger Ur-Filiale war er von der Geschäftsidee – italienische Küche, urbanes Design und innovatives Bezahlsystem – dann restlos überzeugt. „Es war eine coole ­Atmosphäre, gute Vibes und damals auch absolut am Puls der Zeit.” Für eine mögliche Expansion ins Nachbarland Österreich ließ sich Zinggl jedenfalls schon einmal vormerken – im Jahr 2006 war es dann so weit.

Eat Pasta, Run Fasta

Frisch, schnell, schick – drei Schlagworte, an denen man sich von Beginn an orientiere. „Wir arbeiten nicht mit Convenience Food, sondern ausschließlich mit frischen Zutaten.” Sechsmal die Woche komme der Gemüselieferant, und in jedem Standort werden täglich eigens Saucen, Pasta- und Pizzateig zubereitet – eine Zentralküche oder eine andere Verarbeitungsstelle gebe es nicht, jeder Betrieb arbeite für sich. Dazu komme die Schnelligkeit der Systemgastronomie: Bei Vapiano bestellt und bezahlt man per Chipkarte, zubereitet wird vor den Augen der Gäste und das Essen wird abgeholt, wenn der eigene Pieper läutet. „Ich hatte durchaus schwere Bedenken, dass die Wiener als Gewohnheitstiere mit diesem System nichts anfangen können”, meint der Geschäftsführer, „das hat sich dann aber doch nicht bewahrheitet.” Schnelles Essen habe aber natürlich auch seine Nachteile.

„Wenn man als größere Gruppe kommt und zusammen essen möchte, ist es vom Timing sicher nicht immer ganz passend”, kommentiert Zinggl. Konzepte, dem entgegenzuwirken, seien aber in Planung, heißt es. Wo man sich ebenfalls stets konsequent vom typischen Fast Food abheben wollte, ist das Design. „Da nehmen wir auf jeden Fall bei jeder Filiale viel Geld in die Hand.” So setze man vor allem auf natürliche Stoffe – viel Vollholz, breite Glasvitrinen, Marmor, dazu die ins Restaurant integrierten Olivenbäumchen. Beim Design arbeite man wiederum seit jeher mit dem Mailänder Star­architekten Matteo Thun zusammen. Renoviert werden die Standorte alle sechs bis neun Jahre, da heißt es dann aber vor allem „Evolution statt Revolution” – etwa hellere, leichtere, Möbel.

Evolution statt Revolution

Über die Jahre hinweg hat Vapiano versucht, auch die Speiseauswahl zu erweitern – um hausgemachte Dolci, diverse Antipasti, seit einiger Zeit auch Risotto und, ganz aktuell, Lasagne. Dominiert wird die Karte freilich aber immer noch von den Klassikern Pizza und Pasta – in verschiedenen Preisklassen, von einfach bis extravagant, stets aber eher unter dem Niveau der Einzelgastronomie.

„Wir wollten immer auch Dinge anbieten, die es sonst nirgendwo gibt”, spielt Zinggl besonders auf das Getränkesortiment an: Eistee von Arizona führte man jahrelang exklusiv; als dieser dann allmählich auch breiter erhältlich wurde, entschloss man sich kurzerhand, einen eigenen Eistee zu kreieren, mit „unerwartet gutem Absatz”, erklärt Zinggl. Daneben entwickle man Öle und Gewürze, die sich als Geschenks-Goodies anbieten. Viel Aufwand fließe aktuell auch in den IT-Bereich. „Da geht es uns vor allem um neue Bezahl- und Bestellfunktionen.” Auch im Delivery- und Pick-up-Bereich laufen in anderen Ländern schon Konzepte an. Auf flächendeckende, nationale Werbung habe man aufgrund der geringen Streuung von Vapiano in ­Österreich nie gezählt, Mundpropaganda habe sich da eher bewährt, heißt es. In puncto Marketing wolle man in Zukunft aber besonders auf Soziale Medien setzen.

Carbonara in Kairo

Die Betriebe von Vapiano gliedern sich in Eigenbetriebe, Franchise-nehmer sowie Joint Ventures. Dabei werden die Standorte in Wien und Graz direkt vom Mutterbetrieb geleitet, in Linz und Innsbruck – wo es gleich zwei Filialen gibt –, sind Franchiser am Werk. Aus den Bundesländern gebe es laut Zinggl laufend neue Anfragen, da müsse man aber im Einzelnen sehr genau prüfen. „Wir setzen bisher immer auf geräumige, großflächige Betriebe, da sind wir schon auf zumindest sechshundert Gäste pro Tag angewiesen.” Als bester Frequenzbringer habe sich inzwischen die Filiale bei Wien Mitte mit durchschnittlich 1.500 Gästen pro Tag etabliert. In Wien stehe man aktuell bei sieben Filialen, was weltweit Spitze ist. Geplant sei aber im kommenden Jahr auf jeden Fall ein achter Betrieb, danach sieht ­Zinggl noch Potenzial für drei bis vier weitere Standorte. „Es gibt international noch keine Hinweise, wann genug ist, ich schätze aber, dass wir uns nach momentaner Strategie wohl irgendwann bei 20 bis 25 (derzeit elf) einpendeln werden.”

So wie sich die Kette innerhalb Österreichs verbreitete, so expandierte man auch weltweit in den letzten Jahren rasant und besetzt mittlerweile Standorte in 33 Ländern – darunter Saudi-Arabien, Azerbaidschan, Ukraine, USA, Taiwan oder Mexiko. Das Konzept und das Design soll – so gut es geht –dabei überall dasselbe sein, den standardmäßigen Illy-Kaffee gibt es in Santiago de Chile, das San Pellegrino wird auch in Shanghai angeboten. Bei der Pasta Carbonara nimmt man in Kairo eben Rinder- statt Schweinespeck.
Ein entscheidender Name fehlt noch in der Liste der Länder, der aber wohl aus Kalkül: „Viele meinen, dass Italien so was wie die Höhle des Löwen für uns wäre. Ich bin aber überzeugt, dass wir im Norden – etwa in Mailand – mit Sicherheit auch Erfolg hätten.” Als eines der anderen, letzten verbliebenen Länder in Europa wird als nächstes Spanien ins Visier genommen.

Mediale Schmutzkübel

In der raschen Expansion sieht Zinggl auch einen Grund, warum in den letzten Jahren von verschiendenen Seiten am Image von ­Vapiano gekratzt wurde. „Mit zunehmender Größe und Gewinn sind wir halt auch für die Medien interessanter geworden.” Kritik kam etwa auf, als es um einen fehlenden Betriebsrat im Unternehmen ging. „Darauf wurde bei uns längst reagiert, ein Betriebsrat existiert in Österreich. Dennoch wird das in den Nachrichten nach wie vor falsch kommuniziert”, entgegnet der Geschäftsführer; „eines muss man aber schon sagen: die Lohnnebenkosten in Österreich sind enorm, ganz generell entwickeln wir uns da mehr zum unternehmerfeindlichsten Land in der EU.”

Großen Schaden erlitt das Unternehmen, vor allem in Deutschland, durch etliche Berichte der Tages­zeitung Die Welt. Es ging um die Aussagen mehrerer ehemaliger Mitarbeiter, die von Umetikettierung der Ablaufdaten, von verdorbenen Zutaten berichteten. „Da versuchte man, einen Gammelfleischskandal hochzuspielen”, meint Zinggl; „dass so was aber System hat, ist einfach nur falsch und gemein gegenüber den vielen Mitarbeitern, die täglich ihr Bestes geben.” Unter Tausenden Angestellten könne es eben auch ein, zwei schwarze Schafe geben.
Umsatzmäßig sei man in Österreich aber trotz der aus Deutschland auch in die heimischen Medien überkochenden Berichte ganz gut davongekommen. Generell sieht sich Zinggl gut gewappnet für die nächsten Jahrzehnte: „Wir haben ein cooles Konzept, unsere Ausstattung macht uns langlebiger und es gibt etliche Studien, die voraussagen, dass die italienische ­Küche auch in den nächsten zwanzig Jahren die Nummer eins weltweit bleiben wird.”

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