••• Von Alexander Haide
WIEN. Mit dem VRVis verfügt Wien über eine international anerkannte Forschungseinrichtung im Bereich des Visual Computing. Mehr als 70 Mitarbeiter tüfteln im Ares Tower in der Donau City an den Technologien von morgen, die weit über die herkömmliche Virtual und Augmented Reality hinausgehen. So werden in enger Kooperation mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie maßgeschneiderte Technologie-Lösungen, wie etwa aus den Bereichen Visual Data Analytics, Künstliche Intelligenz, XR, Bildverarbeitung, Simulation und digitale Zwillinge, entwickelt.
Daten werden sichtbar
„Der Bereich des Visual Computing ist ein breites Feld”, erklärt Gerd Hesina, Geschäftsführer des COMET (Competence Centers for Excellent Technologies)-Kompetenzzentrums VRVis, „in das viele unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen, vorwiegend aus der Informatik, hineinspielen.” Dabei geht es um den möglichst raschen Transport von visuellen Eindrücken und das Sichtbarmachen von Daten. „Wenn man die Augen als Breitbandanschluss versteht, mit dem wir Daten und Informationen aufnehmen, ist das die schnellste Art, Informationen ins Gehirn zu bekommen”, erklärt Hesina. „Diese Möglichkeit bieten wir den Menschen mit unseren Software-Entwicklungen.”
Vielfältige Anwendungen
Die Anwendungsgebiete von Visual Computing sind dabei vielfältig: Hochwassersituationen werden simuliert, um die Planung von Schutzmaßnahmen oder Evakuierungen vorzubereiten; virtuelle Trainings wie der richtige Umgang mit Feuerlöschern, bei denen der Einsatzort durch die VR-Brille realitätsnah dargestellt wird, ohne dass gezündelt wird oder Löschmittel verschwendet werden; die Simulation einer ganzen Stadt und beispielsweise deren Verkehrsflüsse, die eine Smart City erst möglich machen.
Allerdings stellt das nur einen kleinen Teil der Forschungen des VRVis dar, das durch das COMET-Programm der FFG, Direktbeauftragungen sowie weitere Förderschienen finanziert wird. Das Visual Computing-Kompetenzzentrum könnte allerdings noch viel mehr leisten, doch es fehlen Fachkräfte. „Ich könnte morgen fünf neue Mitarbeiter mit gut dotierten Verträgen einstellen, denn die Nachfrage nach unseren Lösungen ist stark gestiegen”, unterstreicht Hesina.
Obwohl sich das VRVis häufig bei Studierenden direkt an den Unis vorstellt und bei Master- und Bachelorarbeiten unterstützt, gedeiht das IT-Pflänzchen in Österreich nur mäßig. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Da hierzulande sowohl erfolgreiche Leuchtturmprojekte, als auch digitale Lichtgestalten – im Gegensatz zu den USA – fehlen bzw. nicht in der Öffentlichkeit bekannt sind, gelten IT-Jobs als unsexy. „Dieser Ruf ist aber völlig unbegründet und ungerechtfertigt. Das Nerd-Image von früher hängt uns hier noch nach.” Eine Imagekampagne täte der gesamten Branche gut, ist der VRVis-Chef überzeugt, „damit könnte man bereits in der Unterstufe der Gymnasien ansetzen.”
Praxisnahe Lehrpläne
„Man müsste die IT attraktiver positionieren, denn IT-Fachkräfte sind nicht mehr die Freaks von gestern, die allein im Kämmerlein werken”, skizziert Hesina einen Lösungsansatz für die IT-Klemme; zudem müsse man bereits in den Schulen damit beginnen, das Interesse an Mathematik, die die Grundlage für jeden IT-Job ist, zu schüren und praxisnäher zu vermitteln. „Man könnte konkrete Zusammenhänge aufzeigen und Praxisbeispiele bringen”, so Hesina, der in Österreich einigen Aufholbedarf bei den Lehrplänen sieht: „Die Attraktivität ist nicht gegeben, weil niemand erklärt, wofür die Grundlagen aus dem Mathematikunterricht für Anwendungen, etwa wie bei 3D-Druckern, relevant sind.”
Games animieren
Die Motivation, weshalb Studenten im Feld des Visual Computing landen, kommt aus einer gänzlich anderen Ecke: „Viele werden durch Animationsfilme und Computerspiele motiviert, ein IT-Studium zu beginnen. Viele erkennen später, im Arbeitsprozess, dass Forschung sehr kreativ ist. Das müsste man zukünftigen IT-Studenten im Vorfeld besser vermitteln.”