••• Von Martin Rümmele
Jährlich erkranken in Österreich etwa 39.000 Menschen an Krebs, Männer etwas häufiger als Frauen. Für beide Geschlechter sind bösartige Tumore nach Herz-Kreislauferkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Zwischen 1994 und 2014 ist die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen von 34.000 auf 39.000 angestiegen, obwohl zugleich das Erkrankungsrisiko deutlich gesunken ist. Diese Entwicklung sei unter anderem eine Folge der demografischen Alterung sowie der steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung, sagt die Statistik Austria zum Weltkrebstag am Samstag. Im höheren Alter nimmt die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, zu. Durch verstärktes Screening und bessere Diagnosemethoden wird Krebs zudem öfter und früher erkannt. Ende 2014 lebten laut Statistik Austria 330.492 Menschen mit Krebsdiagnose in Österreich. Etwas mehr als die Hälfte aller neuen Fälle entfielen auf Darm-, Lungen-, Brust- oder Prostatakrebs.
Bessere Überlebenschancen
Bei rund 20.500 Personen führte im Jahr 2014 Krebs zum Tod. Das relative Fünf-Jahres-Überleben ist aber seit 1994 von 48 auf 61% gestiegen. „Das heißt, der Überlebensnachteil von Personen mit einer Krebserkrankung im Vergleich zur Gesamtbevölkerung verringerte sich von 52 Prozent auf 39 Prozent”, berichtete Statistik Austria. Bei Frauen war zum Erhebungszeitpunkt Brustkrebs (71.854) am häufigsten, gefolgt von Darmkrebs (19.474) und Gebärmutterkörperkrebs (13.724). Männer litten am öftesten an Krebserkrankungen der Prostata mit 59.584 Fällen, gefolgt von Darm (22.708) und Harnblase (11.436)
Vor allem die sogenannten zielgerichteten Krebsmedikamente und die neuen Immuntherapien revolutionieren derzeit die Chancen der Patienten. Doch die innovativen Therapeutika müssen erhältlich sein, Spezialisten werden benötigt. Patienten brauchen mehr Information und bessere Rückkehrmöglichkeiten ins Arbeitsleben, hieß es am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.
Noch nie zuvor habe es derart schnelle Fortschritte in der Medizin bezüglich der bösartigen Erkrankungen gegeben. „Derzeit sind rund 6.000 Medikamente in Entwicklung für onkologische Patienten”, sagte der Koordinator des Wiener Comprehensive Cancer Center (CCC) von MedUni Wien und AKH, Christoph Zielinski. Das bedeute zunächst einen enormen Bedarf an klinischer Forschung. Die Krebsmedizin benötige aber auch die notwendigen Spezialisten auf allen Gebieten. Schließlich müssten die innovativen Therapien auch für die Patienten erhältlich sein; sonst könnten die Spezialisten „so gescheit sein wie sie wollen”, meinte Zielinski.
Enorme Fortschritte
Zwei Beispiele für die Fortschritte nannte Manuela Schmidinger, Programmdirektorin für den Bereich Nierenzellkarzinome am Wiener AKH: Selbst bei Patienten mit fortgeschrittenem Blasenkrebs, die für eine herkömmliche Chemotherapie nicht mehr infrage kamen, konnte die durchschnittliche Überlebenszeit mit einem Immuntherapeutikum noch von sonst 6,9 auf 15,9 Monate erhöht werden. Nach einer Chemotherapie und dem Fortschreiten der Erkrankung stieg im Durchschnitt die Überlebenszeit noch einmal um fast ein ganzes Jahr. Beim Nierenzellenkarzinom ist in den vergangenen Jahren per zielgerichteter und immunologisch wirksamer Therapie eine Erhöhung der durchschnittlichen Überlebenszeit von 13 auf 75 Monate gelungen.
Das alles bedeutet aber auch einen völligen Umbruch der Gesamtsituation rund um Krebserkrankungen und die Betroffenen. „Die Onkologie war vor 20 Jahren einfach zu erklären”, sagt Gabriela Kornek, ärztliche Direktorin des Wiener AKH, Onkologin und Präsidentin der Initiative „Leben mit Krebs”. Heute müsse jeder Krebspatient von den jeweiligen Spezialisten im Team betreut werden. „Die Nebenwirkungen sind ganz andere geworden.” Es bestehe ein wesentlich erhöhter Informationsbedarf.
Enormer Aufwand
Enorm steigend ist auch der Forschungsaufwand der Industrie. „Krebs ist eine hochkomplexe Erkrankung, und oft liegen genetische Veränderungen vor, die man heute mittels modernster Technik identifizieren und damit therapeutische Ansätze ableiten kann”, sagt Wolfram Schmidt, Geschäftsführer von Roche Austria. Seit Jahrzehnten ist die Personalisierte Medizin als gemeinsame Unternehmensstrategie für Roche Pharma & Diagnostics fest in der Konzernstrategie verankert.