ROHRENDORF. Eigentlich betreibt Gerald Ebner Tankstellen. Er lebt in der 2.000-Seelen-Gemeinde in der Nähe von Krems und wunderte sich vor mehr als sechs Jahren. „Es gab hier schon einen Nah&Frisch, aber die Besitzer haben recht oft gewechselt”, erzählt er, „dann habe ich die Ausschreibung gelesen. Ich habe das gemeinsam mit meiner damaligen Geschäftspartnerin besprochen und als Tankstellenbetreiber hatten wir Einzelhandelserfahrung.”
Zwei Dinge waren entscheidend, den Schritt zu wagen: Einerseits die Neugier, warum sich die Leute mit einem kleinen Einzelhandelsgeschäft so schwer tun. Und andererseits die Verbundenheit mit der Heimatgemeinde: „Ein Nahversorger in einem so kleinen Dorf ist absolut wichtig und gehört zur Infrastruktur. Die Menschen vergessen das oft, jeder weiß, dass es gut ist, dass es uns gibt.” Nah&Frisch Ebner Rohrendorf funktioniert. Doch so einfach, wie er sich das vorgestellt hat, war es nicht.
Umzingelt
Da wäre zunächst einmal der Umstand, dass sein Geschäft keine fünf Autominuten vom Bühl Center entfernt liegt, einem großen Einkaufskomplex direkt in Krems. Dort finden Shopper eigentlich alles. Ebner selbst hat 300 Quadratmeter Verkaufsfläche – illusorisch, mit der großen Konkurrenz mithalten zu können. Dennoch konnte der Umsatz hochgebracht werden, auch wenn der Gewinn zu Beginn noch hinterherhinkte. Dass die Menschen woanders einkaufen, das versteht er. „Sie wollen große Auswahl und günstige Produkte”, meint er. Dann kam aber die Coronapandemie. „Das Standing und die Wertschätzung des Nahversorgers hat sich schlagartig geändert. Viele sind wohl zu Hause gewesen und haben nicht wie zuvor am Heimweg eingekauft.”
Die Gemeinde rückte näher zusammen, Ebner richtete in Kooperation mit der Gemeinde ein Lieferservice ein: „Das hat den Gedanken an den Nahversorger geschärft.” Die Gemeinde Rohrendorf unterstützt also, damit es eine wirtschaftliche Berechtigung für den Nah&Frisch gibt. Er wolle aber auch die Bevölkerung „wachrütteln. Die Menschen vergessen das oft, jeder weiß, dass es gut ist, dass es uns gibt. Würde man schließen, gäbe es einen großen Aufschrei.”
Verantwortung
Ein wichtiger Mosaikstein ist dafür das Zwischenmenschliche. Im Rückblick auf die vielen Jahre meint er, dass er diesen Punkt eventuell etwas unterschätzt hat. Es klappt, auch, weil er so tolle Mitarbeiter hat.
„Wer Mitarbeiter hat, trägt Verantwortung für sie”, weiß Ebner. „Ich habe acht Menschen aus der Region, die für mich tätig sind.” Vier hat er übernommen, andere kamen zurück. Der Kaufmann will Sicherheit ausstrahlen, gerade in unsicheren Zeiten ist das wichtig. Und gerade seine Mitarbeiter können auch das Zwischenmenschliche: „Ich investiere gerne in treue, ältere Mitarbeiter. Warum sollte ich niemanden über 50 nehmen? Je jünger, desto billiger, das sehe ich absolut nicht so. Ältere haben sehr viel Erfahrung mit Menschen, die können auch verkaufen.”
Man sieht also: Der Nah&Frisch in Rohrendorf bei Krems ist auf vielen Ebenen eine Herzensangelegenheit. Am Ende des Gesprächs sagt Gerald Ebner dann noch etwas, was ihm am Einzelhandel gefällt: „Es macht Spaß.”