••• Von Christian Novacek
Die Konsumenten schnaufen, leiden an „Inflationshysterie”, mit der die Teuerungswelle neuerdings assoziiert wird – und der Handel hat volle Kassen wegen der hohen Preise. Hat er?
„Grundsätzlich profitiert im heimischen Handel niemand von der Teuerungswelle, der Energiekrise und dem damit einhergehenden Kaufkraftverlust der Bevölkerung”, rückt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will die von vielen Konsumenten als Schieflage empfundene Situation gerade. Zwar hätten die heimischen Einzelhändler im Gesamtjahr 2022 einen Umsatz von rund 72,5 Mrd. € erwirtschaftet, was laut Statistik Austria auch für ein nominelles Plus von gar nicht mal leichtgewichtig dünkenden 8,1% steht, aber: „Inflationsbereinigt steht ein Minus von 0,8 Prozent zu Buche – und das im Vergleich zum holprigen Pandemiejahr 2021”, so Will. Der Lebensmitteleinzelhandel im Besonderen musste 2022 inflationsbereinigt gar einen Umsatzrückgang von 3,2% (siehe Grafik) verkraften.
Dein Freund, der Konzern
Inwieweit die Industrie die Marschrichtung hin zur Preissteigerung etwas zu voluminös vortrommelt, dazu äußert sich Will wie folgt: „Keine Frage, auch viele Produzenten sind massiv von den gestiegenen Rohstoffkosten betroffen. Daher haben wir auch Verständnis, wenn die Einkaufspreise für bestimmte Produkte moderat angepasst werden müssen. Kein Verständnis haben wir aber dann, wenn sich manche Konsumentinnen und Konsumenten Grundnahrungsmittel wie Mehl oder Nudeln nicht mehr leisten können, während internationale Lebensmittelkonzerne enorme Gewinne verkünden. Das ist nichts anderes als ‚Greedflation' – Inflation getrieben durch Gier.”
Bei Spar ordnet man das offenbar ähnlich ein und positioniert sich entsprechend: „Wir verhandeln hart mit den Herstellern”, sagt Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. „Bei den Produkten, bei denen wir wissen, dass die Rohstoffpreise nach unten gehen, akzeptieren wir auch keine weiteren Preiserhöhungen.”
Wer auch immer mit welcher Intention an der Preisschraube dreht – nützen sollte der Preisauftrieb im LEH vor allem den Diskontern. Bei Lidl sieht das Chef Alessandro Wolf mehr oder weniger pragmatisch: „Als Diskonter bieten wir immer schon ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis an. In der aktuellen Situation wird dieses Angebot selbstverständlich gerne angenommen. Vor allem unsere Eigenmarken entwickeln sich über alle Sortimentsbereiche hinweg gut. Die Teuerungen federn wir, so gut es geht, ganz im Sinne der Kundinnen und Kunden ab.”
Erste Anlaufstelle: Penny
Differenzierter gestaltet sich das Szenario, das Penny Österreich-Chef Ralf Teschmit ausbreitet: „Auch wir als Penny sind von der Teuerungswelle betroffen und mit Preissteigerungen seitens der Lebensmittelindustrie und bei Energiekosten konfrontiert; das spüren wir als Händler genauso wie unsere Kundinnen und Kunden”, stellt Teschmit klar. Aber: „Allerdings ist Penny Diskont und damit gerade in Zeiten der Teuerung und Inflation systembedingt erste Anlaufstelle für Kundinnen und Kunden aufgrund der sehr attraktiven Preisstruktur.”
Grundvoraussetzung für den derzeitigen Erfolg von Penny sei eine korrekte Weichenstellung, wie sie in den vergangenen Jahren vorgenommen wurde und die u.a. zu einem Fleischhauerservice geführt hat, wo heute in über 220 von rund 310 Penny-Märkten ausgebildete Fleischhauer arbeiten.
Weiters: „Wir haben einen klaren Fokus auf den Obst- und Gemüse-Bereich, wo unsere ‚Frischehelden' zweistündlich die Produkte prüfen und so höchste Qualität garantieren. Gleichzeitig bleiben wir unserer Linie als Markendiskonter treu und bieten neben starken Eigenmarken wie ‚Ich bin Österreich' oder ‚Echt B!o' ein umfassendes Sortiment bekannter Markenprodukte an.” Das neue Storekonzept unter dem Titel „Pennyversum” soll diese inhaltlichen Leistungen mit einem modernen Einkaufserlebnis inklusive besserer Orientierung im Markt und einer größeren Produktvielfalt verbinden.
Für Teschmit ist letztlich evident, dass sich das Vertrauen der Kunden „positiv in der Geschäftsentwicklung von Penny auswirkt und wir noch besser performen können als der Diskont-Wettbewerb”.
Hofer und die Preis-Volatilität
Das Schwergewicht in Sachen Mitbewerb lautet bekanntermaßen auf Hofer. Dort sieht man sich in Zeiten der Preis-Volatilität wohl gewappnet, denn wenn die Kunden nach Vertrauen und Verlässlichkeit suchten, wären sie beim Diskontprinzip naturgemäß richtig. „Diese starken und unabhängigen Eigenmarken machen 90 Prozent unseres rund 1.500 Artikel umfassenden Produktsortiments und damit den Erfolg von Hofer aus”, sieht das CEO Horst Leitner und reklamiert de facto eine Zukunft mit Marktanteilsgewinnen für sich, wenn er sagt: „Wir gehen davon aus, dass die Bevölkerung bei steigenden Preisen noch mehr unser gutes Dauertiefpreis-Angebot in Anspruch nehmen wird. Besonders bei Produkten im Preiseinstiegssegment registrieren wir aktuell eine sehr gute Kundennachfrage.”
Hohe Kosten, kleine Marge
Die Auswirkungen der hohen Inflation spürt jeder im alltäglichen Leben. Gerade für Händler sind explodierende Energiekos-ten bei einer angenommenen Gewinnspanne von ein bis zwei Prozent nicht unbedingt leicht zu stemmen. „Dennoch halten wir an unseren Prinzipien fest”, so Leitner, unter Anführung eines Credos: „Hofer bietet seinen Kundinnen und Kunden dauerhaft bestmögliche Qualität zum bestmöglichen Preis. Generell gilt, dass wir stets auch verbesserte Konditionen in unseren Verkaufspreisen berücksichtigen und einen Vorteil an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben. Steigende Energie- und Beschaffungskosten sind ein weltweites Phänomen, das den gesamten Markt betrifft, insofern kann sich auch Hofer nicht entziehen. Wir unternehmen allerdings alle Anstrengungen, diesen Faktor so gering wie möglich zu halten. Steigende Produktions- und Anschaffungskosten werden sehr lange von uns abgefedert, bis wir sie erst an Kunden in Form von Preisanpassungen weitergeben müssen. Entspannt sich die Situation am Markt wieder, geben wir etwaige Vorteile postwendend an unsere Kundinnen und Kunden weiter.”
Eigenmarken legen zu
Ob Diskont oder nicht, die Zuwendung der Konsumenten zur Handels-/Eigenmarke scheint gegessen: „Werden Produkte im Einkauf zu teuer, nimmt sie der Handel aus dem Sortiment und bietet Alternativen wie Eigenmarken”, so Will. Berkmann dazu: „Die Kunden wissen, dass sie keinen Grund haben, zum Diskonter zu gehen. Man kann bei Spar genauso günstig einkaufen. Ich sage nur: S-Budget.”