WIEN. Die heimischen Pensionskassen wollen die Zahl der Betriebspensionsberechtigten binnen fünf Jahren auf zwei Mio. Menschen verdoppeln. Erforderlich dafür sei eine rasche Umsetzung des im türkis-grünen Regierungsprogramm von Anfang 2020 verankerten General-Pensionskassenvertrags, so Fachverbandsobmann Andreas Zakostelsky am Dienstag. Damit solle auch die steuerfreie Übertragung von Guthaben aus Abfertigungskassen ermöglicht werden.
In Gesprächen mit der Politik stoße man auf Verständnis, man spüre aber auch eine „große Schüchternheit”, sagte Zakostelsky, der noch für heuer auf eine Umsetzung hofft: „Zeitlich sollte man das nicht zu stark schieben.” Verzögert worden sei die Umsetzung durch Corona. Der Fiskalrat habe schon voriges Jahr Empfehlungen für eine Reform der Altersvorsorgesysteme abgegeben und diese heuer erneuert.
Steuerliche Absetzbarkeit
Es sollten rasch betriebliche Zusatzpensionen für alle ermöglicht werden – mit einer steuerlichen Absetzbarkeit auch der Arbeitnehmerbeiträge und einem dementsprechenden Prämienmodell für Geringverdiener. Schon bisher habe die demografische Entwicklung zu steigenden Kosten für das staatliche Pensionssystem geführt. „Die demografische Entwicklung steht vor einem Kipppunkt: Die Babyboomer gehen demnächst in Pension”, dann werde sich das Verhältnis Aktive zu Pensionisten nochmals zulasten der Aktiven verändern, so Zakostelsky.
Erst vor Kurzem wurde bei den Anspruchsberechtigten die Millionengrenze übersprungen: Ende Juni waren es 1,003.352 Menschen, ein Viertel der Beschäftigten. Von den 994.725 Anwartschafts- und Leistungsberechtigten Ende 2020 bezogen 119.024 bereits eine Leistung. Als Betriebspension wurden 2020 im Schnitt 446 € pro Monat ausbezahlt, 14 mal. In Summe betrugen diese Pensionsleistungen 748 Mio. €. Veranlagt sind bei den heimischen Pensionskassen aktuell gut 26 Mrd. €. Weil die Aktienmärkte heuer boomten, vor allem jene in Wien, erzielten die Kassen im ersten Halbjahr einen Veranlagungsertrag von 4,78%. Im ersten Quartal betrug die Performance 1,85%, und selbst im Coronajahr 2020 waren es
+ 2,55% gewesen. In den vergangenen zehn Jahren erzielten die Pensionskassen jedes Jahr im Schnitt nach Kosten eine Wertsteigerung von 4,0%, abzüglich der Inflation seien es real + 2,3% pro Jahr gewesen.
Die Pensionskassen seien langfristige und nachhaltige Investoren und würden in Österreich vier bis fünf Mrd. € jährlich an Wertschöpfung bewirken. Die Kassen würden die Rolle eines wesentlichen Anker-Investors auch für österreichische Unternehmen und den österreichischen Staat übernehmen, sagte Fachverbands-Geschäftsführer Stefan Pichler. Der Anteil der Aktieninvestments der Kassen liege stets zwischen 25 und 35% und bei Anleihen zwischen 55 und 65% des Gesamtvermögens.
Plus bei Nachhaltigen
Ein Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge würde das Angebot auf den Kapitalmärkten für Unternehmensfinanzierung ausweiten und zu höheren Investitionsvolumina führen. Binnen 30 Jahren hätten die Pensionskassen 13,6 Mrd. € Wertzuwachs für die Arbeitnehmer erwirtschaftet. 23 Mrd. € seien in dem Zeitraum von den Dienstgebern einbezahlt worden, 11,4 Mrd. € mittlerweile an Auszahlungen getätigt worden. 11,6 Mrd. € verbleibendes Kapital plus 13,6 Mrd. € Wertzuwachs ergäben die 25,2 Mrd. € Gesamtkapital im Vorjahr.
Ende 2020 seien bei den heimischen Pensionskassen 81,7% der 25,2 Mrd. € nachhaltig veranlagt gewesen, gemäß den Standards der Principles for Responsible Investment der Vereinten Nationen (UNPRI); 2019 seien es erst 66% gewesen. (APA/red)