•• Von Reinhard Krémer
Dass Umweltbewusstsein und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand gehen können beweist Auris Immo Solutions seit langem. Das Portfolio umfasst Stand Oktober 2025 52 Immobilien – 34 davon klimaaktiv-zertifiziert, weitere sind im Zertifizierungsprozess – mit einem Investitionsvolumen von etwa 1,1 Mrd. €, darunter leistbare Wohnprojekte, Pflegeeinrichtungen und betreutes Wohnen. Die Fonds des Unternehmen tragen das Österreichische Umweltzeichen UZ 49, das die nachhaltige Ausrichtung der gesamten Investmentstrategie bestätigt. Wie das Unternehmen im Spannungsfeld Ökologie/Ökonomie manövriert, verrät Christian Schön, geschäftsführender Gesellschafter Auris Immo Solutions.
medianet: Oft sind die ökologischen Gesamtkosten in der Kalkulation von Gebäuden nicht eingepreist. Wie geht das?
Christian Schön: In der klassischen Kalkulation von Immobilienprojekten werden Errichtungs- und Baukosten berücksichtigt, nicht aber ökologische und betriebliche Folgekosten über die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes.
Die Lösung liegt in der Lebenszykluskostenrechnung (LCC) nach ÖNORM B 1801-4, ergänzt um ökologische Kennzahlen wie den Oekoindex OI3, der die Umweltwirkungen von Materialien und Konstruktionen (CO2-Bilanz, Primärenergie,
Versauerung, etc.) sichtbar macht.
Auris Immo Solutions bewertet neue Objekte nicht nur nach Anschaffungskosten – auch Energie-, Wartungs- und Entsorgungskosten werden mitkalkuliert. Beim Kauf von Bestandsobjekten werden zusätzlich zukünftige Kosten für technische Maßnahmen zur Erreichung einer klimaaaktiv-Zertifizierung berücksichtigt. Hier ist eine umfassende thermische Sanierung mit Fokus auf die Verbesserung des Energieausweises entscheidend. Diese technischen Maßnahmen umfassen z.B. die Dämmung der Gebäudehülle (Dach, Fassade, Kellerdecke) und den Austausch von Fenstern, Türen oder der bestehenden Heizungsanlage. Realistische Gesamtkostenmodelle verknüpfen die ökologische und ökonomische Dimensionen.
medianet: Welche Auswirkungen hätte das?
Schön: Weitreichende. Projekte mit höheren Baukosten, aber niedrigerem Energie- und Wartungsbedarf, würden bei Wirtschaftlichkeitsvergleichen besser abschneiden. Sanierungen und nachhaltige Neubauten bekämen den Vorrang vor kurzfristig günstigen, aber langfristig teuren Projekten. Für Auris zeigt sich dieser Effekt bereits heute: Gebäude mit klimaaktiv-Standard weisen geringere Betriebskosten, stabilere Mieterträge und niedrigere Leerstandsquoten auf. Nachhaltigkeit wird damit zu einem echten Renditefaktor und nicht zu einem Kostenfaktor.
medianet: Öffentliche Auftraggeber gehen da leider kaum mit gutem Beispiel voran. Gibt es Frontrunner?
Schön: Ja, aber sie sind noch zu selten. Bundesländer wie Vorarlberg, Niederösterreich oder Tirol gelten als Vorreiter, da sie bei Schulen, Kindergärten und Gemeindegebäuden schon seit Jahren Passivhaus- und klimaaktiv-Standards umsetzen.
medianet: In welchen Zeiträumen kalkulieren derzeit Unternehmen und die öffentliche Hand?
Schön: Aktuell kalkulieren Immobilienunternehmen oft in Zeiträumen von zehn Jahren, meist aus Bewertungs- und Finanzierungslogik heraus (DCF-Modell). Die öffentliche Hand denkt in siebenjährigen Budgetrahmen. Das ist zu kurzfristig, weil Gebäude eine Lebensdauer von 30 bis 50 Jahren haben.
Auris berücksichtigt die vollständige Lebenszyklus-Perspektive von der Planung über den Betrieb bis zur späteren Sanierung. Ziel ist, den Wert eines Objekts nicht nur am Marktpreis, sondern an seiner ökologischen Performance über Jahrzehnte zu messen. Idealerweise sollte das auch in öffentlichen Ausschreibungen Standard werden: Lebenszyklus-Kostenrechnung mit einem Betrachtungszeitraum von mindestens 30 Jahren statt der heute üblichen zehn.
medianet: Insider wissen, dass es in Wahrheit auch mit den Energieverbrauchsdaten Probleme gibt. Wie genau treffen denn etwa Energieausweise zu?
Schön: Energieausweise bilden in Österreich den theoretischen Energiebedarf ab – jedoch nicht den Verbrauch. In der Praxis liegen die realen Werte oft deutlich darüber oder darunter, je nach Nutzerverhalten, Witterung (regionale Unterschiede) oder Anlageneffizienz. Die Energieausweis-Vorlagepflicht (EAVG 2012) schreibt den Ausweis zwar vor, wird aber selten überprüft.
medianet: Wie lässt sich eine wirtschaftliche Nutzenfunktion für erfolgreiches Green Financing abbilden?
Schön: Der Schlüssel liegt in einer nachvollziehbaren ESG-Nutzwertrechnung. Unternehmen sollten ihre Green-Financing-Vorteile mit Zahlen belegen: geringere Energiekosten, stabilere Cashflows, höhere Marktwerte und geringere Risiken. Auris dokumentiert für jedes Objekt die Taxonomie-Konformität, den klimaaktiv-Score, die CO2-Bilanz und die Lebenszykluskosten. Diese Werte fließen direkt in Finanzierungsentscheidungen ein. Die Kreditnehmer von nachhaltigen Objekten und Projekten haben aber bisher nicht von günstigeren Kreditkonditionen profitiert! Die Eigenkapitalanforderungen der Banken bei der Oesterreichischen Nationalbank sind für ‚green finance‘ nicht gelockert worden! Banken müssen auch für diese Finanzierungen den gleichen Prozentsatz vorhalten wie bei ‚klassischen‘ Krediten.
medianet: Werden die Green Assets bei Ratings berücksichtigt?
Schön: Banken sind seit 2024 verpflichtet, im Rahmen der EBA-Leitlinien ihre Green Asset Ratio (GAR) zu veröffentlichen, also den Anteil taxonomiekonformer Assets an ihrem Gesamtportfolio. Nachhaltige Gebäude beeinflussen direkt das Bankrating, die Risikogewichtung, aber nicht die Kreditkonditionen für ‚green buildings‘! Die Kreditnehmer haben einen erhöhten administrativen Aufwand für die ESG-Dokumentation, aber keine Nutzenfunktion durch günstigere Kreditkonditionen.
medianet: Fordern Banken noch zu selten Klimazertifizierungen ein?
Schön: Ja, aber die Tendenz ist stark steigend. Klimazertifizierungen wie klimaaktiv oder das Österreichische Umweltzeichen werden künftig zum Standard. Auris geht hier bereits seit der Gründung proaktiv vor. Die Eigenkapitalhinterlegung von Banken für Green Finance
Kredite bei der OENB unterliegt keinen speziellen, gesonderten Regeln, sondern den allgemeinen regulatorischen Anforderungen an das Eigenkapital der Banken.
medianet: Was ist der ‚Clean Industrial Deal‘ und wie funktioniert er?
Schön: Der Clean Industrial Deal ist das neue industriepolitische Rahmenwerk der EU (2024/25), das die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft mit den Klimazielen des Green Deal vereint. Konkret bedeutet das: 100 Milliarden Euro Investitionen, vereinfachte Förderungen, Netzausbau, Rohstoffsicherung und beschleunigte Genehmigungen für erneuerbare Energie- und Effizienzprojekte. Für Immobilien bedeutet es: Stärkere Anreize für CO2-neutrale Bauweisen, Kreislaufwirtschaft und lokale Energieerzeugung.
medianet: Wie werden heute Gebäude energieautark geplant? Gibt es Hürden?
Schön: Auris setzt seit Firmengründung 2017 zu 100 Prozent auf eine Primärenergieversorgung ohne fossile Energieträger.
Dank Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) und PV-Förderungen werden Eigenstromlösungen immer attraktiver. Bis
35 kWp sind Anlagen in Österreich umsatzsteuerfrei, Energiegemeinschaften erleichtern gemeinschaftliche Nutzung.
Trotzdem bestehen rechtliche Unterschiede zwischen den Bundesländern: In Wien und Salzburg ist die Genehmigung einfacher, in Tirol oder der Steiermark teils aufwendiger, besonders in Schutzzonen oder bei Denkmalschutz. Auris integriert PV-Anlagen, Wärmepumpen und Speicherlösungen, wo immer möglich. Ziel ist, mittelfristig energieautarke Gebäudecluster zu schaffen, also Immobilien, die ihren Strombedarf zu einem großen Teil selbst decken.
