Wien. Im Schnitt wechselt jeder Österreicher während seines Lebens 3,4-mal das Berufsfeld. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Auftrag des BFI Wien von FAS Research durchgeführte Studie, bei der über 3.800 Absolventen des BFI Wien befragt wurden. Dabei zeigt sich ein klarer Trend: „Wir erleben eine Zunahme an Diskontinuitäten im Karriereleben”, meint Harald Katzmair, Geschäftsführer von FAS Research. Denn: Ein 38-jähriger Angestellter hat heute bereits genauso viele Jobwechsel hinter sich wie der durchschnittliche österreichische Pensionist.
„Verheizen” und „erstarren”
Schwierig wird die Situation nach Meinung des Sozialforschers besonders dann, wenn viele Berufs- und Arbeitgeberwechsel in einem kurzen Zeitraum stattfinden. „Die durchschnittliche Verweildauer im Beruf nimmt mit jeder zusätzlichen Station ab. Die Menschen verheizen sich förmlich selbst im Versuch, ihr Berufsleben in geordnete Bahnen zu lenken”, erklärt Katzmair. Besonders für Hilfsarbeiter ohne eine formale Berufsausbildung, aber auch für bestimmte Berufsgruppen wie z.B. Kellner, Maurer oder Reinigungskräfte sei die Gefahr des „Sich-Verheizens” besonders groß.Aber auch ein zu langer Verbleib im selben Berufsfeld kann zum Problem werden. „Stellen Sie sich vor, Sie haben nach Ihrer Bankkaufmannlehre 30 Jahre am Schalter die Kunden betreut. Dann kommt die Bankenkrise, die Institute setzen auf Onlinebanking und Sie vor die Tür. In dem Alter neu anfangen – nicht unbedingt jedermanns Traumvorstellung”, veranschaulicht Franz-Josef Lackinger, Geschäftsführer des BFI Wien, die Situation.
Weiterbildung als Navigator
In beiden Fällen hat laut Katzmair Weiterbildung eine positive Auswirkung auf den Berufsverlauf: „Ein Zuviel an Flexibilität führt dazu, dass die Leute verheizt werden, zu viel Stabilität lässt die Leute erstarren. Den ‚Idealzustand des Equilibriums' erreicht man jedenfalls leichter durch berufsbezogene Aus- und Weiterbildung.” Zudem verkürzt berufliche Weiterbildung den Zeitraum der Arbeitslosigkeit, erhöht die Loyalität zum Arbeitgeber und die Zufriedenheit im Beruf. „Entgegen den Gerüchten, dass Weiterbildung zum Berufswechsel führt, verringert sich in den meisten Fällen der Wechselwunsch”, streicht Lackinger hervor und fasst zusammen: „Auf dem Weg durch den Dschungel der Berufslandkarte ist Weiterbildung der Navigator.”
Anreizsysteme gefordert
Trotz der positiven Effekte von Bildung auf die Karrierelaufbahn geht etwa die Hälfte der Berufstätigen keinen beruflichen Weiterbildungsaktivitäten nach – ein hohes Risiko für die Betroffenen, findet Lackinger. Er fordert daher, Anreizsysteme zur Weiterbildung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam mit Unterstützung der öffentlichen Hand zu schaffen, denn das würde sich am Ende für alle rechnen. Laut Daten der Arbeiterkammer bringt eine Verdopplung der durchschnittlich investierten Kurskosten pro Person und Jahr von 145 auf 290 € einen durchschnittlichen jährlichen Produktivitätszuwachs von 1.900 € pro Beschäftigtem für das Unternehmen. Das heißt: Jeder Euro, den Unternehmen in Weiterbildung investieren, bringt 13 € zusätzlichen Ertrag.„Anstatt über die Matura zu diskutieren, die ohnehin immer weniger wert wird, sollte ein Bewusstsein für berufliche Weiterbildung geschaffen und gefördert werden; Weiterbildung sollte immer ein Teil des Berufslebens sein”, fordert der BFI-GF.www.bfi-wien.at