HEALTH ECONOMY
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Redaktion 17.02.2023

In Österreichs Spitälern fehlen 4.000 Arbeitskräfte

Aktuell sind in den Krankenhäusern Tausende Stellen unbesetzt. Das zeigt ein medianet-Rundruf.

••• Von Katrin Grabner

Der Fachkräftemangel hat Österreichs Spitäler weiterhin fest im Griff. Durch einen medianet-Rundruf wird klar, dass es laut Angaben der österreichischen Spitalsträger in deren Häusern aktuell um die 4.000 unbesetzte Stellen gibt – ein Großteil davon im Bereich Pflege. Die Konsequenzen sind seit Monaten spürbar: Im schlimmsten Fall mussten und müssen Betten oder sogar ganze Abteilungen gesperrt werden.

Die Gründe für den Personalmangel sind laut Spitalsbetreibern vielfältig: Auf der einen Seite schlage sich nach und nach die Pensionierungswelle der Baby-boomer nieder, auf der anderen Seite fehle es an passenden Rahmenbedingungen, um die Arbeit zu attraktivieren. In den Einrichtungen selbst werden daher Maßnahmen getroffen, um die Situation zu entschärfen.

Der Status quo

In den Landeskliniken Österreichs sowie in den Spitälern der Vinzenz Gruppe, der Elisabethinen und der Barmherzigen Brüder wird derzeit verstärkt nach neuem Personal gesucht. Denn in den Einrichtungen sind – über alle Berufsgruppen hinweg – bis zu sechs Prozent der Stellen unbesetzt. Spitzenreiter ist hier der Wiener Gesundheitsverbund (WiGev) mit 1.830 offenen von insgesamt 30.000 Stellen. Bei der Niederösterreichischen Landesgesundheitsagentur hingegen halte sich die Zahl mit aktuell um die 200 unbesetzten von 22.000 Posten bei unter ein Prozent in Grenzen.

Besonders betroffen sind österreichweit nach wie vor die Bereiche Medizin und Pflege. In den Vorarlberger Landeskliniken sind beispielsweise mit 30 offenen Stellen im ärztlichen Bereich rund 3,6% und mit 45 offenen Stellen in der Pflege rund zwei Prozent unbesetzt. Ein umgedrehtes Verhältnis zeigt sich in den Spitälern der Vinzenz Gruppe, dort sind mit Stichtag 14. Februar 2023 148 Stellen in der Pflege und 48 Stellen im Bereich Medizin ausgeschrieben. So oder so führt die Situation dazu, dass andere Mitarbeitende aushelfen und einspringen müssen – auch klinikübergreifend. Selbst pensioniertes Personal kommt zum Einsatz, wie es von der Oberösterreichischen Gesundheitsholding GmbH (OÖG) heißt, die laut eigenen Angaben aktuell nicht nur wegen der Suche nach Ärzten und Pflegekräften, sondern vermehrt wegen jener nach Lehrlingen sowie Betriebs- und Verwaltungspersonal vor Herausforderungen steht. Dazu kommen insgesamt Ausfälle aufgrund der aktuellen Grippewelle.
Von allen Spitalsträgern heißt es, dass eine Akutversorgung gewährleistet sei, planbare Leistungen müssen aber teilweise verschoben werden. Ebenso kommt es nach wie vor dazu, dass Betten gesperrt werden müssen. Von den Elisabethinen hört man hier, dass dies eine notwendige Maßnahme sei, um „das bestehende Team nicht zu ‚verheizen'”. Konkretere Zahlen liefern in diesem Fall die Salzburger Landeskliniken (SALK), in deren Einrichtungen mit Stichtag 10. Februar von insgesamt 1.860 rund 140 Betten gesperrt waren – mehr als 7,5%. Die Sperren würden sich durch alle Bereiche ziehen, es gäbe keinen Bereich, der komplett zu wäre.

Was jetzt getan wird

Um die Arbeitsbedingungen zu attraktivieren, ergreifen die Spitalsbetreiber unterschiedliche Maßnahmen. Betriebliche Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeitgestaltung sowie verstärkte Fort- und Weiterbildungsangebote werden so gut wie überall angeboten. Ebenso wird teils auf eine Modernisierung der Arbeitsplätze – sei es durch Baumaßnahmen oder Digitalisierung – und verstärkte Recruitingmethoden im In- und Ausland sowie über Social Media gesetzt.

Ein besonders wichtiger Punkt in puncto Recruiting ist außerdem der Ausbau von Ausbildungsmöglichkeiten für angehendes ärztliches Personal und Pflegekräfte. „Die Einrichtungen der Barmherzigen Brüder haben Konzepte entwickelt und umgesetzt, um bereits frühzeitig Kontakte mit den Studierenden, Schülerinnen und Schülern zu knüpfen, sie bestmöglich während ihrer Ausbildungszeit zu unterstützen und zu begleiten und sie letztendlich als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen”, sagt Barbara Mally, Pflegedirektorin der Barmherzigen Brüder Österreich. In einer sogenannten Nurse-Training-Unit können Studierende über mehrere Woche unter Supervision eine ganze Station führen, um so den Arbeitsalltag bestmöglich kennenzulernen. Die Burgenländische Krankenanstalten-GesmbH (Krages) wird wiederum gemeinsam mit der Danube Private University in Krems ein Praxiszentrum für Medizinstudierende im Burgenland etablieren. Beim WiGev sollen die Ausbildungsplätze im Bereich Pflege bis 2024 auf 4.100 aufgestockt werden.

Was noch getan werden muss

Um nachhaltige Lösungen zu finden, brauche es allerdings (weitere) Zugeständnisse der Politik, wie die Antworten der Spitalsträger zeigen. Dazu gehört laut der Mehrheit der Betreiber eine funktionierende niedergelassene Versorgung zur Entlastung der Krankenhäuser. Die Tirol Kliniken GmbH schlägt vor, dass Primäversorgungseinheiten auch von Spitalsträgern betrieben werden sollten, damit gewährleistet werde, dass „relevante kapazitätsbindende Leistungen patientennah erbracht werden”. Das Unternehmen spricht sich außerdem, wie auch die SALK, für eine Kompetenzerweiterung der Pflege aus. Die Barmherzigen Brüder halten eine Verlängerung der Frist für die Diplomausbildung in der Pflege, die 2023 ausläuft, für sinnvoll, um das Pflegepersonal zu entlasten.

Besonders harte Worte kommen von den Elisabethinen, die sich ein Ende der „Geiselhaft ‚nur mehr Geld ist besser'” wünschen. Der (Co-)Betreiber von vier Krankenhäusern setzt sich außerdem dafür ein, die Bundeskompetenzen zu stärken, um „Interessenkollisionen” zwischen Ländern und anderen Betreibern zu vermeiden.
Wie weit all diese Maßnahmen tatsächlich helfen können, wird sich zeigen. Der demografische Wandel unserer Zeit – weniger Erwerbstätige und gleichzeitig mehr alte und kranke Menschen – lässt sich kurzfristig nicht lösen und wird das heimische Gesundheitssystem auch in den kommenden Jahren vor Herausforderungen stellen. Funktionierende Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitsprävention scheinen laut mehrerer Spitalsträger unumgänglich.

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