WIEN. Die finanzielle Lage der privaten Haushalte hellt sich nur sehr langsam auf. Sowohl in Österreich als auch in der EU verharrt der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen der Konsumenten zur zukünftigen Finanzsituation weiterhin im negativen Bereich und beeinflusst so das Konsum- und Ausgabeverhalten negativ – das berichtet eine neue IHaM-Studie.
Nachhaltig graue Großwetterlage in den österreichischen und europäischen Haushalten
Im Oktober 2021 blickten demnach zum (bis dato) letzten Mal mehr Konsumenten in Österreich positiv als negativ auf ihre zukünftige Finanzsituation (Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen: +2 %-Punkte). Insbesondere in der Teuerungskrise ist der Saldowert deutlich nach unten gegangen bis zum Tiefststand von -28 %-Punkten im September 2022. Der Aufwärtstrend verläuft seitdem nur schleppend, zu groß ist die Verunsicherung der Konsumenten durch die anhaltend hohen Preise in vielen Lebensbereichen.
Die Entwicklungen in Österreich laufen weitgehend parallel zum EU-Raum. Am Ende des ersten Quartals 2023, im März liegen die Einschätzungen der Österreicher zur künftigen Finanzsituation bei -13 %-Punkten, im EU-27-Durchschnitt bei -11 %-Punkten. Bis zum Ende des II. Quartals hellt sich die finanzielle Lage der privaten Haushalte in Österreich nur sehr langsam auf und bleibt mit -10 %-Punkten (EU im Juni: -7 %Punkte) weiterhin im negativen Bereich. Anders ausgedrückt, die graue Großwetterlage in der Einschätzung der künftigen Finanzlage hält sich weiterhin hartnäckig in den Haushalten und wird somit auch in den kommenden Monaten das Konsumverhalten beeinflussen.
Geschrumpfte Haushaltsbudgets zuhause und im Urlaub
Die angespannte Finanzlage beeinflusst das Konsum- und Ausgabeverhalten weiterhin negativ:
- In der Hälfte der österreichischen Haushalte ist das verfügbare Budget für Einkäufe im Einzelhandel in den letzten drei Monaten gesunken
- Ebenfalls in jedem zweiten Haushalt werden größere Anschaffungen nach hinten verschoben bzw. gar nicht getätigt.
- 2 von 3 Konsumenten rechnen mit weiter steigenden Einzelhandelspreisen in den kommenden drei Monaten. Und ist die Teuerungskrise erstmals in den Köpfen der Konsumenten , bestimmt sie auch das Einkaufsverhalten.
- Aber nicht nur der Einzelhandel ist mit negativem Konsumklima und Kaufzurückhaltung der Konsumenten konfrontiert, die hohe Inflation fährt zum Teil auch in den Sommerurlaub mit. Ein Viertel der Urlauber:innen muss sich heuer bei den Urlaubsausgaben einschränken.
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West-Ost-Gefälle in den Einschätzungen zur finanziellen Lage
Am Ende des II. Quartals 2023 schätzen die Konsument:innen in allen Bundesländern ihre künftige Finanzsituation etwas besser ein als noch am Ende des I. Quartals.
Die Saldowerte aus positiven und negativen Einschätzungen im Juni 2023 zeigen dabei ein – wenn auch nicht großes – West-Ost-Gefälle zwischen -11 %-Punkten in Ober-, Niederösterreich sowie Burgenland und -7 %-Punkten in Tirol und Salzburg. In Salzburg fällt auch der Anteil der privaten Haushalte mit sinkendem Einkaufsbudget im Bundes- ländervergleich am geringsten aus, während in Ober- und Niederösterreich am häufigsten im Sommerurlaub gespart werden muss.
Fahler Sonnenstrahl inmitten der (finanziellen) Regenwolken
„Gute Nachrichten sehen anderes aus. Immer noch halten sich die negativen Einschätzungen der österreichischen und europäischen Konsumentinnen und Konsumenten zur finanziellen Lage zäh in den Statistiken. Das beeinflusst das Ausgabeverhalten und somit den Einzelhandel negativ und die Durststrecke wird auch in den kommenden Monaten anhalten. Die Konsumentinnen und Konsumenten stehen auf der Ausgabenbremse und das vor allem bei (mittel-)großen Anschaffungen. Bei solchen grauen Großwetterlagen im Konsumklima leidet entsprechend stark der Non-Food-Handel im Langfristbedarfssegment“, resümiert Ernst Gittenberger vom Institut für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) der Johannes Kepler Universität Linz.
„Der emphatische Grundtenor aus Gesprächen mit Expertinnen und Experten ist einhellig: Es hat schon einmal mehr Spaß gemacht Händlerin oder Händler zu sein. Leider kaum verwunderlich, dass immer mehr Handelsunternehmen – große wie kleine – den Mehrfrontenkampf zwischen gestiegenen Einkaufspreisen, Kostensteigerungen, Personalmangel und Kaufzurück- haltung verlieren. Unsere Analysen weisen vor allem darauf hin, dass es positiver Signale bedarf, um die negative Konsumstimmung in den Haushalten zu vertreiben. Die (nächstjährigen) Prognosen der Wirtschaftsforscherinnen und -forscher zur Inflation geben Hoffnung. Die Teuerungskrise ist aber erst vorbei, wenn auch die Konsumentinnen und Konsumenten davon überzeugt sind, dass sie vorbei ist“, ergänzt Christoph Teller, Instituts- vorstand des Instituts für Handel, Absatz und Marketing (IHaM).