WIEN. Nachdem sie jahrelang Privatkunden gewesen waren, hat die UniCredit Bank Austria überraschend die Konten von zwei führenden russischen Investigativjournalisten und Geheimdienstexperten gekündigt. Zunächst sei im Juni das Konto seiner Gattin Irina Borogan, kurze Zeit später auch sein Konto gekündigt worden, erklärte der im britischen Exil lebende Andrej Soldatow gegenüber der APA und bestätigte einen Bericht der "Presse" (Online-Ausgabe) vom Freitagnachmittag.
Die Bank habe ihm und seiner Ehefrau Auskünfte über die Hintergründe dieser Entscheidung verweigert und lediglich von einer näher spezifierten "geschäftlichen Entscheidung" berichtet, erläuterte Soldatow. "Wir haben das Konto nie für Überweisungen aus Russland verwendet. Die Eingänge waren ausschließlich Honorare für Artikel und Bücher im Westen", sagte der prominente Autor von Standardwerken zu sowjetischen und russischen Geheimdiensten. Seit dem vergangenen Jahr befindet sich Soldatow wegen "Fakes" über die russische Armee auf einer Fahndungsliste des russischen Innenministeriums, damals sperrten russische Banken auch seine dortigen Konten.
Die österreichische Bank habe stets genau gewusst, wer seine Co-Autorin Borogan und er seien, betonte der Journalist und erzählte, dass man Bankmitarbeitern auch eines ihrer Bücher geschenkt habe. Nach Beginn der russischen Invasion der Ukraine habe man der Bank Dokumente über den Aufenthalt in England zur Verfügung gestellt. Noch im vergangenen Winter habe man zudem gemeinsam mit der Bank nach Möglichkeiten gesucht, um Geld für Stromgeneratoren in die Ukraine zu überweisen.
Auf APA-Anfrage wollte die Bank Austria "ohne förmliche Entbindung vom Bankgeheimnis" keine konkreten Angaben zum Beendigung ihrer Kundenbeziehung mit Borogan und Soldatow machen. "Die UniCredit Bank Austria ist als österreichisches Finanzinstitut verpflichtet, alle anwendbaren regulatorischen Anforderungen aus nationalen und EU-rechtlichen Quellen, speziell im Hinblick auf Finanzsanktionen, vollumfänglich nachzukommen", betonte ein Sprecher der Bank. Unter anderem umfasse dies das Verbot der Entgegennahme von 100.000 Euro übersteigenden Einlagen russischer Staatsbürger ohne Aufenthaltstitel in EU, EWR oder der Schweiz.
Letzteres dürfte sich freilich kaum auf Borogan und Soldatow beziehen."Wir hatten getrennte Konten und jeder von uns hatte einen Kontostand mit deutlich unter 100.000 Euro", versicherte Soldatow am Freitagabend.
Vor der Causa Borogan und Soldatow waren keine Fälle bekanntgeworden, in denen österreichische Banken die Kundenbeziehungen zu prominenten Kritikern von Wladimir Putin und seines Regimes beendet hatten. Probleme mit österreichischen Bankkonten hatten lediglich sanktionierte Personen sowie laut russischen Angaben Vertreter Moskaus. So beklagte im vergangenen Juni etwa das russische Außenministerium, dass eine österreichische Bank einem Mitarbeiter der Handelsvertretung in Wien die Eröffnung eines Kontos versagt habe.