Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
VERHÄLTNISMÄSSIG. Deutschland hat einen neuen Bundeskanzler. Österreich auch. Mit den beiden „Einspringern” Reinhold Mitterlehner und Hartwig Löger hatten wir deren acht in den vergangenen fünf Jahren, wobei drei davon allein im laufenden Jahr angelobt wurden. Olaf Scholz löst Angela Merkel nach einer Regierungszeit von 16 Jahren ab. Die „italienischen Verhältnisse”, vor denen der heimische Wähler immer wieder eindringlich gewarnt wird, wären somit – mit lediglich vier italienischen Ministerpräsidenten seit 2016 – ein durchaus erstrebenswerter Zustand.
Diese vermeintliche Stabilität unseres politischen Systems lassen wir uns auch einiges kosten: Die Parteien haben auf Bundes- und Landesebene heuer Anspruch auf zumindest 212 Millionen Euro an staatlicher Förderung. Biggest Spender ist der heimische Arbeitnehmer: Der Staat beansprucht nahezu die Hälfte der Arbeitskosten eines Durchschnittsverdieners für sich. Vermeintliche Zuckerl wie die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, bei gleichzeitig steigenden Defiziten der Kassen, werden den (nicht ohnehin privat) Versicherten noch mit ziemlichem Radau auf den Kopf fallen.
Die Rechnung für Corona-Kurzarbeit, Härtefallfonds, Fixkostenzuschuss, Umsatzersatz, Ausfallsbonus, Kreditgarantien, Steuerstundungen, Sonderkreditrahmen und die diversen Schutzschirme wird irgendwann auch beglichen werden müssen; Schätzungen für die Kosten der Pandemie (inkl. Einnahmenausfälle aus Abgaben) beliefen sich bis zum Sommer dieses Jahres auf mindestens 70 Milliarden Euro. Für die gesamtwirtschaftlichen Kosten von Covid-19 fehlt einstweilen – und eventuell auch langfristig – eine halbwegs haltbare Berechnungsbasis.
Kurz: Die Entgeltfortzahlung für die aus ihrer Funktion geschiedenen Regierungsmitglieder und deren Stäbe, das ist die gute Nachricht, sollte in diesem Kontext keine Kopfschmerzen bereiten. Das ist nämlich auch schon wurscht.
medianet wünscht fröhliche Feiertage! Wir lesen einander wieder am 14. Jänner 2022.