WIEN. Die Telekom- und Rundfunkbranche entwickelt sich rasant vorwärts. Die laufend notwendigen Investitionen in die Infrastruktur - Stichwort Breitbandausbau - spießen sich am dafür nötigen Personal. "Bis 2030 fehlen 58.000 Personen, die hier zusätzlich benötigt werden", sagte der Ökonom Christian Helmenstein am Dienstag in einer Pressekonferenz in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Alleine beim Tiefbau gibt es laut Kammer nur begrenzt Personalressourcen.
"In Österreich sind die Tiefbaukapazitäten voll ausgelastet", bekräftigte Helmenstein. "Deshalb haben wir es mit dieser Kapazitätsrestriktion zu tun." Derzeit könnten 70 Prozent der Haushalte an ein gigabitfähiges Netz angeschlossen werden, aber 40 Prozent der Internetnutzer würden mobile Breitbandlösungen bevorzugen, umriss Haidvogel die Versorgung mit Telekom-Infrastruktur.
Der "Kampf um die Ressourcen beim Ausbau" sei eine der größten Herausforderungen der Branche, betonte der Obmann des WKÖ-Fachverbands Telekom-Rundfunk, Gerhard Haidvogel. Neben dem Fachkräftemangel sei die Inflationsentwicklung, mit der die beiden Bereiche wie andere Branchen auch kämpfen müssten, "sicherlich zwei der großen Themenblöcke, die die Branche fordern", hielt die Geschäftsführerin des Fachverbands, Helga Tieben, fest.
Im internationalen Vergleich gilt Österreich in der Telekommunikations- und Rundfunkbranche den Angaben zufolge als Billigland. Das moderate Preisniveau für die Dienstleistungen freue die Verbraucherinnen und Verbraucher. Gleichzeitig mache die vergleichsweise geringe Ertragsstärke die noch anstehenden enormen Investitionen für den Ausbau der Infrastruktur schwerer leistbar.
"Wir haben es mit einer Ausnahmesituation in Österreich zu tun - wir sind auf einem sehr niedrigen Preisniveau", merkte Helmenstein an. Das liege auch am "'First Mover Advantage' beim Mobilfunk und der starken Wettbewerbssituation mit drei großen Anbietern auf einem relativ kleinen Markt". Wettbewerb sei für die Konsumentinnen und Konsumenten "wohlstandserhöhend". Österreich sei "kein besonders ertragreicher Markt".
Gleichzeitig habe man es mit einem "enormen Wachstumspotenzial zu tun, was die Datenvolumina angeht". Ob die Branche selbst an diesem Volumenwachstum partizipieren und überproportionale Zuwächse erzielen könne, sei eine offene frage. "Das 'weiße Gold' des 21. Jahrhunderts sind Daten", so Helmenstein, der auch Vorstandsmitglied beim Wirtschaftsforschungsinstitut Economica ist.
Im Auftrag der Wirtschaftskammer erhob das Institut Daten zur volkswirtschaftlichen Relevanz des Telekom- und Rundfunksektors. Die direkte Bruttowertschöpfung der rund 1.200 Unternehmen der Branche erreichte den Berechnungen zufolge 2022 rund 7,2 Mrd. Euro - 6,5 Mrd. Euro davon entfielen auf die Telekommunikation, fast 690 Mio. Euro auf den Rundfunk. Den direkten Beschäftigungseffekt bezifferte Economica mit nahezu 49.000 Jobs, 43.000 davon in der Telekommunikationsbranche. Die Löhne und Gehälter, die dafür gezahlt wurden, erreichten ei Volumen von mehr als 2,6 Mrd. Euro, 2,3 Milliarden davon entfielen auf den Telekombereich. Der direkte fiskalische Effekt der beiden Sektoren habe im abgelaufenen Jahr mehr als 2,9 Mrd. Euro in Form von Steuern und Abgaben erreicht - 2,5 Milliarden davon entfielen auf die Telekommunikation.
Inklusive indirekter und induzierter Wertschöpfungsketten lag die Bruttowertschöpfung im Bereich Telekommunikation und Rundfunk laut Economica bei mehr als 11,2 Mrd. Euro, der Beschäftigungseffekt bei fast 102.000 Jobs, die Einkommenssumme bei 4,3 Mrd. Euro und der fiskalische Effekt bei nahezu 4,5 Mrd. Euro. Das entspreche dem Aufkommen der Mineralölsteuer, sagte Haidvogel.