LINZ. EU-Unternehmen stehen seit April vor neuen Herausforderungen im Handel mit den USA. Zusatzzölle auf Importe aus der EU, insbesondere 25% auf Fahrzeuge, Fahrzeugteile sowie Stahl- und Aluminiumprodukte, erfordern eine rasche Neuausrichtung der Exportstrategie. Zusätzlich wurde ein pauschaler Zoll auf alle EU-Waren angekündigt, vorerst aber für 90 Tage ausgesetzt. Ziel ist, politischen Druck für Neuverhandlungen auszuüben.
EU-Gegenmaßnahmen
Die EU reagiert mit einem dreistufigen Gegenmodell: In Stufe 1 wurden Zölle auf bestimmte US-Waren wie Zuckermais, Reis, Textilien, Glaswaren und Motorräder reaktiviert. Stufe 2 sieht Zölle auf weitere Industrieprodukte vor. Ab Dezember sollen in Stufe 3 weitere Lebensmittel und andere Güter folgen.
Sollten die Verhandlungen mit den USA scheitern, plant die EU zusätzliche Zölle auf Flugzeugteile, Chemikalien, Maschinen und Agrarprodukte. „Die US-Zusatzzölle stellen exportorientierte Unternehmen vor konkrete operative und strategische Herausforderungen. Wer jetzt nicht handelt, riskiert Margen- und Marktverluste in den USA”, warnt Peter Pichler, Steuerberater und Partner bei LeitnerLeitner. Unternehmen müssten Lieferbedingungen, Vertragsklauseln und Zollverantwortlichkeiten dringend prüfen. Entscheidend sei, wer in den USA als zollrechtlicher Importeur gelte – das bestimme, wer die Zölle zahlt und ob diese weiterverrechnet werden können.
Ursprungsland zählt
Besondere Bedeutung kommt dem Warenursprung zu. Maßgeblich ist nicht das Ausfuhr-, sondern das Ursprungsland der Ware. Werden etwa chinesische Waren in der EU zwischengelagert, gelten sie bei der Einfuhr in die USA weiterhin als chinesisch und unterliegen entsprechenden Zöllen. Eine präzise Prüfung des Ursprungs ist daher unerlässlich.
Zur Einschätzung der Auswirkungen sollten Unternehmen ihre Lieferketten durchleuchten, Zolltarifnummern und Ursprungsnachweise überprüfen und bestehende Verträge auf Preisänderungsklauseln analysieren. „Es ist von zentraler Bedeutung, dass Unternehmen die vertraglichen Vereinbarungen, den Warenursprung sowie die Zolltarifnummer der gelieferten Produkte genau überprüfen. Bei Unsicherheiten sollten sie ihre Verträge und Lieferketten von Fachleuten prüfen lassen”, empfiehlt Pichler.
Wie es weitergeht, ist offen. Ob die USA die angekündigten pauschalen Zölle tatsächlich einführen, bleibt abzuwarten. Auch die EU könnte bei Umgehungen aus Drittstaaten wie China nachziehen. Die Dynamik ist hoch. „Die internationale Handelspolitik ist anfällig geworden. Unternehmen müssen ihre Exportstrukturen dringend auf Resilienz und Flexibilität prüfen”, ergänzt Thomas Bieber von der JKU Linz. (red)
