FINANCENET
© Panthermedia.net/Peter Pike

Redaktion 18.10.2024

Volljährig heißt nicht immer auch „erwachsen”

Studie zeigt, ab wann sich die Österreicher flügge fühlen – das ist nicht ans Alter geknüpft, sondern ans Börsel.

••• Von Reinhard Krémer

Mit 18 Jahren wird man in Österreich volljährig, aber wann fühlen sich die Österreicher tatsächlich erwachsen? Knapp die Hälfte (46%) der jungen Menschen im Alter von 18 bis 29 Jahren in Österreich sagt von sich selbst: wenn man finanziell eigenständig oder aus dem Elternhaus ausgezogen ist. Ein gutes Drittel (35%) gibt den Berufseinstieg an, ein Fünftel (21%) nennt ein eigenes Haus bzw. eine Eigentumswohnung als Meilenstein.

Nur einer von zehn jungen Menschen (11%) gibt hingegen eine Eheschließung an. Für Frauen sind dabei, unabhängig von ihrem Alter, die erste Wohnung (53% vs. Männer 43%) und finanzielle Eigenständigkeit noch wesentlicher für das Erwachsenwerden als für Männer (Frauen 47%, Männer 42%). Zu diesen Ergebnissen kommt die Uniqa Finanzvorsorge-Studie 2024, die vom Marktforschungsinstitut Reppublika Research & Analytics durchgeführt wurde.

Nicht mehr an Papas Tropf

Mehr als zwei Drittel der in Österreich lebenden Menschen (68%) sehen junge Menschen auch in finanzieller Hinsicht als erwachsen, wenn das eigenständige Finanzieren von Wohnen, Lebensmitteln, Mobilität und weiteren (Fix-)Ausgaben ohne regelmäßige finanzielle Zuschüsse von Eltern oder anderen Personen möglich ist. Dieser Aspekt ist Frauen besonders wichtig: Fast drei Viertel (73%) stimmen dem zu, während bei den befragten Männern nur weniger als zwei Drittel (64%) dieser Meinung sind.

Hingegen ist für fast die Hälfte der Männer eine Vollzeitbeschäftigung eines der wesentlichsten Anzeichen für finanzielle Selbstständigkeit, aber nur für ein Drittel der Frauen (34%); sie legen wiederum mehr Wert darauf, sich nicht für Freizeitgüter (wie z.B. Kleidung, Elektronik oder Reisen) zu verschulden (Frauen 47%, Männer 42%).

Selbstbestimmt ist Trumpf

Drei Viertel (76%) der 18- bis 29-Jährigen beziehen ein Einkommen aus einer beruflichen Tätigkeit, 20% werden regelmäßig von ihren Eltern finanziell unterstützt.

Vier von zehn der jungen Personen (39%) geben an, sich ihr Leben nach eigener Einschätzung komplett selbst finanzieren zu können. Ein weiteres Drittel (32%) sagt, sich das eigene Leben zum Großteil selbst finanzieren zu können.
Nur knapp ein Zehntel der Befragten (9%) in der jungen Altersgruppe kann sich das Leben gar nicht selbst finanzieren, ein Fünftel (19%) gibt an, dass dies nur zum Teil möglich ist.
Knapp zwei Drittel der befragten jungen Erwachsenen fühlen sich (sehr) sicher beim Überblick über die eigenen Finanzen (64%) und bei der zeitgerechten Begleichung von notwendigen Zahlungen oder Rechnungen (63%).

Männer sicherer als Frauen

Beides gilt insbesondere für junge Frauen, sieben von zehn Befragte geben dies an (vs. Männer: sechs von zehn Personen).

Wenn es um das Beurteilen und Vergleichen von Finanzangeboten geht, sinkt der Wert jedoch auf ca. ein Drittel (35%) – hier fühlen sich junge Männer (39%) aber noch sicherer als junge Frauen (30%). „Es zeigen sich offenbar noch immer alte Stereotypen. Frauen fühlen sich für das ‚daily money management', früher bekannt als die Haushaltskasse, und Männer für Kreditverträge, Anlageformen oder Ähnliches zuständig”, sagt Bettina Fuhrmann, Leiterin des Instituts für Wirtschaftspädagogik sowie des Zentrums für Finanzbildung an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Was man sich wünscht

Die drei größten Wünsche der befragten 16- bis 60-Jährigen für die Zukunft, was Materielles oder Finanzielles betrifft, sind ein schuldenfreies Leben (50%), den aktuellen Lebensstandard halten zu können (43%) und viele Urlaube bzw. Reisen unternehmen zu können (35%). Zwei Prozent träumen von einem eigenen Boot.

Auch bei jungen Menschen steht das schuldenfreie Leben auf Platz 1 (43%). Überdurchschnittlich häufig wünschen sie sich genügend Geld, um die Familie unterstützen zu können (36%), Urlaube und Reisen stehen hoch im Kurs (35%), ebenso ein eigenes Haus mit Garten im Grünen (34%).
Nur eine von zehn der jungen Personen (9%) wünscht sich Luxusartikel wie etwa Luxus-Kleidung oder -Accessoires oder teuren Schmuck, junge Frauen sogar tendenziell noch weniger (7%). Finanzielle Vorsorge wird 2024 weiterhin als sehr wesentlich erachtet. Diese ist – wie auch schon 2023 – sieben von zehn (71%) der 16- bis 60-Jährigen wichtig. Vier von zehn (39%) der Befragten haben sich auch schon intensiv mit der eigenen finanziellen Vorsorge beschäftigt.
Der Anteil der Personen, die bereits konkrete Maßnahmen für ihre eigene finanzielle Vorsorge getroffen haben, ist ebenfalls leicht gestiegen (von 37% auf 40%), insbesondere unter Männern (von 40% auf 45%).

Wie man Geld anlegt

Am häufigsten genutzt werden Sparkonten bzw. Sparbücher (60%), gefolgt von Bargeld zuhause (38%) und privaten Lebens- bzw. Pensionsversicherungen (37%).

Bei den Anlageformen zeigen sich aber auch geschlechterspezifische Unterschiede: Frauen setzen demnach häufiger auf Sparkonten bzw. Sparbücher (63% vs. Männer: 57%). Fondsparen (Männer: 27%, Frauen: 19%), Aktien (Männer: 28%, Frauen: 13%).
Nur etwa ein Viertel der Befragten aller Altersgruppen schätzt das eigene Wissen zu Finanz- bzw. Veranlagungsthemen als (eher) hoch ein; der Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, wobei der Anstieg vor allem auf Männer zurückgeht.
Mehr als doppelt so viele Männer (32%) wie Frauen (15%) schätzen ihr Wissen nämlich als (eher) hoch ein. Umgekehrt bewerten 35% der Frauen, aber nur 22% der Männer ihr Wissen als (eher) niedrig.
„Wir sehen, dass Bewusstseinsbildung erfreulicherweise wirkt, wenn auch nicht von heute auf morgen. Darum sind die Initiativen der öffentlichen Hand im Schulsystem und nicht zuletzt die Beiträge der Finanzwirtschaft so wichtig und müssen intensiv fortgeführt werden”, sagt René Knapp, Vorstand Uniqa Insurance Group AG und zuständig für Personenversicherung.

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL