WIEN. Dazu sollen künftig Supermärkte ab einer bestimmten Größe verpflichtend gewisse Verkaufspreise für diese Portale sowie für wissenschaftliche Einrichtungen leichter zugänglich machen, erklärte Kocher bereits am Freitag in Wien. Einen Lebensmittelpreisrechner von staatlicher Seite werde es aber keinen geben.
Der Gesetzesentwurf soll in den nächsten Wochen vorliegen. Grundsätzlich sei das Vorhaben mit dem grünen Koalitionspartner abgesprochen, Details müsse man aber noch klären, so Kocher. Bis Ende des Jahres soll das geplante Gesetz dann ins Parlament kommen.
Einen Lebensmittelpreisrechner von staatlicher Seite wie zuletzt in den Raum gestellt, wird es allerdings keinen geben. Mitte Mai hatte Kocher erklärt, die Einführung eines Lebensmittel-Preisrechners für Grundnahrungsmittel im Supermarkt und im Online-Handel soll "so rasch wie möglich" umgesetzt werden. Mitte Juli kündigte Kocher einen Vorschlag dazu bis zum Herbst an. Das Tool müsse jedenfalls "den Konsumentinnen und Konsumenten nutzen, es muss einfach sein und es muss natürlich auch so gestaltet sein, dass es jederzeit die richtige Information liefert", sagte der Wirtschaftsminister im Juli im APA-Interview. Angesichts der Anzahl an privaten Lebensmittelpreisrechnern sieht Kocher nun keinen Bedarf mehr für ein "amtliches Angebot". Diese wolle man unterstützen.
Mit dem Vorhaben folgt Kocher den Empfehlungen der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Die Wettbewerbshüter kamen nach einer Befragung der Betreiber von heissepreise.io, preismonitor.at, preisrunter.at, supermarkt.at und Teuerungsportal.at zu dem Schluss, die Plattformen könnten die Transparenz im Lebensmitteleinzelhandel für Konsumenten verbessern. "Preisvergleichsplattformen bieten den Konsumenten und Konsumentinnen ein Instrument, um Preise besser und rascher vergleichen zu können", sagte BWB-Interimschefin Natalie Harsdorf-Borsch bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit Kocher in Wien. Ein Praxisbeispiel aus Israel zeige, dass durch solche Portale nachweislich die Preise um durchschnittlich 4 bis 5 Prozent gesunken seien.
Die Verbesserung der Preistransparenz sollte nach Ansicht der BWB allerdings nur kundenseitig wirken, eine einfachere Koordinierung bzw. Anpassung der Preise der Lebensmitteleinzelhändler müssten vermieden werden. Auch dürften sich Preisvergleichsplattformen nicht nur auf wenige Produkte beschränken, sondern idealerweise auch Warenkörbe vergleichbar machen und alle Preissegmente darstellen, nicht nur Diskont-Produkte.
Die Daten, die Lebensmitteleinzelhändler künftig einfacher zu Verfügung stellen sollen, müssten u.a. den EAN-Strichcode, Produktname, Herkunft, Marke und Preis beinhalten. Kocher sieht auch die Angaben von Qualität essenziell, damit Produkte hoher Qualität keine Nachteile haben.
Der Handelsverband reagierte zurückhaltend auf den Vorstoß. "Für uns ist wichtig, dass bei einer rechtlichen Verpflichtung mit Augenmaß vorgegangen wird und nur Daten, die bereits in einem einheitlichen Format vorliegen, zugänglich gemacht werden müssen. Eine technische Lösung muss einfach sein und darf die Händler nicht überbordend belasten", zeigte sich Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer Aussendung abwartend. Die österreichischen Lebensmitteleinzelhändler hatten gegenüber dem BWB unsachliche Vergleiche bei einzelnen Preisvergleichsformen moniert.
Auch Christian Prauchner, Obmann des Lebensmittelhandels in der WKÖ, äußerte sich am Abend in einer Aussendung sehr skeptisch. Die Bedenken des Lebensmittelhandels seien "vielfältig". Unter anderem, weil Lebensmittel von Regionalität und Qualität her kaum vergleichbar seien. "Eine rein auf den Preis fokussierte Preisvergleichs-App könnte zu einer Preisspirale nach unten führen und die Qualität sowie die heimische Produktion beeinträchtigen". Angesichts vieler Flugblätter herrsche ohnehin Transparenz, glaubt der Branchenvertreter, es würden zusätzliche Kosten entstehen ohne Zusatznutzen. Die viel gelobte App in Israel werde nur von wenigen genutzt und die Preissenkungen könnten "nicht eindeutig auf die App zurückgeführt werden".
Die Arbeiterkammer Wien begrüßte die Vorschläge Kochers und des BWB. Um seriös ihre Dienste anbieten zu können, müssten private Preisvergleichsplattformen allerdings hohen Ansprüchen gerecht werden, heißt es in einer Aussendung. Die Portale sollten vollkommen unabhängig vom Lebensmittelhandel sein und einer Zertifizierung durch das Wirtschaftsministerium unterliegen. Auch dürfe der Lebensmittelhandel Preise höchstens einmal täglich erhöhen und muss die Verfügbarkeit der Produkte garantieren. Grundsätzlich vermisst die AK jedoch ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung der Teuerung.
Der tägliche Einkauf im Supermarkt hat sich stark verteuert. Die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke stiegen im Juli im Jahresvergleich im Schnitt um 10,5 Prozent und damit deutlich höher als die Gesamtinflation von 7,0 Prozent.
Aufgrund der Preisentwicklung in der Lebensmittelbranche startete die BWB vergangenen Herbst eine großangelegte Untersuchung. Ende Oktober will die Behörde die Ergebnisse veröffentlichen. Die Wettbewerbshüter untersuchen, ob in bestimmten Produktbereichen Wettbewerbsprobleme vorhanden sind, die zu höheren Preisen führen, und wohin die Preissteigerungen geflossen sind.