••• Von Peter Hartl
Die Situation ist dramatisch: Im Durchschnitt konsumiert jeder Mensch Ressourcen, für deren Gewinnung 1,8 Erden nötig wären – doch es gibt nur eine Erde. Auch das erfolgreiche Plastik-Recycling ist derzeit noch ein Mythos, denn noch immer landen 70% des Plastikmülls auf Deponien oder werden thermisch verwertet (verbrannt). Die Reaktion der Natur auf den Raubbau ist unübersehbar: 90% des Verlusts an Biodiversität gehen auf das Konto der Gewinnung von Rohstoffen. Die Lösung eines Großteils des Problems wäre eine weltweit funktionierende Kreislaufwirtschaft – bisher macht sie aber nur neun Prozent der Weltwirtschaft aus.
Die Nachfrage steigt
Es sind vor allem die Endkonsumenten, Händler und die Markenhersteller (Brands) selbst, die nachhaltige Produkte verstärkt nachfragen. Deshalb muss eine funktionierende Kreislaufwirtschaft beim Hersteller von Rohmaterialien mit dem großflächigen Recycling beginnen. Dazu gehört etwa, wie bei dem ReOil-Prozess der OMV, das chemische Recycling von Kunststoffabfällen zur Herstellung hochwertiger, nachhaltiger Kunststoffe. Die Einführung und das Scaling neuer, komplexer Technologien dauert aber oft 25 bis 30 Jahre. 2030 wird daher nur erst ein Bruchteil des Plastiks mit chemisch recycelten Rohstoffen hergestellt werden können.
Von einem Aktionsplan für eine Kreislaufwirtschaft der EU sind voraussichtlich sechs besonders rohstoffintensive Sektoren betroffen. Bei Elektronikprodukten soll das „Recht auf Reparatur” implementiert werden, auch die Vereinheitlichung von Ladekabeln, eine höhere Energieeffizienz, Haltbarkeit und Recyclingfähigkeit sind Teil des Aktionsplans. Die Sammlung von Altbatterien und die schrittweise Reduktion von nicht wieder aufladbaren Batterien, eine Reduktion von Verpackungsmaterialien, die aus weniger komplexen Grundstoffen hergestellt werden, die getrennte Sammlung von Alttextilien und die Verminderung der Bodenversiegelung sind, gemeinsam mit einer Verringerung der Verschwendung von Lebensmitteln und der Wiederaufbereitung von Wasser, einige der Schwerpunkte.
Grüne Business-Modelle
Neben der Dekarbonisierung ist die Schaffung einer Wertschöpfung innerhalb der Kreislaufwirtschaft einer der wichtigsten Faktoren bei grünen Geschäftsmodellen und -Strategien. Sie ist ein Schlüssel zur Nachhaltigkeit und zur Reduktion des CO2-Abdrucks und damit einer ihrer essenziellen Treiber. Am Beginn der Transformation zur Kreislaufwirtschaft steht stets das Produktdesign, bei dem bereits die Wiederverwertung im Fokus steht. Im Produktionsprozess selbst kommen recycelte und wiederverwendbare Materialien zum Einsatz.
Eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft wird in allen Bereichen der Wertschöpfung immer bedeutender. Dadurch entstehen sichere Lieferketten, neue Geschäftsmodelle für Produkte und Services und ein Gewinn an Markenreputation und der besseren Positionierung von Marken (Brands). Am Ende lukrieren Unternehmen wesentliche Vorteile: Die Abhängigkeit von Rohmaterialien sinkt, der CO2-Fußabdruck wird merkbar reduziert, und die Volatilität verringert sich durch einen Ecosystem-Ansatz.