Wissenschaftspionier mit ­medialen Verquickungen
CAREER NETWORK 03.04.2015

Wissenschaftspionier mit ­medialen Verquickungen

Wolfgang Renner ist Bereichsleiter bei der Wiener Zeitung – und Doktor honoris causadank seiner unermüdlichen Aktivitäten im Dienste der „Neugierigkeitsforschung”.

Wien. Ein Gespräch mit Wolfgang Renner umfasst eine Mischung aus Zeit- und eigener Geschichte.

Da geht es um den Vietnamkrieg oder Creedence Clearwater Revival ebenso wie um die Heisenbergsche Unschärferelation – und gleichzeitig um top-aktuelle Vorschläge, wie der Wirtschaftsstandort Österreich im aufstrebenden Vietnam zu „verkaufen” wäre, oder um modernes Marketing für eine Tageszeitung.

Ein neues „Austria Today”

Doch der Reihe nach. „Ich bin in Zwettl zur Schule gegangen, dann in Krems aufs Gymnasium und danach, wie viele andere Waldviertler, zur vertieften Ausbildung nach Wien”, erinnert sich Renner. „Von den Eltern habe ich das Thema Lebenslanges Lernen mit auf den Weg bekommen.” Nach seinergrafischen Ausbildung an der Wie-ner Kunstschule und Absolvierungdes Universitätslehrgangs für Wer-bung und Verkauf an der Wiener WU sowie einem weiteren Abschluss mit dem Master Degree in Executive Management war einer von Renners Karriereschritten die Gestaltung des internationalen Magazins Austria Today, mit dem Ziel, Öffentlichkeitsarbeit im Interesse des Ansehens Österreichs im Ausland und die Kommunikation in den Bereichen Wirtschaft und Kultur zu fördern.„Meine Aufgabe bestand darin, Austria Today neu aufzustellen – in Deutsch, Englisch und Französisch. Mein Chef Harald Egger hat mich sehr gefördert und zu sämtlichen relevanten Veranstaltungen geschickt.” Im Zuge dessen wurde Renner von der Geschäftsführung des Forschungszentrums Seibersdorf gewissermaßen „abgeworben”. Seibersdorf-GF Detter und Marketingchef Hildebrand meinten: „Wir machen jetzt Forschung und Technologie aus Österreich in Alp-bach zum Thema.” Und so geschah es – und Renner war für das technische Rahmenprogramm sowie für die Kommunikation verantwortlich. „Seither habe ich das große Glück, viele innovative Projekte während des Forums realisieren zu dürfen – und ich bin seit mittlerweile 30 Jahren am ‚anderen Zauberberg', wie der Gründer des Forums, Otto Molden, Alpbach nannte, mit dabei.”In Seibersdorf wurden dann zahlreiche weitere Themen wie etwa das Projekt „Forschung zum Angreifen” entwickelt. „Meine große Aufgabe lautete, public understanding of science unter die Leute zu bringen und diesem Thema zu medialer Aufmerksamkeit zu verhelfen.” Doch die Pionierarbeit gestaltete sich nicht ganz unmühselig … und dauert wohl immer noch an.„2002 haben wir das Projekt Brain-Drain gestartet. Die EU hat damals festgestellt, dass rund 80.000 hochqualifizierte junge Men-schen nach dem Studium Europaverlassen, um nach Amerika gehen.Die Amerikaner nutzen massiv Talent-scouting … Unsere neu gegründeten ‚Austrian Science Talks in North America' wurden ab 2003, gemeinsam mit dem bmvit und derÖsterr. Botschaft in Washington, anden großen Unis und Forschungseinrichtungen abgehalten – und wir haben doch so manchen Emigranten zurückgeholt ...”Es ist allerdings noch ein hartes Stück Arbeit, um zum „InnovationLeader” zu werden, schaut man aufden EU-Forschungs-Indikator oderden „NY Times Reputation Index”.Zurück zu Renners persönlicher Historie. „Ende 2006 bin ich aus Seibersdorf ausgeschieden und dann zur Wiener Zeitung gekommen, um die Bereiche Kommunikation, Kooperationen und Veranstaltungen neu aufzustellen und auszubauen. Das Ziel dabei war und ist, das Image der Wiener Zeitung als attraktiven Partner für die Wirtschaft zu fördern und andererseits unserer Leserschaft interessante Angebote – als Zusatznutzen zur Tageszeitung – zu offerieren. Wir haben dafür unter anderem eine hochkarätige Veranstaltungsreihe – die ‚Alpbach-Talks' – als Co-Veranstalter mit dem Europäischen Forum Alpbach – etabliert.”

Die Richtung ist der Plan

Renners Bilanz umfasst inzwischen unzählige Veranstaltungen und Events – mit Partnern wie der Wiener Universität für Angewandte Kunst, der Albertina oder dem Kulturforum in New York ebenso wie mit innovativen Street-Art-Festivals. „Vor zwei Jahren haben wir mit den Kulturhauptstädten Europas etwas sehr Schönes entwickelt – mit Beilagen, Abos und Gewinnspielen”, nennt Renner ein weiteres Beispiel zur Positionierung des Medienhauses.

Der Weg nach Vietnam

Und dann kam der Ruf aus dem Fernen Osten. Renner: „2009 reiste eine große Wirtschafts- und Wissenschaftsdelegation aus Vietnam durch Europa, um potenzielle Kooperationspartner aus diesen zukunftsträchtigen Bereichen zu finden. Man war sehr beeindruckt von der Wiener Zeitung – am meisten vom Faktum, dass sie 1703 gegründet worden ist und immer noch erscheint ... Drei Monate später kam eine Einladung nach Hanoi, meinen Vortrag ebendort zu wiederholen.” Teil 1: Zeitung machen seit 1703, Teil 2: Wissenschaftskommunikation – denn das war ein Thema, das die Vietnamesen noch nicht entdeckt hatten. Es sind dann auch Wirtschaftsdelegationen aus Vietnam nach Österreich gekommen, und es entwickelte sich eine Art „Leidenschaft”. „Als Ausländer wurde ich zum ersten Honorar-Doktorat in der Geschichte der Ho-Chí-Minh-Universität vorgeschlagen”, erzählt Renner leuchtenden Auges. „Ich habe mich sehr gefreut, dort als erster Westeuropäer unterrichten zu dürfen.”Ein wichtiges Zusatzziel dabei war es, den Wirtschaftsstandort Österreich in Vietnam „auf den Weg zu bringen”. „Daran arbeite ich nach wie vor …”, deutet Renner Kritik an den bürokratischen Gepflogenheiten hierzulande nur nobel an …

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