Quo vadis, Österreich?
DOSSIERS Redaktion 27.10.2023

Quo vadis, Österreich?

Bruttoinlandsprodukt, als auch die Kaufkraft pro Kopf sind auf Allzeithoch, ­insgesamt geht es seit Corona in vielen Dimensionen klar bergauf: Alles gut also?

Um die aktuelle Marktlage in Österreich korrekt zu erfassen, muss man jedoch ein komplexeres Bild zeichnen. So wird das Bevölkerungswachstum hauptsächlich durch Zuwanderung ermöglicht, die Geburtenrate in Österreich ist weiter auf mittlerweile 1,41 geborene Kinder je Frau gesunken – ein historischer Tiefstwert –, und der Anteil der Über-65-Jährigen (19,6%) ist in diesem Jahr erstmals über den der Unter-19-Jährigen gestiegen (19,3%). Ein Österreich, in welchem sich die demografische Verteilung in Richtung Spitze verschiebt, braucht die Zuwanderung, um zu wachsen und um Wohlstand und Lebensqualität zu bewahren.

Hohe Inflation

Weiters stehen aktuell zwei Themen im Fokus, welche eine Bedrohung für die österreichische Marktlage darstellen: Auf der einen Seite eine Inflation, welche einen Spitzenplatz im europäischen Vergleich aufweisen kann und auch 2023 mit fast 9% im Durchschnitt im Vorjahresvergleich alarmiert, und auf der anderen Seite eine Defizitquote (Haushaltssaldo in Relation zum BIP) von mehr 5,5% im Schnitt der letzten drei Jahre. Österreich versucht, mit Staatsausgaben, Förderungen und Einmalzahlungen oder -entlastungen dem Dauerkrisenzustand seit Corona Herr zu werden – ein Ende beider Entwicklungen ist aktuell nicht vorherzusehen.

Druck nimmt zu

In der Praxis gesellen sich – aus wirtschaftlicher Sicht und auch bedingt durch unveränderliche externe Faktoren – Preis­steigerungen im Energiebereich und steigender Insolvenzdruck für Unternehmen zur Inflations- und Haushalts-­Thematik dazu. Zwar stiegen die Umsätze des Einzelhandels in 2022 nominell an, doch waren die realen Ergebnisse negativ.

In der Folge mussten alleine im ersten Halbjahr 2023 mehr als 2.400 Unternehmen, damit rund 10% mehr als im Vorjahr, in Österreich Insolvenzanträge stellen – und betreffen damit mehr als 10.000 Arbeitsplätze direkt. Und hier droht Österreich in eine Art Abwärtsspirale zu geraten: Mehr als die Hälfte aller Österreicherinnen und Österreicher geben zum Jahreswechsel an, sich weniger als in der Vergangenheit leisten zu können, und es soll vor allem in den Bereichen Gastronomie, Kleidung und Reisen gespart werden.

Alternativen erwünscht

Österreich steht somit vor der Herausforderung einer alternden Gesellschaft, welche von mehreren Krisensituationen konfrontiert ist, politisch und wirtschaftlich Stabilität zu geben und tragfähige Zukunftskonzepte zu entwickeln. Und tatsächlich zeigen sich hier durchaus positive Entwicklungen. So hält der Trend zur Nachhaltigkeit und Regionalität ungebrochen an. Über drei Viertel (78%) sind bereit, mehr für ein Produkt auszugeben, das regional produziert oder aus recycelten Materialien hergestellt wurde.

Im Bereich der Mobilität ist mit dem Klimaticket ein Meilenstein gelungen, welchen mehr als 200.000 verkaufte Tickets unterstreichen. Die Angebote für Car-Sharing oder -alternativen werden im städtischen Raum konsequent ausgebaut.

Digitalisierung im Fokus

Flächendeckende Entwicklungen waren in den vergangenen zwei Jahren auch im Bereich der Digitalisierung zu sehen. Während das Land beim Digitalisierungsgrad weiter hinter europäischen Vergleichsgrößen wie Norwegen, Dänemark oder den Niederlanden liegt, ist eine leichte Dynamik im Bereich der Digitalisierung erkennbar. So erreichten die Ausgaben der Österreicher im Online-Shopping erstmals mehr als 10 Mrd. €. Davon wurden knapp 24% durch Shopping am Mobiltelefon erwirtschaftet – eine Verdopplung zu 2020. Mittlerweile gibt rund die Hälfte aller Befragten an, schon einmal mit dem Handy etwas gekauft zu haben, vor Corona waren es nur 26%.

Zusammenfassend gilt festzuhalten, dass die Marktlage in Österreich grundsätzlich starke Entwicklungen aufweist und auf einem soliden Fundament fußt. Die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen müssen jedoch genau beobachtet und es muss entsprechend darauf reagiert werden – sowohl von politischer als auch unternehmerischer Seite. Die Anforderungen an Unternehmen in Österreich sind mit diesen Rahmenbedingungen gestiegen und müssen sowohl für die Marktseite, als auch für eigene Mitarbeiter stets im Blick behalten werden.

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