WIEN. Die Titelseiten von Österreichs Tageszeitungen sind gestern, Mittwoch 3. Mai, am "Tag der Pressefreiheit" leer geblieben. Die im Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) vertretenen Printmedien protestieren damit gegen die geplanten ORF-Novellen. In einem gemeinsam unterzeichneten Brief warnen die Zeitungsverleger, dass die Medienvielfalt in Österreich durch die von der Bundesregierung präsentierte Gesetzesreform "existenziell bedroht" sei. Zugleich wird eine Überarbeitung des ORF-Gesetzes gefordert.
Medienvielfalt sei ein Garant für Meinungsvielfalt, heißt es in dem an Bundeskanzler Karl Nehammer, die Mitglieder der Bundesregierung sowie des Nationalrats adressierten Schreiben, das am Mittwoch jeweils auf der zweiten Seite der Tageszeitungen veröffentlicht wurde. "Ohne Medienvielfalt gibt es keine Wahlfreiheit. Und ohne Wahlfreiheit keine liberale Demokratie."
Mit der geplanten Novelle erhalte der ORF "zusätzliche öffentliche Geldmittel sowie erheblich mehr Möglichkeiten, seine Aktivitäten und Angebote im digitalen Raum auszuweiten. Das ist gut für den ORF. Und schlecht für die Medienvielfalt." Mit mindestens 710 Millionen Euro an ORF-Beiträgen trete der öffentlich-rechtliche Sender "nun verstärkt in Konkurrenz zu den privaten journalistischen Medien", denen "damit jegliche Entwicklungsmöglichkeit in die Zukunft abgeschnitten" werde. "Die österreichische Medienvielfalt ist dadurch existenziell bedroht!"
Die Zeitungsverleger fordern deshalb "einem drohenden Meinungsmonopol entgegenzuwirken" und eine Überarbeitung des ORF-Gesetzes. Demokratie brauche Meinungsvielfalt, damit die Seiten nicht weiß bleiben, heißt es in dem Brief zum Internationalen Tag der Pressefreiheit abschließend. Die Chefredakteurinnen und Chefredakteure der Zeitungen flankierten den Protest mit Leitartikeln gegen das Gesetzesvorhaben.
Nicht leer blieb hingegen die Titelseite der Tageszeitung "Österreich", die mit der Schlagzeile "Stoppt die ORF Steuer" eine Petition gegen die vorgesehene Haushaltsabgabe gestartet hat. Ziel sei eine "unabhängige ORF-Reform und eine nachhaltige Finanzierung des österreichischen Medienstandorts", hieß es dazu in einer Aussendung. Die Petition könne man unter www.oe24.at/orf unterzeichnen. Eine Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Senders sollte über das Budget erfolgen, zudem sei in einem neuen ORF-Gesetz ein klarer öffentlich-rechtlicher Auftrag zu formulieren und ein parteiunabhängiger Aufsichtsrat zu installieren. Der private Medienmarkt müsse hingegen "gleichrangig" mit dem ORF gefördert werden. Und außerdem sei im Sinne der Medienvielfalt die "Wiener Zeitung" zu erhalten, und zwar über eine jährliche Förderung von 20 Mio. Euro - sofern die Tageszeitung zumindest 10.000 zahlende Abonnenten lukrieren kann.