Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
RETOURKUTSCHE. Deutsche Reisewarnung für Vorarlberg, österreichische Reisewarnung für Prag, Belgien warnt vor Tirol, die Niederlande vor Innsbruck, alle warnen vor Wien … Angesichts sich häufender Reisewarnungen meldete sich am Donnerstag Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn zu den drohenden Folgen für die Tourismusbetriebe zu Wort: „Das sind dramatische Zahlen, die nun auf uns zukommen.” Eine Gegenstrategie von der Regierung fehle hingegen: „Das hat man verschlafen wie alles andere.”
Nun ja, verschlafen könnte der falsche Ausdruck sein. Das österreichische Außenministerium war seit Beginn der Corona-Pandemie recht freizügig mit Warnungen vor ausländischen Destinationen umgegangen. Inklusive der innerösterreichischen Bewegungseinschränkungen stellte der berühmte Bierdeckel eine Zeit lang der Österreicher gesetzlich erwünschten Mobilitätsspielraum dar. Den Sommerurlaub jedoch, den sollte man konsumieren. In der schönen Alpenrepublik. Urlaub im eigenen Land und Wertschöpfung „in der Heimat für die Heimat”.
Die deutschen Nachbarn hieß man auch willkommen. Massentests der Gastroangestellten sollten eine heimelige Atmosphäre garantieren – und einen Urlaub bei Freunden, ohne Einschränkungen; frische Bergluft – ungetrübt durch filternde Vermummung. Einige Verwegene fuhren doch in die Lieblingsurlaubsländer am Meer, schwärmten anschließend von Hygiene-druck und Maskenzwang.
Bald wusste man nicht mehr so recht, wer da jetzt offiziell schuld sein sollte an dem ganzen Desaster? Die Zum-Trotz-Urlauber, die Donaukanal-Sommerfrischler, die aufs Land strömenden Wiener, die Heimaturlauber, die Rückgeholten, die Zuagrasten, die flugreisenden Vaterlandsflüchter? Die Bundesregierung gab am Donnerstag einen Ausblick auf den Wintertourismus: „Skivergnügen ja, aber ohne Après- Ski”, sagte der Bundeskanzler. Einstweilen einmal. Und Wien hat nicht einmal Skipisten. Die Branche hat sich das nicht verdient.